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Besser sprechen: 24 Tipps für eure Festtagsdebatten

Liebe Newsletter-Gemeinschaft,

das ist der letzte Newsletter 2023 bevor wir in die Weihnachts- und Silvesterpause gehen. 🎄💫

Es war ein aufreibendes Jahr – und in Sachen Demokratie nicht gerade erhellend. Deutschland rückt merklich nach rechts. Das zeigt sich in der öffentlichen Debatte, in Regierungsentscheidungen und auch darin, dass die AfD gewinnt. In Umfragen, aber auch mit ihrem Personal bei Wahlen.

Landrat, Bürgermeister, Oberbürgermeister.

Alles Positionen, die seit kurzem von AfD-Politikern besetzt werden. Und dass es Björn Höcke in Thüringen auf das Ministerpräsidentenamt abgesehen hat, ist ja längst kein Geheimnis (Öffnet in neuem Fenster) mehr.

Als demokratische Kräfte wollen wir mit euch gemeinsam und entschlossen dagegen stehen – durch unseren Newsletter und mit dieser Ausgabe besonders.

Für diese Ausgabe haben wir 24 Tipps recherchiert, die euch helfen, heil durch die Feiertagsdiskussionen zu kommen.

Das Beste: Ihr dürft alle Türchen auf einmal öffnen😊🚪

Wir wünschen euch frohe Weihnachten oder einfach angenehme Ruhetage - und freuen uns auf eure Gesellschaft im nächsten Jahr!

Bleibt achtsam miteinander! 🫶

Maria & Johannes

1️⃣ Habt ihr die unbedenklichen Themen vom Wetter bis zum neuen Job abgehakt, kann jederzeit eine Kontroverse um die Ecke kommen. Unser erster Tipp: Geht nicht sofort auf Konfrontation. Auch wenn es euch schwerfällt, arbeitet erstmal heraus, was euch verbindet.

2️⃣ Seid in jedem Fall respektvoll miteinander! Ihr greift nicht einander als Personen an, sondern Narrative, Argumente und Positionen.Begegnet euch auf Augenhöhe.

3️⃣ Bevor es richtig losgeht: Ist das gerade der richtige Kontext? Klar, oft trifft man an Weihnachten Menschen, die man das Jahr über selten sieht. Fragt euch trotzdem: Sind die Feiertage für eine Auseinandersetzung richtig? Idee: Klammert das Thema bewusst aus und verabredet einen Diskussionstermin im neuen Jahr.

4️⃣ Wenn nicht, sind wir der Meinung, dass ihr zuerst Grenzen setzen müsst. Was ist in Ordnung, was nicht? Findet einen Common Ground: Das könnte unsere Verfassung sein, das Grundgesetz. Dazu gehören die Menschenrechte, wie beispielsweise das Recht auf Asyl oder der Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und des Glaubens, aufgrund der Abstammung, Ethnie, Sprache und aufgrund von religiösen oder politischen Anschauungen.  

5️⃣ Macht euch klar: Euer Gegenüber in einem Gespräch argumentativ zu schlagen und grundlegend zum Umdenken zu bewegen, wird kaum klappen. Oft sind Überzeugungen durch täglichen Medienkonsum und den Austausch mit Gleichgesinnten sehr tief verankert. Aber: Jede inhaltliche Auseinandersetzung kann zum Grübeln führen.

6️⃣ Begegnet euch eine Falschaussage, wiederholt sie nicht. Denn es gibt den sogenannten Scheinwahrheitseffekt. Der besagt, dass uns Aussagen glaubhafter vorkommen, je öfter wir sie hören.

7️⃣ Nehmt euer Gegenüber ernst. In vielen unserer Überzeugungen steckt Identität. Wenn jemand gegen E-Mobilität oder Klimaschutzmaßnahmen ist, liegt das vielleicht daran, dass die Person sehr lange schon Verbrenner fährt und Fleisch isst. Das hart zu verurteilen, kann als Urteil über den Lebensentwurf aufgefasst werden. Macht klar, dass ihr nicht euer Gegenüber als Person kritisiert, sondern etwa eine Konsumentscheidung.  

