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Can you cancel or culture?

Ein falsches Wort, vertuschte Fehltritte, eine eigentlich vergessene Geschichte aus der Vergangenheit. Ein Fehler, ob groß, ob klein. Ein Fehltritt, ob unverzeihlich oder kaum der Rede wert. All das kann dazu führen, dass eine Person oder eine Brand gecancelt wird. Die heutige Gesellschaft entwickelt sich virtuell zu einer Cancel Culture.

Was ist” “canceln”?

Canceln ist eine moderne Form des online Anprangerns (Öffnet in neuem Fenster). Hört sich fast an wie im Mittelalter, oder? Man sollte meinen, dass sich Menschen weiterentwickeln und wissen, dass radikales Ausmerzen nicht Zeit gemäß wäre, doch die Cancel Culture beweist das Gegenteil.

Ein Fehler und schon zeigt die ganze Welt mit dem Finger auf dich. Während wir früher vielleicht mit schlechtem Obst abgeworfen worden wären, fordert die Cancel Culture den TOTALEN Boykott des Schuldigen. Hashtags wie #cancelX (Öffnet in neuem Fenster)werden unter jedem Instagrambeitrag verbreitet und vielleicht noch ein paar hässliche Beleidigungen kommentiert. Aber hey, das ist doch alles nur Meinungsfreiheit!

Doch kann man das? Kann man einfach so jemanden canceln?

Einfach beantwortet: Nein. Man kann echte Lebewesen nicht einfach durch das Internet “auslöschen”. Eigentlich.

Doch, das Internet ist unberechenbar. Genau wie die Personen, die dahinter stehen. Und deshalb kann man Menschen im Internet nicht auslöschen, aber trotzdem dafür sorgen, dass Personen denken, dass sie auch im echten Leben ausgelöscht werden.

Internetnutzer können grausam sein, vor allem wenn es heutzutage sehr leicht ist mit einem anonymen Profil alles kommentieren zu können, was man möchte.

Auf der einen Seite befinden sich Super-Positivity-Vertreter, die Fehlerkulturen predigen und betonen wie schnell das Internet vergessen kann. Während auf der anderen Seite extrem radikales Cybermobbing (Öffnet in neuem Fenster) mit Hassnachrichten und Hate-Accounts entgegen schreit, dass niemand mehr die zu verurteilende Person unterstützen darf.

Hinter dieser Cancel Culture stecken in den meisten Fällen Personen, die ohne an einem Vorfall aktiv beteiligt oder über alle Daten und Fakten informiert sind und auch nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen haben.

Kurze Triggerwarnung an alle Proleten, die in der Kommentarfunktion Zuhause sind und schon hektisch nach Luft schnappen: Meistens heißt nicht immer.

Natürlich bietet sich durch das Internet die wunderbare Möglichkeit, dass wir uns in Blitzgeschwindigkeit aus duzenden von Quellen über jedes Thema oder über jede öffentliche Person informieren können. Das Problem ist nur, dass nicht alles davon stimmt.

Gerade in einer Zeit, in der der Qualitätsjournalismus leidet, wird statt auf hochwertige Berichterstattung und Genauigkeit, eher auf Schnelligkeit und polarisierende Aufmerksamkeit gesetzt.

Vorteilhaft ist, dass wir durch die mitteilungsbedürftigen User des Internets nun wirklich jeden Skandal mitkriegen können, wodurch sich die meisten Brands und Personen des öffentlichen Lebens mehr Mühe geben müssen, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen (oder zumindest mehr Mühe ihre Fehler zu verdecken).

Wie beispielweise bei dem Shein-Skandal, (Öffnet in neuem Fenster)wo überall auf Tiktok und Instagram Videos viral gingen, von Hilferufen, die in Kleider eingenäht wurden. Ein Stein kam in’s Rollen und die unethischen Arbeitsbedingungen sowie die Umweltschäden von Shein wurden breit diskutiert. Trotz des Aufrufs zum Canceln, kaufen bis heute viele Personen unbedacht ihre billig produzierte Kleidung.

Auch einzelne Personen, ob berechtigt oder nicht, werden Opfer der Cancel Culture.

Hier stellt sich die Frage, was die Cancel Aktivisten von der zu cancelnden Person erwarten.

Wird diese Person auf ewig aus dem Internet verbannt oder soll sie eine Auszeit nehmen, bis Gras über die Sache gewachsen ist?

Und was ist mit den Anhängern, die die Person trotzdem oder gerade wegen dem Cancelgrund unterstützen?

Simd die dann nicht auch alle gecancelt?

Werden wir irgendwann zu einer Gesellschaft in der wir uns alle gegenseitig canceln? Wenn ja, wer darf dann noch in’s Internet? Und darf noch wer Fehler machen?

Dürfen rechtsextreme Gruppen dann auch Personen, die nicht deren Vorstellungen entsprechen canceln?

Man kann nicht von einen auf den anderen Tag beschließen, dass die ganze Welt mit sofortiger Wirkung eine Person oder ein Unternehmen canceln müssen.

Natürlich ist mir bewusst, dass es sich bei den Cancel-Aktionen nicht nur um leichtsinnige Fehler, sondern auch um schwerwiegende Vergehen handelt, aber in diesem Artikel geht es nicht darum, wann was cancelbar ist und was noch in Ordnung ist, sondern um die Cancel Culture an sich.

Jeder Person steht es frei, für sich selbst die Entscheidung zu treffen,

welche Inhalte auf sozialen Plattformen konsumiert werden.

welchen Personen man selbst folgen und sie unterstützen möchte

welche Person man im echten Leben sowie im virtuellen Leben meiden möchte.

Unter Beiträgen, Hasskommentare (Öffnet in neuem Fenster) und vernichtende Cancel-Hashtags zu verbreiten, zählt allerdings zu Cybermobbing. Den Vorteil des Social Media Netzes zu nutzen, um Informationen zu recherchieren oder seine Meinung zu verbreiten, steht natürlich jedem frei. Trotzdem sollte man überlegen, ob man sein Wissen durch vertrauenswürdigen Quellen erweitert und ob man sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnimmt oder einfach nur jeden sinnlosen Gedankenfurz unter fremden Beiträgen rauslassen will.

Na, sind wir jetzt auch gecancelt?

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