Zum Hauptinhalt springen

Die Leugnung des menschengemachten Klimawandels

Hi Leute,

die ersten Schneeflocken liegen hinter uns. Klar, im Dezember! ❄️ 🤡

COP28 ist in vollem Gange. Oder wie BILD schreibt (Öffnet in neuem Fenster): “Stell dir vor, es ist Krise – und die halbe Bundesregierung fliegt nach Dubai”.

Der Klimawandel spielt auch in den rechten Narrativen eine ganz besondere Rolle. Welche genau – das lest ihr heute hier.

Liebe Grüße und bleibt achtsam! 🤶🎅

Maria & Johannes

Worum geht’s diesmal?

Am Sonntag war der erste Advent. Und vor vielen deutschen Fenstern lag: Schnee.

Minusgrade. Chaos auf Straßen und Schienen. Winter.

Und was schreibt die AfD auf X?

“Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie einen schönen und besinnlichen 1. Advent, der übrigens der wärmste erste Advent in 125.000 Jahren sein wird.”

Schnee im Dezember und Klimawandel? Kann ja gar nicht sein! So soll vermutlich der AfD-Witz über die Klimaforschung und die vielen Hitzerekorde der vergangenen Jahre gelesen werden. (Btw: 2023 war übrigens das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (Öffnet in neuem Fenster))

Wissenschaftliche Erkenntnisse zweifeln viele rechtspopulistische Parteien und Bewegungen an. In der Ablehnung des “anthropogenen Einflusses auf den Klimawandel” – also des menschlichen Beitrags dazu – findet sich sogar eine Art Grundkonsens.

Sie AfD ist auf das Thema laut Spiegel (Öffnet in neuem Fenster) 2019 aufgesprungen, als der damalige AfD-Chef Jörg Meuthen auf einer Veranstaltung der Partei von einem “Erweckungserlebnis” im Europaparlament berichtete. Gemeint war ein Besuch Greta Thunbergs, die von sämtlichen EU-Politiker:innen mit Standing Ovations begrüßt worden war. Ein Feindbild war geboren.

Seither setzt die AfD, nach dem Euro und der Migration, auch auf Umweltpolitik. Der Spiegel: “Die AfD nimmt dabei eine von anderen Parteien nicht besetzte Position ein – fernab jeder wissenschaftlichen Erkenntnislage.”

Im Bundestagswahlprogramm (Öffnet in neuem Fenster) 2021 der AfD heißt es dazu beispielsweise:

“Es ist bis heute nicht nachgewiesen, dass der Mensch, insbesondere die Industrie, für den Wandel des Klimas maßgeblich verantwortlich ist. Die jüngste Erwärmung liegt im Bereich natürlicher Klimaschwankungen, wie wir sie auch aus der vorindustriellen Vergangenheit kennen.” (S.175)

Dazu schreibt Klimafakten (Öffnet in neuem Fenster): “Das Grundsatzprogramm der AfD enthält fast keine Aussage, die mit dem Stand der Forschung zu Klima und Klimawandel vereinbar ist. Stattdessen finden sich in erheblicher Zahl eklatant falsche und irreführende Aussagen.”

Wer spricht da?

Die AfD. Zu ihr haben wir in den vergangenen Newslettern schon viel geschrieben, schaut da gern nochmal rein.

Daneben behandelt beispielsweise der Blog “Politically Incorrect” (PI-News), der in den vergangenen Jahren viele Leser:innen dazugewonnen hat, außer dem Dauerbrenner Migration regelmäßig Umwelt und Erderwärmungsthemen. Einige aktuelle Überschriften: “Klima-Weltreise: Treffen von 250 grünen Heuchlern in Dubai”. Oder: “Deutschland in der Klima-Zwangsjacke”. Und: “Geld verdienen mit dem Klimaschwindel”.

PI-News ist laut Verfassungsschutz (Öffnet in neuem Fenster) “eines der reichweitenstärksten rechtsextremistischen Onlinemedien in Deutschland”, das “einer Vielzahl von Akteuren dieses Spektrums eine Plattform” biete.

Es gibt aber auch Organisationen, die sich auf das Anzweifeln wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel spezialisiert haben. Allen voran EIKE, das “Europäische Institut für Klima und Energie”. LobbyControl schreibt (Öffnet in neuem Fenster), dass EIKE “die deutschsprachige Speerspitze der Lobby, die den menschengemachten Klimawandel leugnet” sei.

