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Für eine neue Friedensbewegung!

Putins fünfte Kolonnen haben die Antikriegs-Politik desavouiert. Dabei bräuchte es eigentlich eine kluge Friedensbewegung. 

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„Friedensbewegung“ und Anti-Kriegs-Rhetoriken haben sich in den vergangenen Monaten ziemlich gekonnt desavouiert. Dass damit aber auch der ethische Pazifismus, und überdies sogar Diplomatie und antimilitaristische Sicherheitspolitik fragwürdig wurden, eine Entspannungspolitik, die auf Dialog setzt, ein Konfliktmanagement, das militärische Eskalationen zu verhindern versucht – das ist keine schöne Sache. Denn trotz – oder gerade wegen! – der Weltlage bräuchte es eigentlich eine Friedensbewegung und eine Friedenspolitik. Aber vielleicht eine klügere. 

Dabei darf nicht übersehen werden: Pazifismus und Anti-Kriegs-Politik haben ein prinzipielles Dilemma, das auch mit ihren geistesgeschichtlichen, historischen Wurzeln zu tun hat. Sie entstanden zu einer Zeit, als Imperien – die meisten noch dazu Despotien – gegeneinander um internationale Einflusszonen rangen. In diesen Fällen ist es immer richtig gewesen, darauf hinzuweisen, dass Macht und Kapital normale junge Männer auf das Schlachtfeld schickten, und zwar für Interessen, die nicht die Ihren sind. Der eher bürgerliche Pazifismus und der eher linke Antimilitarismus hatten darin ihren Ursprung und eine vollkommene Berechtigung. „Die Waffen nieder“, proklamierte Berta von Suttner. „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“, verkündete Karl Liebknecht, und es war 1914 zweifelsohne richtig. 1942 wäre das schon weniger richtig gewesen, aber dazu später. 

Die Sache stellt sich sofort eine Nuance anders dar, wenn imperiale Mächte in andere Länder einmarschierten, um sie zu unterwerfen. Dann hat das überfallene Land eine moralische Berechtigung, sich zu wehren (ganz unabhängig von seiner inneren politischen Verfasstheit). Noch schreiender wurde dieses Problem, wenn Despotien gegen Demokratien stehen, etwa im Krieg gegen die Nazis. Auch wenn sich demokratische Kräfte gegen faschistische Putschisten wehrten, wie etwa im spanischen Bürgerkrieg. Ein pazifistisches „Die Waffen nieder!“ wäre da schon verdammt hart an moralische Indifferenz herangeschrammt. Bei den antikolonialen Befreiungskriegen war es nicht viel anders. Kurzum: Mal kann es richtig sein, eine antimilitaristische Position zu vertreten, mal kann es aber auch moralisch geboten sein, eine militärischen Widerstand gegen imperiale Invasoren oder autokratische Despoten zu unterstützen. Es hängt, wie oft im Leben, verdammt stark von den Umständen ab. 

Was die Anti-Kriegs-Position in den vergangenen Monaten so diskreditierte, war aber natürlich etwas ganz anderes, etwas, was über Ambivalenzen und solche Dilemmata hinaus geht: Mit Anti-Kriegs-Rhetorik wurde sogar der Imperialismus der Kreml-Despotie gerechtfertigt und die Realität verdreht. Russland wurde unter Putin zu einer kriegstreiberischen Diktatur, die die Nachbarn bedroht und zugleich der eigenen Bevölkerung Freiheit und die Luft zum Atmen abschnürt. Russland ist in die Ukraine einmarschiert, nicht umgekehrt. Es gäbe keinen Krieg, wenn Russland ihn nicht begonnen hätte. Mit Anti-Kriegs-Phrasen wurden aber diese Tatsachen verdreht, wie etwa von Sahra Wagenknecht, die mittlerweile praktisch so tut, als hätten die USA Russland bösartig überfallen.

Das heißt aber nicht, dass jedes Argument der kriegsskeptischen Seite falsch ist. Und dass jedes Argument der bellizistischen Seite richtig ist. Auch wenn ich in dieser Auseinandersetzung eine klare Haltung habe, darf das nicht dazu verleiten, selbst in einen Tunnelblick zu geraten. 

Was wären also ein paar Grundprämissen einer Antikriegs-Politik, die auf der Höhe der Zeit ist?

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