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#34a Die eigene Immobilie in gute Hände geben

Soweit ich nachfolgend von der "Immobilie" schreibe, handelt es sich um ein Bestandsobjekt, wahlweise das eigene Haus oder die Eigentumswohnung. 

Seit Anfang 2023 wird der Wert von vererbten Immobilien anders berechnet als zuvor – dieser soll sich nun möglichst nahe am tatsächlichen Verkaufswert orientieren. Dies entspricht einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes.
Gerade in einer Phase steigender Immobilienpreise besteht die Gefahr, dass steuerliche Freibeträge nicht mehr ausreichen und Steuern auf den überschießenden Wert anfallen.

Nachfolgend stelle ich dar, unter welchen Voraussetzungen weiterhin überhaupt keine Steuer anfällt und welche vorsorglichen Verfügungen denkbar wären.
Für nichteheliche Partnerschaften wäre ein Heirat der einfachste Weg » steuerrechtlich und erbrechtlich 😉. Natürlich sind sonstige Interessen abzuwägen. Lassen Sie sich Zeit für Entscheidungen ☕.

Das jüngst veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 26.09.23 sorgt bei Erbengemeinschaften für Erleichterung. Lesen Sie mehr im Text unten.

Aber vielleicht wollen Sie die geliebte Immobilie in “gute Hände” geben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Lesen Sie den Post bis zum Ende.

... vererben

Gibt es keine erbrechtliche Regelung (Einzeltestament, gemeinschaftliches Testament, Erbvertrag), kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung.
Insbesondere eine Erbengemeinschaft sollte vermieden werden.

Der Erblasser sollte die Immobilie demjenigen zuwenden, der Interesse an einer Eigennutzung hat.

Wer in die geerbte Immobilie einzieht, erbt steuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 c ErbStG (Öffnet in neuem Fenster). Das gilt für Ehepartner / eingetragene Lebenspartner sowie Kinder. Sie erben unabhängig vom Wert der Immobilie und möglichen Freibeträgen, ohne dass sie Steuern zahlen müssen - allerdings unter strengen Voraussetzungen:

1. Die verstorbene Person muss das Familienheim bis zu ihrem Tod selbst bewohnt haben.

2. Der Erbe bewohnt das Eigenheim nach dem Erbfall selbst - und zwar für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. Bei einem Auszug vor Ablauf der 10 Jahre muss rückwirkend Erbschaftssteuer gezahlt werden. Eine Ausnahme greift, wenn ein wichtiger Grund für den Auszug besteht, etwa wenn der begünstigte Zuhause nicht zurechtkommt und in einem Pflegeheim betreut werden muss.

3. Erbt ein Kind die Immobilie und wohnt anschließend darin, so darf die Wohnfläche nicht mehr als 200 m² betragen, damit keine Steuern anfallen. Ist das Haus oder die Wohnung größer, müssen nur für den darüberliegenden Teil Steuern gezahlt werden und auch nur, wenn der Freibetrag des Kindes (400.000 €) überschritten wird.

4. Erbin oder Erbe muss die Immobilie zum Lebensmittelpunkt machen und darf sie nicht etwa nur als Zweitwohnsitz oder Ferienresidenz nutzen.

5. Die übertragene Immobilien bleibt nur steuerfrei, wenn Erben schnell einziehen - im Regelfall innerhalb von 6 Monaten (vgl. Urteil BFH).
Leerstand vor Eigennutzung wegen Renovierung ist unschädlich, wenn er nachweislich mit der Eigennutzung in Zusammenhang steht.

>>> Der Erbe muss dem Finanzamt selbst den Eigentumswechsel (Änderung im Grundbuch) und die Absicht der Eigennutzung innerhalb von 3 Monaten formlos anzeigen!

... steuerfrei zu Lebzeiten weitergeben

Vielfach ist es besser, bereits zu Lebzeiten eine Immobilie weiterzugeben. Eine Variante ist die Schenkung bzw. die schrittweise Schenkung (in Bruchteilen). Die Begünstigten können so ihre Freibeträge alle 10 Jahre auf's Neue nutzen. Da die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren so sprunghaft gestiegen sind, haben viele Objekte mittlerweile einen Millionenwert. Der Wert eines Eigenheimes übersteigt dann schnell die Freibeträge künftiger Erben.

Bei der Weitergabe zu Lebzeiten werden Ehepaare bevorzugt. Wird die Immobilie selber bewohnt, fällt bei einer Schenkung an Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner keine Schenkungssteuer an. Sie ist unabhängig vom Wert und davon, ob der Partner oder die Partnerin Alleineigentümerin oder Miteigentümerin wird.
Eine Schenkung hat gegenüber der Erbschaft noch einen Vorteil: stirbt ein Partner, kann der andere das Haus oder die Wohnung sofort verkaufen, auch wenn noch keine 10 Jahre vergangen sind. Auch die Eigennutzung ist keine Voraussetzung für die Steuerfreiheit.