Der Name suggeriere Wissenschaftlichkeit, in Wahrheit stammten Publikationen zum Klimawandel aber nicht von Klimawissenschaftler:innen oder Meteorolog:innen.

Das hält die AfD nicht ab, sich immer wieder auf EIKE zu beziehen und Mitarbeiter:innen des Instituts als Sachverständige einzuladen. Der Spiegel schreibt (Öffnet in neuem Fenster), dass EIKE-Vizepräsident Michael Limburg bereits für die AfD kandidiert und ein Papier für den Bundesfachausschuss Energiepolitik mitverfasst habe – das später zur Grundlage für die Klimapolitik der Partei wurde.

Die Narrative dahinter

Die AfD leugnet den menschlichen Beitrag zum Klimawandel. Das zeigt sich auch in ihrer Sprache. Im Europawahlprogramm für 2024 (Öffnet in neuem Fenster) der Partei schreibt sie vom “angeblichen Klimawandel” oder über “unwissenschaftliche Klima-Hysterie”. Die AfD setzt Ironie oder Hohn strategisch ein, wie in diesem Fall, wenn sie die Existenz des Klimawandels mit dem kleinen Zusatz “angeblich” abstreitet.

Wer den Klimawandel anzweifelt, gewinnt damit viele Themen zur Profilierung. So zählt die AfD in ihrem Programm eine Menge Umweltschutzpläne der EU auf, die sie vereiteln will. Sie ist beispielsweise gegen eine Erhöhung der Luftverkehrssteuer. Für die Erhaltung des Verbrennungsmotors. Gegen Bauvorschriften für klimaneutrale Wohnhäuser. Gegen schnelleren Ausbau “sogenannter Erneuerbarer Energien”. Und so weiter.

Bei der vorangegangenen Europawahl schrieb die AfD schlicht, dass sie alle EU-Maßnahmen, die eine Reduktion der CO2-Emission mit dem Schutz des Klimas begründen, zurückweise. Und zwischen 2014 und 2019 hat die AfD sämtliche Anträge für nachhaltige Energie- und Klimapolitik im europäischen Parlament abgelehnt. Und nicht nur der Ausstieg aus fossilen Energiequellen wird von der AfD kritisiert, sondern auch multilaterale Klimaschutzverträge wie das Pariser Klimaschutzabkommen oder die Energiewende.

Gerade bei letzterem findet die AfD Anknüpfungspunkte auf lokaler Ebene. Sollen in einem Ort Windkraftwerke gebaut werden, sind Protestbewegungen der Anwohner:innen oft nicht weit – und dort setzt die AfD an.

“Populistische Akteure greifen lokale Proteste auf, generalisieren sie, rahmen sie durch ihre eigenen Narrative neu, vernetzen und verhärten die Konfliktfronten”, schreiben Fritz Reusswig und Wiebke Lass (Öffnet in neuem Fenster) vom Potsdam Institute for Climate Impact Research. So werden Energiewendegegner:innen zu natürlichen Verbündeten der AfD, weil das etablierte politische System nicht ihren Vorstellungen gerecht wird.

Dafür bedient die AfD mehrere Narrative. Zum einen nutzt sie die Sorge der Bürger:innen vor Wohlstandsverlust. Denn konsequenter Klimaschutz kann mit Sozialverträglichkeit, Produktions- und Konsumweisen, Lebensstilen und Privilegien kollidieren.

👉 Klima- und Umweltschutz wird so umgedeutet, dass es “auf Kosten des Volkes” gehe.

Wir erinnern uns an vorangegangene Newsletter: Nur die AfD kennt den Willen des Volkes und kann für “das Volk” (als homogene Einheit) sprechen. In diesem Zug führt die AfD auch die höheren Energiepreise an, die Menschen mit weniger Einkommen benachteiligen würden. Die aktuelle Energiepolitik erzeuge laut AfD eine Umverteilung von “unten nach oben”.

Beispielsweise, das schreiben Sommer und Kolleg:innen in “Rechtspopulismus vs. Klimaschutz”, sei der “subventionierte Umstieg auf E-Mobilität für Normalbürger […] schlichtweg unbezahlbar”.

👉 Klima- und Umweltschutz ist ungerecht und richtet sich gegen den kleinen Mann/die kleine Frau.

Eine weitere Diskursstrategie der AfD in der Klimadebatte hat das Institute for Strategic Dialogue (Öffnet in neuem Fenster) im Umfeld der Bundestagswahl 2021 herausgearbeitet.

👉 Die Partei stilisiert den Klimawandel und die notwendigen Transformationsprozesse zum “Kulturkampf”.

