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Redensarten Nr. 6 - Wenn die lange Hand in festen Händen ist

Liebe Redensarten-Freundinnen und Freunde,

willkommen zu meinem sechsten Newsletter.

Dies ist der dritte Teil meiner kleinen Serie über die Verwendung der Hand in Redewendungen. Heute geht es um die Hand als Symbol für Besitz und Verfügbarkeit und als Symbol für Macht, Einfluss, Schutz und Kontrolle.

Die gebende und die nehmende Hand

Die Hand ist ein Symbol für Eigentum und Verfügbarkeit: Sie ergreift den Besitz und hält ihn fest.

Quelle: depositphotos.com (Öffnet in neuem Fenster)

Entsprechend ist sie in sehr vielen Redewendungen zu finden, die ich hier unmöglich alle aufzählen kann. Wir finden sie schon in Ausdrücken wie “die öffentliche Hand (Öffnet in neuem Fenster)“, also der Staat und seine Organisationen, die Geld einnehmen und ausgeben. Die Hand steht hier für den Besitzer selbst, ebenso in den Redensarten “in andere Hände übergehen (Öffnet in neuem Fenster) (den Besitzer wechseln), “von Hand zu Hand gehen (Öffnet in neuem Fenster) (mehrfach den Besitzer wechseln), “in falsche Hände geraten (Öffnet in neuem Fenster) und “in guten / besten Händen sein (Öffnet in neuem Fenster). Hierher gehört auch die “erste Hand (Öffnet in neuem Fenster)“, "zweite Hand" usw., die nicht nur auf den ersten Besitzer angewendet werden kann, sondern auch auf Informationen, die jemand als Erster erfahren hat (“Das weiß ich aus erster Hand”).

Quelle: depositphotos.com (Öffnet in neuem Fenster)

Dann kann man natürlich auch “die Hand aufhalten (Öffnet in neuem Fenster), also Geld haben wollen, und wenn man es “in die Hände gekriegt (Öffnet in neuem Fenster) hat, dann sollte man “die Hand drauflegen (Öffnet in neuem Fenster)“ oder “draufhalten (Öffnet in neuem Fenster)“, sonst steht man am Ende noch “mit leeren Händen (Öffnet in neuem Fenster)“ (ohne Besitz, erfolglos) da.

Wer etwas “zur Hand (Öffnet in neuem Fenster) oder “bei der Hand (Öffnet in neuem Fenster) hat, der hat etwas griffbereit zur Verfügung und kann es schnell einsetzen. Ganz ähnlich ist “jemanden an der Hand haben (Öffnet in neuem Fenster)“: dann kennt man jemanden, der einem bei einer Aufgabe helfen kann.

Eine Rolle spielt oft auch die Bewertung, die am reinen Wortlaut einer Redensart nicht immer erkennbar ist: Wer z. B. “Geld in die Hand nimmt (Öffnet in neuem Fenster)“, der stellt es für etwas Sinnvolles zur Verfügung - die Redensart ist also positiv. Das Gegenteil wären hier Redensarten wie “das Geld zum Fenster hinauswerfen (Öffnet in neuem Fenster)“ (Geld verschwenden).

Die Symbolik finden wir nicht nur im Alltag wieder, sondern hat auch eine ausgeprägte politische und soziale Dimension, nämlich dann, wenn Geben und Nehmen bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zugeordnet wird. Als Beispiel sei ein Gedicht von Heinrich Heine genannt, einem berühmten Dichter des 19. Jahrhunderts, der das Verhältnis von Geben und Nehmen mit derbem Spott und scharfer Sozialkritik verbindet:

Quelle: commons.wikimedia.org (Öffnet in neuem Fenster)

...

Gott versah uns mit zwei Händen,

Daß wir doppelt Gutes spenden;

Nicht um doppelt zuzugreifen

Und die Beute aufzuhäufen

In den großen Eisentruhn,

Wie gewisse Leute tun –

(Ihren Namen auszusprechen.

Dürfen wir uns nicht erfrechen –

Hängen würden wir sie gern.

Doch sie sind so große Herrn,

Philanthropen, Ehrenmänner,

Manche sind auch unsre Gönner,

...

(zur Teleologie, 1855, Quelle (Öffnet in neuem Fenster))

Die Hand als Symbol für Macht, Einfluss, Schutz und Kontrolle

Dieses Bildfeld vermischt sich mit dem vorigen, denn was man besitzt, hat man auch unter Kontrolle.

