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Über 2022

Der Jahresendnewsletter von Stefan Niggemeier

Liebe Übonnentin, lieber Übonnent,

ich habe einen revolutionären Vorschlag: Wollen wir nicht den Jahreswechsel einfach um einen Monat vorziehen? Also auf Ende November legen?

Man würde diese Feiertagsballung mit Weihnachten und Neujahr und dem komischen Loch dazwischen entzerren, könnte ganz neue Rituale schaffen, und vor allem läge der Jahreswechsel dann endlich wieder passend zu den Jahresrückblicken, die ja seit einiger Zeit fast alle bereits Anfang Dezember erscheinen.

Wenn zukünftige Historiker sich auf der Grundlage diverser gedruckter Jahresrückblicke zusammenreimen müssten, was in unserer Zeit so passiert ist, könnte es ihnen schwer fallen, überhaupt zu rekonstruieren, was in Dezembern passiert ist. Der Rückblick der „Zeit“ erschien am 3. Dezember, der Rückblick der der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ am 4. Dezember, die „Jahreschronik“ des „Spiegels“ am 6. Dezember. Letztere zum Beispiel ist zwar nach Monaten sortiert und hat auch ein eigenes Dezember-Kapitel, aber in dem stehen, anders als in allen anderen Monaten, keine konkreten Ereignisse. Kein Wunder: Sie haben zum Redaktionsschluss noch gar nicht stattgefunden.

Das war auch im vergangenen Jahr schon so, damals erschien die „Jahreschronik“ sogar schon am 1. Dezember. Konsequent wäre es, dann wenigstens den Dezember des Vorjahres in der diesjährigen Chronik mitzubehandeln, das macht man aber auch nicht.

Auch die diversen Jahrescharts, die in diesen Wochen veröffentlicht werden, umfassen meist nur einen Zeitraum bis Mitte Dezember, damit man sie noch vor Ende des Jahres veröffentlichen kann. Was dann besonders auffällt, wenn Erfolgsprogramme erst um die Weihnachtszeit laufen, wie der Netflix-Film „Glass Onion“, der (aus mir nicht verständlichen Gründen) so erfolgreich war, dass er es locker in die Netflix-Jahrescharts geschafft hätte, wenn deren Erfassungszeitraum nicht schon am 18. Dezember endete. Und die Kollegen von DWDL mussten ihre Top-5 der meistgesehenen Filme im Fernsehen, die sie am 23. Dezember veröffentlichten (Öffnet in neuem Fenster), seitdem schon zweimal aktualisieren, weil sich die Weihnachtsausstrahlungen von „Kevin – Allein zu Haus“ und „Kevin – Allein in New York“ auf Sat.1 noch auf Spitzenplätze schoben.

Unsere Jahrescharts umfassen dagegen garantiert das komplette Jahr. Das hier ist die Hitliste der meistgelesenen Übermedien-Artikel 2022:

1. Baby heimlich fotografiert: Helene Fischer wehrt sich erfolgreich gegen Paparazzibilder (Öffnet in neuem Fenster)

2. Amoklauf in Heidelberg: Den Schuss nicht gehört (Öffnet in neuem Fenster)

3. Live-Schalten aus dem Orkan: „Kein Bild der Welt ist es wert, dass wir hier weiter stehen“ (Öffnet in neuem Fenster)

4. Statt seiner Gäste zerstört Kurt Krömer seine eigene Kunstfigur (Öffnet in neuem Fenster)

5. Wer Fynn Kliemann als Fan hat, braucht keine Feinde (Öffnet in neuem Fenster)

6. Visualisierungen des Ukraine-Krieges: Die Macht der Karten (Öffnet in neuem Fenster)

7. Hätten Precht und Welzer doch einfach mal jemanden gefragt! (Öffnet in neuem Fenster)

8. Der erstaunlich laxe Umgang von Precht und Welzer mit der Wahrheit (Öffnet in neuem Fenster)

9. Markus Lanz wird ja wohl noch träumen dürfen (Öffnet in neuem Fenster)

10. Und nun live zur Verlobten des FDP-Vorsitzenden (Öffnet in neuem Fenster)

11. „Obsessiv“: Der Fotograf, der Helene Fischer verfolgte (Öffnet in neuem Fenster)

12. Von Kriegsopfern erster und zweiter Klasse (Öffnet in neuem Fenster)

13. Die unmögliche Debatte um den Tod einer Radfahrerin (Öffnet in neuem Fenster)

14. Und für Fehleinschätzungen zum Ukraine-Krieg befragen wir jetzt wieder Erich Vad (Öffnet in neuem Fenster)

15. Wenn der mediale Jubel lauter ist als die Kritik (Öffnet in neuem Fenster)

16. Die erstaunliche Medienkarriere des verurteilten Doppelmörders Jens Söring (Öffnet in neuem Fenster)

17. Das Buch von Precht und Welzer ist fast so richtig wie die Bahn pünktlich (Öffnet in neuem Fenster)

18. Trans als Trigger: Wie die „Welt“ den Kampf gegen lästige, obskure Minderheiten befeuert (Öffnet in neuem Fenster)

19. Letzte Dienstfahrt für Patricia Schlesinger (Öffnet in neuem Fenster)

20. Leitmedien berichteten weder durchgehend einheitlich noch regierungsfreundlich (Öffnet in neuem Fenster)

Das hier sind unsere Instagram-Posts (Öffnet in neuem Fenster) mit den meisten Likes:

Und hier sehen Sie die Beiträge, die dort am häufigsten kommentiert wurden: 

Der Tweet mit der größten Reichweite schließlich war dieser: 

https://twitter.com/uebermedien/status/1494383305973772294 (Öffnet in neuem Fenster)

Im Alltag starren wir übrigens nicht so oft wie viele andere Medien auf diese und ähnliche Zahlen. Natürlich wollen auch wir möglichst viele Menschen mit unserer Arbeit erreichen, wir freuen uns über Aufmerksamkeit und große Besucherzahlen. Aber wir leben nicht davon, Klicks und Visits zu maximieren, schon gar nicht um jeden Preis. Wir leben davon, Menschen mit unserer Arbeit davon zu überzeugen, ein Abonnement abzuschließen. Und davon, dass wir es ihnen – Ihnen! – Wert sind, uns auf Dauer zu unterstützen.