Das heißt, sie beschwört Feindbilder wie “Klimahysteriker” und “die Grünen” herauf, die mit ihren Klimaschutzmaßnahmen den “vermeintlich typisch deutschen Lebensstil” bedrohen.

Politikberater Johannes Hillje erklärt es im Deutschlandfunk (Öffnet in neuem Fenster) so:

Die AfD macht Klimaschutz zum Kulturkampf, indem sie die Klimapolitik als Bedrohung für den vermeintlich typisch deutschen Lebensstil an die Wand malt, und diesen typisch deutschen Lebensstil, den buchstabiert sie anhand von Schlagworten wie Diesel, Schnitzel, Billigflug und so weiter aus. Das ist natürlich höchst emotionalisierbar, weil es tief in die persönliche Lebensführung eingreift, und deshalb ist das Thema auch mobilisierungsfähig für die AfD.”

Das letzte Narrativ, das wir besprechen, ist die “Entmündigung” des deutschen Volkes durch die Entscheidungen zu mehr Klimaschutz. Hier werden mehrere typische rechtspopulistische Erzählungen miteinander verwoben.

Reusswig und Lass erklären, dass die angebliche Klimalüge auf einem “Machtmissbrauch interessierter Klimaforschung” und einer “leichtgläubig-hysterischen Überreaktion der Mainstream-Medien und von Teilen der Gesellschaft” fußt. Diese Teile der Gesellschaft, das sind “die Anderen” – die linksgrün versifften Gutmenschen.

👉 Hier wird Identität durch Abgrenzung gestiftet: Wer den Klimawandel leugnet, gehört dazu.

Für viele AfD-Sympathisant:innen hat es die Partei mittlerweile geschafft, die Energiewende in ihren Deutungsrahmen zu pressen. Damit werde, laut Reusswig und Lass, der Versuch unternommen “eine bisher gut funktionierende, sichere, umweltverträgliche und bezahlbare Form der Energieversorgung” mit einer “schlecht durchdachten, unsicheren, ökologisch gefährlichen und teuren Alternative zu ersetzen”.

Dafür verantwortlich ist eine politische Elite, die sich angeblich von der “sachlichen Gemeinwohlorientierung” verabschiedet habe und stattdessen auf “hysterische Stimmungen aus Teilen der Wissenschaft, der Medien und der Gesellschaft” höre.

Daraus folgt: Klimaschutz und Energiewende eine durch Eliten-Entscheidungen herbeigeführte systematische Entmündigung aller Deutschen: “Die politischen Eliten verraten die wahren Interessen des moralisch reinen Volkes: Es wird für dumm verkauft und ausgebeutet,” schreiben Reusswig und Lass.

Die Macht des rechten Widerstands gegen Klimaschutzpolitik schätzt das Institut füt Demokratie und Zivilgesellschaft enorm ein. Es schreibt:

“Die Frage, ob es gelingen kann, die Klimaschutzziele umzusetzen, wird stark davon abhängen, inwiefern die Rechte mit ihren Narrativen Anschluss an die ‚gesellschaftliche Mitte‘ erreichen kann bzw. wie effektiv dem begegnet werden wird.”

Diese Woche gab es fast kein Vorbeikommen an der Aktion des Zentrums für politische Schönheit. Das Kollektiv aus Künstler:innen hat Beweise für ein AfD-Vebot gesammelt.

Und zwar auf eine ganz unkonventionelle Art und Weise. Wie genau sie das gemacht haben, erklären sie am besten selbst. ⤵️

https://www.youtube.com/watch?v=DiT0pySmHco (Öffnet in neuem Fenster)

Auf der Webseite www.afd-verbot.de (Öffnet in neuem Fenster) könnt ihr die so gesammelten Informationen einsehen und euch ein eigenes Bild macht. Die Frage, ob - wenn die AfD verschwindet - auch das Gedankengut der AfD aus Deutschland verschwindet, steht auf einem anderen Blatt. Trotzdem ist es mehr als gruselig, was dem Zentrum für politische Schönheit hier für Sätze und Kommunikationen unter AfD-Mitgliedern zugesendet worden.

Schaut mal rein! 👀

Wenn ihr unsere Arbeit am Newsletter mit 1 € / Ausgabe unterstützen wollt, dann klickt auf den Button hier unten und werdet Mitglied!

2 Kommentare

Möchtest du die Kommentare sehen?
Werde Mitglied von Wie Rechte reden und diskutiere mit.
Mitglied werden