Diese Ausnahme gilt nicht für Kinder. Diese können die Immobilie der Eltern nur im Rahmen der steuerlichen Freibeträge (400.000 €) steuerfrei geschenkt bekommen.

Vorsicht ist geboten bei einer sogenannten „gemischten Schenkung“, wenn Gegenleistungen erbracht werden. Die Übernahme einer noch nicht getilgten Grundschuld wäre eine „gemischte Schenkung“ - Schenkung und steuerlich relevante Anschaffung.

In dieser Variante sind die Aspekte der eigenen Absicherung, des Verbleib der Immobilie innerhalb der Familie (bei Scheidung oder Tod des Erwerbers) und erbrechtliche Ergänzungsansprüche zu bedenken.

... verkaufen an Familienangehörige

Vielfach kann es sinnvoll sein, über den Verkauf einer Immobilie an Familienangehörige nachzudenken. Es ist auch möglich Bruchteile zu veräußern.

Der Verkauf ist auch möglich bei gleichzeitigem Verbleib im Haus oder in der Wohnung (Einräumung eines Nießbrauchs oder eines Wohnrechtes).

Gegenleistung für die Übertragung der Immobilie muss nicht unbedingt Bargeld sein. Auch die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum oder lebenslange Pflege sind als geldwerte Gegenleistung denkbar. Es gibt viele Stellschrauben, um für Jung und Alt eine WIN-WIN-Situation zu schaffen. Dies erfordert aber eine offene Kommunikation aller Beteiligten unter fachlicher Beratung.

Der Kaufpreis - auch an Familienangehörige - sollte sich am Wert der Immobilie orientieren, dennoch akzeptiert das Finanzamt in dieser Konstellation eine Minderung bis 20 % des ortsüblichen Kaufpreises.

Bei Veräußerungen an Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, muss keine Grunderwerbsteuer gezahlt werden. Dies betrifft beispielsweise den Verkauf von Eltern an Kindern (einschließlich Stief- und Adoptivkinder) oder von Großeltern an die Enkel.
Die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gilt jedoch nicht für Verkäufe an  Geschwister oder andere Verwandte.

Auch in dieser Variante sind die Aspekte der eigenen Absicherung (Tücken des Nießbrauchs) und des Verbleib der Immobilie innerhalb der Familie (bei Scheidung oder Tod des Erwerbers) zu bedenken.

... gewinnoptimiert selbst verkaufen

Vielfach gibt es keinen Ehepartner oder Familienangehörigen, der Interesse an einer Bestandsimmobilie hat. Die Immobilie steht vielleicht leer und / oder ist stark modernisierungsbedürftig. Der Verkauf der Bestandsimmobilie an den Meistbietenden scheint eine gute Lösung zu sein. Mit dem Erlös lassen sich langgehegte Wünsche erfüllen.

Für den Verkäufer kann es durchaus böse steuerrechtliche Überraschungen geben - durch § 23 EStG Private Veräußerungsgeschäfte (Öffnet in neuem Fenster)

"Spekulationssteuer droht"

Für diese Steuer gibt es keinen festen Steuersatz. Die  Spekulationssteuer ist in der Regel abhängig vom Gewinn und dem persönlichen Steuersatz.  Der Gewinn ergibt sich aus dem Verkaufspreis im Verhältnis zum damaligen Kaufpreis, den Veräußerungskosten sowie den Anschaffungskosten abzüglich Abschreibung.

Wenn die Immobilie mindestens 2 Jahre lang ausschließlich selbst genutzt wurde, ist ein Verkauf ohne Anfall der Spekulationssteuer möglich. Um einen Verkauf steuerfrei zu halten, darf keinerlei Vermietung stattgefunden haben – auch nicht nur tageweise für einen kurzen Zeitraum. Das entschieden nun die Richter des Bundesfinanzhofes (BFH, Urteil vom 27.05.2021, 10 K 198/20). 

Bei Verkauf von Grundstück, Haus oder Wohnung als Kapitalanlage (vermietete Immobilie, nicht zu eigenen Wohnzwecken) gilt eine Spekulationsfrist von zehn Jahren gemäß § 23 EStG.
Wer eine Immobilie 10 Jahre lang vermietet hat und danach die Immobilie veräußert, zahlt keine Spekulationssteuer. Wer eine vermietete Immobilie vor Ablauf dieser zehn Jahre verkauft, muss Spekulationssteuer auf den Gewinn (Spekulationsgewinn) zahlen.

Bei einer Vermietung von unter 10 Jahren muss die Immobilie im Verkaufsjahr sowie den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sein, damit keine Spekulationssteuer anfällt. 

Fallstrick a)
Nicht die Umschreibung des Eigentums auf den Käufer (= Auflassung), sondern der Abschluss der entsprechenden notariellen Vereinbarung (= Kaufvertrag) ist aus Sicht der Finanzverwaltung maßgeblich für die Berechnung der 10-Jahres Frist.

Fallstrick b)
Leerstand zwischen Beendigung der Eigennutzung und Veräußerung des Gebäudes ist unschädlich, wenn der Steuerpflichtige die unbedingte Veräußerungsabsicht nachweisen kann.