8️⃣ Äußert sich jemand rassistisch oder abwertend, benennt das. Rassismus ist keine Meinung oder sagbar geworden.

9️⃣ Seid empathisch: Oft liegen hinter Ansichten und Aussagen starke Gefühle. Angst, Unsicherheit, Wut. Auch wenn ihr die Perspektiven eures/eurer Gegenüber:s nicht nachvollziehen können – die Emotionen sind real und haben oft mit persönlichen Erfahrungen von Ohnmacht und Abwertung zu tun.

🔟 Klar ist aber auch: Angst ist kein Grund, eine in Teilen gesicherte rechtsextreme Partei wie die AfD zu unterstützen. Und genau so wenig drückt eine Stimme für die AfD Protest gegen die etablierte Politik aus.

1️⃣1️⃣ Lasst euch argumentativ nicht in die Ecke treiben. Ihr seid in 2023 in den Urlaub geflogen und setzt euch trotzdem für Klimaschutz ein? Das ist erlaubt! Du darfst eine Meinung zu politischen oder systemischen Problemen haben, auch wenn du selbst nicht jeden Aspekt in deinem Privatleben berücksichtigst. Die Debatte sollte nicht in moralischen Vorwürfen enden. Wenn jede:r moralisch einwandfrei sein muss, um ein Problem zu adressieren, dürften die wenigsten noch Kritik äußern.

1️⃣2️⃣ Fallen euch diskriminierende Ansichten auf oder toxische Narrative, benennt diese. Wenn ihr könnt, erklärt die verachtenden Aspekte. Und selbst, wenn ihr das spontan nicht könnt: Sprecht an, dass ihr bei dem Gesagten ein ungutes Gefühl habt! Es ist fast immer besser, eine für euch zu drastische Aussage nicht unwidersprochen zu lassen.

1️⃣3️⃣ Einigt euch auf die Dimension. Über was unterhaltet ihr euch? Über das große Ganze, also eure Weltbilder, oder besprecht ihr eher Detailfragen? Macht das immer wieder klar, damit ihr nicht aneinander vorbeiargumentiert. Und denkt dran: Wenige und gute Argumente anbringen, die begründete Zweifel säen, sind effektiver als euch im Kleinklein zu verausgaben.

1️⃣4️⃣ Versucht, das Ausmaß zu verstehen. Wie tief sitzen die Überzeugungen eures Gegenübers, auf welchen Quellen fußen die Aussagen? Gibt es noch Vertrauen in etablierte Parteien und demokratische Institutionen? Wenn nicht, woran liegt es?

1️⃣5️⃣ Wer vom sogenannten Mainstream spricht, gefällt sich vielleicht vor allem darin, gegen den Strom zu schwimmen. Fragt nach, wieso jemand “einfach nur dagegen” ist und welches Ziel dahinter steckt?

1️⃣6️⃣ Wenn ihr etwas nicht wisst, gebt das zu. Im Zweifel: Verlegt die Debatte auf später. Recherchiert gemeinsam, macht euch ein klares Bild, holt Faktenchecks ein und setzt euch dann wieder zusammen.

1️⃣7️⃣ Hinterfragt Quellen: Woher stammt die Information und welche Haltung könnte dahinter stecken? Hat der/die vermeintliche Experte/Expertin überhaupt die Qualifikation oder Expertise, um eine entsprechende Aussage zu treffen? Vielleicht wird eine Aussage aber auch nur unterstützt, weil sie aus dem eigenen politischen Lager stammt.