Am Ende dieses Jahres haben wir rund 7600 Übonnentinnen und Übonnenten. Wir können es nicht oft genug sagen: Nur dank Ihnen gibt es Übermedien. Danke für Ihre Treue!

Diese Woche neu bei Übermedien

Cartoon: Hauck & Bauer für Übermedien

Die Wahrheit: Ihr habt uns tausend Mal belogen (Öffnet in neuem Fenster) | Unser „Schlagzeilenbasteln“ feiert Jubiläum: Mats Schönauer präsentiert die 50. Folge mit der 1000. bekloppten Schlagzeile aus der Regenbogenpresse.

Wir müssen lernen, Dinge nicht wissen zu wollen (Öffnet in neuem Fenster) | Samira El Ouassil über die wichtige Fähigkeit des strategischen Ignorierens. (Ü)

Was war das denn für ein Jahr? (Öffnet in neuem Fenster) | Holger Klein blickt im Podcast mit Lisa Kräher und Frederik von Castell zurück.  

Die beste Übermedien-Überschrift des Jahres (Öffnet in neuem Fenster) | Sie haben abgestimmt!

(Ü): exklusiv für Übonnenten

Einmal im Jahr kürt das „Medium Magazin“ die Journalistinnen und Journalisten des Jahres. Und natürlich kann man immer lang und breit über den Sinn von solchen Preisen diskutieren (Claas Relotius hat es bei diesem immerhin nur einmal auf den 8. Platz in der Kategorie „Reporter“ geschafft), aber sie sind ein guter Anlass, guten Journalismus zu feiern und darüber zu diskutieren, was guten Journalismus ausmacht.

Viele von denen, die die Jury in diesem Jahr auszeichnete, waren auch Thema oder Autorinnen bei uns. Sara Schurmann zum Beispiel, die in der Kategorie „Wissenschaft“ den ersten Platz belegte. Im September 2020 haben wir ihren Offenen Brief veröffentlicht: „Journalist:innen, nehmt die Klimakrise endlich ernst!“ (Öffnet in neuem Fenster) Zwei Jahre später zog sie, ebenfalls bei uns, eine ernüchterte Bilanz: „Die Klimakrise eskaliert und der Journalismus kommt nicht hinterher“ (Öffnet in neuem Fenster).

Gilda Sahebi wurde zur Politikjournalistin des Jahres gekürt. Sie war Anfang Dezember Gast in unserem Podcast „Holger ruft an“ (Öffnet in neuem Fenster) und erkärte darin, was man wissen muss, um nicht auf Irans Propaganda hereinzufallen.

Zur Journalistin und zum Journalisten des Jahres insgesamt wurden Katrin Eigendorf (ZDF) und Paul Ronzheimer („Bild“) gewählt. Die Jury würdigte, dass beide maßgeblich dazu beigetragen hätten, „das Ausmaß und die Bedeutung“ des russischen Krieges gegen die Ukraine „in allen Facetten deutlich zu machen“. Katrin Eigendorf hat im April bei uns im Podcast (Öffnet in neuem Fenster) darüber gesprochen, wie frei sie aus der Ukraine berichten kann. Und über Paul Ronzheimer habe ich, ebenfalls im April, ein langes Stück geschrieben (Öffnet in neuem Fenster), das versucht, seiner Arbeit gerecht zu werden, ohne das Problematische daran auszublenden.  

Zum Sportjournalisten des Jahres wurde ZDF-Moderator und -Reporter Jochen Breyer ausgezeichnet. Uns war er in diesem Jahr auch positiv aufgefallen, weil er die voreilig übernommene Darstellung der Uefa über Probleme beim Champions-League-Finale schnell und transparent korrigierte (Öffnet in neuem Fenster).

Über die Auszeichnung von Carolin Kebekus in der Kategorie „Unterhaltung“ freuen wir uns besonders. Die Jury nennt als Beispiel dafür, wie in ihrer Show „relevante gesellschaftspolitische Probleme journalistisch aufbereitet und dann mit den Mitteln des Humors jedem zugänglich gemacht“ werden, unter anderem die Sendung über Femizide, an der unsere Redakteurin Lisa Kräher mitgearbeitet hat (Öffnet in neuem Fenster)

Wir selbst sind in der Kategorie „Team“ auf dem fünften Platz gelandet. Begründung: „Der medienkritische Journalismus von Übermedien wird thematisch immer breiter – dabei oft pointiert und unterhaltsam, aber immer mit Erkenntnismehrwert.“ Dankeschön!

Das war der letzte Newsletter von uns in diesem Jahr, zugegeben: ein bisschen Überübermedien. 2023 schauen wir wieder weniger auf uns und mehr auf das, was die anderen Medien so anrichten, im Guten wie im Schlechten.

Ein gutes neues Jahr,
bleiben Sie uns gewogen!

Ihr Stefan Niggemeier

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