Liebe:r Leser:in,
eigentlich müsste ein Text wie dieser gar nicht sein. Denn eigentlich sollte das, was ich jetzt sage, völlig selbstverständlich sein. Eigentlich es ist das sogar. Und gerade deswegen ist es so dringlich es auszusprechen, denn meistens brauchen gerade die zweifellosen Dinge Menschen, die sie wörtlich nehmen.
Ich mache, was ich will. Ich meine das ernst.
Meistens sind es die Dinge, die uns selbstverständlich erscheinen - die wir mühelos tun - für die uns andere bewundern. Es sind Dinge, die wir einfach gut können, für die wir ein Händchen haben, vielleicht sagen wir: Talent oder Begabung. Doch was uns leicht von der Hand geht, kann nichts wert sein - das glauben viele. Was wir spielerisch tun, erscheint uns gewöhnlich. Was uns nichts abverlangt, uns ohne großen Aufwand, mit Links von der Hand geht, das messen wir mit anderem Maßstab. Einem, der zu unseren Ungunsten das Geleistete herabmindert, es vielleicht sogar ganz wertlos erscheinen lässt. Dem zugrunde liegt der Glaube, nur dann etwas erreicht zu haben, wenn man die Zähne zusammenbeißen musste. Wenn man "durch musste". Der lange Atem. Von nichts kommt nichts. Einsatz! Durchquälen! Das hat man sich verdient. Voller Stolz blicken bemühte Eltern auf ihr entkräftetes, abgekämpftes Kind. Denn um Freude geht es hier wirklich nicht. Das Beste zu wollen - darum geht es. Und meistens ist das alles ja auch wirklich gut gemeint.
Was du gut kannst, das kannst du gut. Was du gut kannst, können viele andere nicht. Oder nicht gut. Das große Geheimnis in diesem Leben nicht völlig unterzugehen, liegt also nicht in: mehr Leistung, mehr Anstrengung oder mehr Willen begründet, es liegt darin begründet, schlicht und einfach das zu tun, was sich gut anfühlt. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes, den es zu finden gilt und dem wir zugestehen dürfen, dass er wertvoll ist. Wir müssen den Mut haben, diesen einzuschlagen. In dem Wissen, dass es der richtige Weg für uns ist und dass wir den widerspenstigen Ideen getrost den Rücken zukehren dürfen.
Doch im festen Glauben, ein bestimmtes Bild abgeben zu müssen, stemmen wir uns gegen Türen, die aus gutem Grund für uns nicht offen stehen. Versuchen Idealen zu entsprechen, die uns aber nicht ent-sprechen. Quälen uns in Rollen, die andere für richtig für uns halten. Leben Träume der anderen und gehen darin völlig unter. Dein perfektes Leben ist für andere unvorstellbar schwierig. Dein mühseliger Alltag, in dem du vor Überlastung einzubrechen drohst, kann für andere ein Kinderspiel sein. Das ist alles sehr indivuduell. Niemand wird je dein Leben fühlen. Ein unfassbar strapaziös anmutendes Leben kann für jemand anderen kein Kunststück sein. Was den einen kräftigt, erschöpft den anderen. Was die eine beansprucht, erfrischt die andere.
Der Leichtigkeit zu vertrauen und die Wege zu gehen, die uns mit fetter Leuchtreklame dazu einladen "hier entlang", wo breite Tore einfach nur durchschritten werden müssten - das ist nicht unser Bild von Leistung. Anstrengend muss es sein. Das ist unser Konzept von Leistung und Anerkennung. Auch uns selbst gegenüber.
Und so enden nicht wenige in Leben, die vor allem eines bedeuten: Stress. Weil Berufe ergriffen werden, die völlig abseits von Neigungen, Interessen und Sehnsüchten liegen. Weil Lebenskonzepte gelebt werden, die vollends neben Herzensbedürfnissen und Vorlieben liegen. Weil Dinge getan und gedacht, gesagt und geglaubt werden, die alles andere als Rücksicht auf die innersten Bedürfnisse nehmen. Wo eine intime Beziehung zu sich selbst vielleicht völlig auf der Strecke geblieben ist, weil wir so beschäftigt damit waren, die Ideen der anderen und nicht die eigenen wahrzunehmen.
Ich mache, was ich will. Das ist auch nur die halbe Wahrheit. Denn auch mich limitieren Strukturen. Aber auch innerhalb dieses restriktiven Gefüges gab es immer eine gewisse Auswahl an Dingen, zu denen ich mich entscheiden durfte. Alternative Beziehungsformen oder der Bruch mit der Mutterrolle sind knapp genannte Beispiele für ein Leben, das schon sehr früh so gestaltet wurde, wie ich es für richtig gehalten habe. Dieses alles, ist alles meins. Es ist meine persönliche Karriere mit mir selbst. So wenig angelehnt an die Ideen anderer wie nötig und auch deswegen so oft über- und gleichzeitig unterschätzt. Es ist die tiefe Liebe zu sich selbst und der Respekt vor dem, was mir gegeben wurde. Eine vertrauensvolle Partnerarbeit mit dem Innern.