Man kann jemanden “in der Hand haben (Öffnet in neuem Fenster), also völlig unter Kontrolle haben und ihn auch unter Druck setzen. Ganz ähnlich: “etwas gegen jemanden in der Hand haben (Öffnet in neuem Fenster) sagt man dann, wenn man belastendes Material über jemanden besitzt und die Person damit erpressen kann. Wenn man dagegen sich selbst nicht “in der Hand hat (Öffnet in neuem Fenster), dann kann man sich nicht beherrschen und wird z. B. schnell wütend.

Was in “jemandes Händen liegt (Öffnet in neuem Fenster), das liegt in seiner Macht oder seinem Ermessen. Ähnlich auch die Aussage “das liegt in Gottes Hand (Öffnet in neuem Fenster) (das können wir Menschen nicht beeinflussen). Wenn man die “Sache in die Hand nimmt (Öffnet in neuem Fenster), dann kümmert man sich selbst darum und übernimmt dafür die Verantwortung.

Dann gibt es noch die "feste Hand" - die Hand, die nicht loslässt. Sie steht für Strenge und Dominanz (“in jemandes fester Hand sein (Öffnet in neuem Fenster), “mit harter / eiserner / fester Hand (Öffnet in neuem Fenster), “eine feste Hand brauchen (Öffnet in neuem Fenster)). Wer dagegen “in festen Händen (Öffnet in neuem Fenster) ist, der lebt in einer festen Partnerschaft in einer Liebesbeziehung oder ist verheiratet. Eine etwas fragwürdige Redewendung, wenn man mal darüber nachdenkt, denn hier werden Menschen sprachlich wie Gegenstände behandelt, die einen Besitzer haben.

Auch die lange Hand symbolisiert Einfluss und hat meist eine negative Nebenbedeutung. Wir finden sie in der Redensart “von langer Hand geplant / vorbereitet sein (Öffnet in neuem Fenster), die man oft dann sagt, wenn man von einem Ereignis überraschend getroffen wurde und dann feststellt, dass es von anderen (mächtigen) Akteuren seit längerer Zeit vorbereitet wurde.

Einfluss, Leitung und Führung kann man auch durch Kombination mit Gegenständen ausdrücken, die man entweder “in der Hand hat (Öffnet in neuem Fenster) oder umgekehrt “aus der Hand gibt (Öffnet in neuem Fenster) (abgibt): “das Zepter (Öffnet in neuem Fenster), “die Zügel (Öffnet in neuem Fenster), “das Ruder (Öffnet in neuem Fenster), “das Steuer (Öffnet in neuem Fenster), “das Heft (Öffnet in neuem Fenster), “die Fäden (Öffnet in neuem Fenster). Das Heft bezieht sich hier natürlich nicht auf das Schreibheft, sondern auf eine alte Bedeutung von "Heft": Es bezeichnete früher einen Griff, speziell den Griff eines Schwertes. Damit wird es zu einer sinnvollen Metapher.

Quelle: depositphotos.com (Öffnet in neuem Fenster)

Die Redensart “alle / die Fäden fest in der Hand haben / halten (Öffnet in neuem Fenster) (alles überschauen und lenken) hat seinen Ursprung wohl im Marionettentheater und da man den Marionettenspieler nicht sehen kann, ist auch die Redensart mit dem Aspekt des Heimlichen verbunden. Daher auch “im Hintergrund die Fäden ziehen (Öffnet in neuem Fenster), die oft einen negativen Nebensinn hat. Gern wird diese Redewendung auch von Verschwörungstheoretikern genutzt, die nicht an Zufälle glauben und einen heimlichen Einfluss von irgendwelchen bösen Personengruppen unterstellen.

Als Letztes sei noch die Redensart “die Hand über jemanden halten (Öffnet in neuem Fenster) (jemanden beschützen) erwähnt. In alten Schriften wird es oft auf Gott bezogen, der die Menschen beschützt. So heißt es in der Bibel, Psalm 139,5: "Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir".

So, das war es für heute. Ich hoffe, die Aufzählung war nicht allzu anstrengend, aber sie zeigt doch, wie vielfältig unsere Hand in Redensarten verwendet wird.

Euer Peter vom Redensarten-Index

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