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Weiermanns Neueste Nachrichten (KW 48)

Hallo,

da die hochkomplexen Analysetools, die ich für dies Ding hier nutze, ergeben haben, dass ihr am liebsten Newsletter mit persönlichem Touch lest, und ich hier natürlich kompromisslos nutzer*innenorientiert arbeite, verspreche ich euch, dass es nächste Woche eine Geschichte über die heimischen Infrastrukturdebatten zwischen der Frau und mir geben wird. Spoiler: Der Haushalt ist nicht das Problem, sondern die Frage, ob wir im 20. oder 21. Jahrhundert leben wollen.

Aber davon erstmal genug. Letzte Woche ging es hier ja ziemlich viel um die Grünen. Ein bisschen ist der Parteitag wie erwartet ausgegangen. Der Antrag der Grünen Jugend gegen weitere Asylrechtseinschränkungen wurde abgelehnt. Man will die Ampel ja nicht gefährden. Der leichte linke Shitstorm gegen die Grünen löste sich dann in Wohlgefallen auf. Stattdessen dominierte eine lächerliche Debatte über Pizzabestellungen zumindest den Social Media Diskurs über den Parteitag. Mittendrin: mit KI erstellte Fakebilder. 

Grüne Pizzaschlacht und Kanzlerrede (Öffnet in neuem Fenster)

Bei den Grünen und der Kanzlerrede vom “Zentrum für politische Schönheit” war schnell klar, dass die Bilder Fakes sind und viele Leute hatten Spaß mit eigenen Fakes (mich eingeschlossen). Aber gefährlich ist die ganze Geschichte halt schon. Professionelle Medien und ihre Verbände arbeiten zwar an Lösungen, sind aber viel zu langsam. Und es gibt ja auch immer wieder Vorfälle bei Medien, die in Frage stellen, ob Glaubwürdigkeit wirklich bei allen als hohes Gut geachtet wird. Abseits von Medien bieten gerade Deepfakes natürlich unzählige Möglichkeiten für Gruppen, die irgendeine Stimmungsmache betreiben wollen. Wahrscheinlich wäre gut, wenn über diese Aspekte von Künstlicher Intelligenz breiter diskutiert würde.

Wo wir gerade schon bei Digitalgedöns sind: Im Bundestag gibt es ja einen Digitalausschuss. Da wurde am Mittwoch über einen Antrag der Linken für ein Offlinezugangsgesetz diskutiert. Klingt erstmal absurd. Ist aber nicht unwichtig. Über drei Millionen Menschen hier haben gar nichts mit dem Internet zu tun. Und wenn jemand einen Messenger benutzt oder online Pizza bestellen kann, sagt das auch nicht unbedingt viel über den Umfang der persönlichen digitalen Fähigkeiten aus. Dinge wie den Kulturpass für 18-Jährige oder das Deutschlandticket gibt es nur (oder fast nur) in einer digitalen Variante. Das schließt Menschen aus. Dass Anke Domscheit-Berg im Digitalausschuss darauf aufmerksam gemacht hat, ist sehr gut. Dass ihr Antrag abgelehnt wurde, sehr schade. Wer lesen möchte, hier gibts den Antrag (Öffnet in neuem Fenster).

 

Bleiben wir noch einen Moment im Bundestag. Es gibt jetzt wirklich eine Einigung für das Cannabisgesetz und wenn jetzt nichts mehr schief geht, hat ab April niemand mehr ein Problem, der mit ein paar Gramm Gras fürs Wochenende von der Polizei kontrolliert wird. Das ist gut. Ansonsten bleibt das Gesetz arg fehlerbehaftet und Heimgärtner*innen werden sich wohl an der Kultivierung von Cannabis-Bonsais üben müssen, um die legale Erntemenge nicht zu überschreiten. 

Ab April darf gekifft werden (Öffnet in neuem Fenster)

Eine irgendwie gute Nachricht gibt es auch aus Dortmund. 498 Tage nach den tödlichen Polizeischüssen auf Mouhamed Dramé, soll der Prozess gegen fünf Polizist*innen beginnen, die am Einsatz beteiligt waren. Dass es überhaupt zum Prozess kommt, liegt meiner Meinung nach vor allem am öffentlichen Druck, der in diesem Fall besonders groß war.

Prozess 498 Tage nach tödlichen Polizeischüssen (Öffnet in neuem Fenster)

Andere Dinge auf die ich euch aufmerksam machen mag:

Claus Ritter war der Spargelkönig von Bornheim. Im Sommer 2020 streikten rumänische Feldarbeiter*innen (Öffnet in neuem Fenster) auf dem Hof gegen miese Löhne und Unterkünfte. Unterstützt wurden sie von der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU. Nun, Claus Ritter wurde nun unter anderem wegen Betrugs und Unterschlagung verurteilt. Dabei ging es aber nicht um die Arbeiter*innen sondern vor allem um krumme Autodeals. Der Prozessbericht (Öffnet in neuem Fenster) vom WDR ist lesenswert. 

Ziemlich ausführlich berichten (Öffnet in neuem Fenster) die Kolleg*innen vom WDR auch über eine andere Geschichte aus der Justiz. Das Oberverwaltungsgericht Münster braucht eine*n Präsident*in. NRW-Justizminister Limbach soll ziemlich viel dafür getan haben, dass seine bevorzugte Kandidatin den Posten bekommt. Die Opposition fordert deshalb seinen Rücktritt. 

Zum Schluss noch ein Spoiler: Samstagfrüh sitze ich hoffentlich in der Bahn nach Frankfurt. Dort trifft sich “Was tun?!”, das sind die Wagenknecht-Fans, die sich noch nicht sicher sind, ob sie in der Linken bleiben wollen oder zum BSW gehen. Hochkarätige Gäste wie “Porsche Klaus” Klaus Ernst und Sevim Dagdelen werden erwartet. Über Frau Dagdelen und das ganze Parteiprojekt von Sahra Wagenknecht habe ich in der Jungle World ein paar Zeilen geschrieben. 

Bündnis auch für rechte Wähler (Öffnet in neuem Fenster)

Wie es bei den Wagenknecht-Fans in Frankfurt war, könnt ihr Sonntag im nd lesen. 

Ich wünsche euch ein Wochenende mit angenehmen Menschen.

P.S.: Ganz frisch aus dem Lektoratsbüro. Warum ich ein AfD-Verbot gerade für einen guten Schritt halten würde. Ich freue mich über weitere Gegenmeinungen (Öffnet in neuem Fenster).

Letzte Chance Verbot (Öffnet in neuem Fenster)