1️⃣8️⃣ Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem. Bloß weil ihr nicht wisst, wie man eine gesellschaftliche Herausforderung löst, dürft ihr es trotzdem benennen oder einen bestimmten Umgang damit kritisieren. Nicht jede:r Restaurantkritiker:in ist ein bessere:r Koch/Köchin.

1️⃣9️⃣ Fragt nach: Zeigt, dass ihr Interesse an der anderen Perspektive habt, aber erörtert auch, was passieren muss, damit euer/eure Gegenüber seine oder ihre Position überdenkt? Vielleicht könnt ihr die Nachweise gar nicht liefern und eine Diskussion findet an dieser Stelle ihr Ende.

2️⃣0️⃣ Legt auch mal eine Pause ein. Nicht nur benötigt es Zeit, um Informationen zu verdauen. Es ist auch wichtig, dass ihr eure emotionale Belastung im Blick habt. Niemand ist geholfen, wenn die Situation eskaliert.

2️⃣1️⃣ Erkennt ihr eine Verschwörungserzählung, grätscht rein und lasst euch nicht in die Ecke drängen. Nicht ihr müsst Belege dagegen liefern, sondern fordert Erklärungen ein. Ergibt das wirklich alles Sinn? Warum sollte das so sein? Wenn das wahr wäre, wie funktioniert das konkret?

2️⃣2️⃣ Ihr dürft Themen auch skippen. Eine Diskussion, die auf unterschiedlichen Informationslagen beruht, bringt wenig.

2️⃣3️⃣ Ist das Kind in den Brunnen gefallen, spart eure Energie. So hart es klingt, aber wer beispielsweise behauptet, dass “alle in den Medien, der Politik und der Wissenschaft unter einer Decke stecken und Fake News verbreiten”, dem oder der könnt ihr kaum noch sinnvoll begegnen. Denn so eine Argumentation ist ein Totschlagargument, gegen das ihr nicht ankommt. Damit immunisiert sich euer/eure Gegenüber gegen jegliche Form von Kritik oder anderen Perspektiven.

2️⃣4️⃣ Kommt zu einem (möglichst versöhnlichen) Schluss. Themen sind komplex, aber Menschen sind es auch. Wollt ihr weiter mit Oma, Bruder, Tante, Cousin in Kontakt bleiben, ist es sinnvoll sich auf andere Themen und Eigenschaften zu fokussieren, die diese Person ausmachen. Ist sie da, wenn ihr in einer Notlage seid? Kümmert sie sich liebevoll um das Enkelkind? Nur, wenn die emotionale Verbindung bleibt, habt ihr vielleicht an anderer Stelle die Chance, politisch neu einzuwirken.

🔎 Das sind unsere Quellen, die wir für diesen Newsletter benutzt haben (sofern sie nicht direkt im Text verlinkt sind):

Und hier noch einige Einrichtungen, die euch vielleicht helfen können. Es handelt sich um Beratungsstellen für Verschwörungsgläubige und ihre Angehörigen oder für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Driving home for Christmas – und noch einen Podcasttipp nötig?

Dann hört doch in die aktuelle Folge des “Flexikon”-Podcasts rein. Darin geht es um “ein paar Wörter, die die heile besinnlich aufgeladene Weihnachtsstimmung anzünden, lichterloh lodern und zu Staub zerfallen lassen” können. In der Ausgabe berichten Menschen von ihren Erfahrungen, als sie an Weihnachten “das klärende Gespräch” gesucht und sich beispielsweise geoutet haben oder das abgebrochene Studium beichten.

Sie erzählen, wie man die Sache richtig anpackt und sich strategisch vorbereitet: “Nicht nur die Worte sollten mit Bedacht gewählt werden, auch unerwartet unangenehme Reaktionen kann man schon mal durchspielen, und ein sozial stabiles Netz, das einen gegebenenfalls auffängt, ist auch nicht schlecht.”

Flexikon #54: Schöne Bescherung: Geständnisse beim Familienessen (Öffnet in neuem Fenster)

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