... die Rente geht auf’s Haus

Manche Immobilieneigentümer können sich notwendige Instandsetzungen und Modernisierungsarbeiten finanziell nicht (mehr) leisten oder brauchen Geld für den Lebensunterhalt. Gleichzeitig möchte man/frau in der Immobilie wohnen bleiben. 

Für diese Anforderung ist die Übertragung einer Immobilie gegen eine Leibrente denkbar. Anders als bei einem Nießbrauch behält sich der Geber nicht die Mieteinnahmen vor, sondern sichert sich eine Versorgung im Alter über eine vereinbarte Leibrente.

Die Angebote auf dem Markt sind schwer miteinander zu vergleichen. Es gibt nur wenige Anbieter wie Deutsche Leibrenten AG, Caritas Stuttgart oder Stiftung Liebenau oder Privatleute (über den Vermittler HausPlusRente).

Beim Standardmodell werden vom Verkehrswert der Immobilie der Wert des Wohnrechtes für den Verkäufer und weitere Kostenpositionen - wie Instandhaltung - abgezogen. Daraus wird eine lebenslange / befristete Rente ermittelt, eventuell kombinierbar mit Einzelzahlungen (z.B. für Tilgung von Altschulden).

Das Alter bei Vertragsschluss ist entscheidend. Junge Rentner:innen (unter 65 Jahre) können nur mit einer geringen Leibrente rechnen. Frauen bekommen wegen längerer Lebenserwartung weniger. Nutzt ein Anbieter statt der Sterbetafeln des Bundesamtes für Statistik die Sterbetafeln der Versicherungswirtschaft, ergeben sich geringere Renten. Zur Wertsicherung sollte die Rente indiziert sein. "Bei der Leibrente spekuliert der Anbieter auf ein kurzes Leben"

Das Wohnrecht wird durch einen erstrangigen Eintrag ins Grundbuch abgesichert. Da ein Wohnrecht generell nur persönlich gilt und nach Auszug (etwa ins Pflegeheim) nicht weiter genutzt werden kann, sollten Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf das Wohnrecht vereinbart werden. 

Auch die (indizierte) Rentenzahlung muss abgesichert werden - wahlweise über einen Eintrag im Grundbuch (Reallast oder eine Höchstbetragshypothek).

Bei Leibrenten ist jedoch der altersabhängige Ertragsanteil zu versteuern. Es ist also zu unterscheiden zwischen dem gezahlten Barbetrag und dem Ertragsanteil der Leibrente. Der Ertragswert gehört als Renteneinkunft in die Steuererklärung. Der restliche Betrag bleibt steuerfrei.

Lebenslange Leibrenten sind mittlerweile selten geworden. Den Rückgang hat die Bundesaufsicht für Finanzen (Bafin) ausgelöst: Sie verbot einem Anbieter, ohne ihre Erlaubnis gewerblich Leibrenten lebenslang zur vereinbaren. Privatleute oder gemeinnützige Käufer können weiterhin lebenslange Renten anbieten.

Anstelle einer persönlichen Leibrente mit Versorgungscharakter ist auch ein Kaufvertrag mit Ratenzahlung (über 10 - 25 Jahre) möglich. Die monatliche Zahlung mit Zins und Tilgung lässt sich gut als Annuitätendarlehen errechnen (Öffnet in neuem Fenster), sichern und vererben. Der in Raten erhaltene Verkaufserlös für ein selbst genutztes Eigenheim ist steuerfrei. Die Zinsen sind Einnahmen auf Kapitalerlös. Der Eigentumsübergang kann am Anfang oder am Ende erfolgen.
Die Kombination mit Wohnrecht oder Nießbrauch ist möglich.

Auch Mietkäufe sind möglich, in denen die Mieten schon auf einen späteren Erwerb angerechnet werden.

Neutrale Beratung und evt. ein eigenes Verkehrswertgutachten sind anzuraten. Immerhin geht es bei Ihnen um eine der wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens. Die Entscheidung muss immer im Einzelfall wohl abgewogen werden. 

... gemeinwohlorientiert verkaufen

Manchmal lohnt es sich, über eine gemeinwohlorientierte Veräußerung nachzudenken. Vielen Eigentümer:innen liegt etwas an ihren Immobilien. Sie sind z.T. selbst darin aufgewachsen und kennen Ihre Mieter:innen seit vielen Jahren. Nach einem Verkauf wollen sie Haus und Bewohner:innen in guten Händen wissen und vor hohen Mietzinsanpassungen und Verdrängung schützen.

Die meisten Privatleute kennen nur einen Makler als Vermittler zwischen Verkäufer und Käufer. Für sozialverträgliche und gemeinwohlorientierte Hausverkäufe gibt es Anlaufstellen:

· Genossenschaftliche Immobilienagentur Frankfurt am Main eG (GIMA Frankfurt) (Öffnet in neuem Fenster)
· Projekt Häuser Bewegen Berlin (Öffnet in neuem Fenster)
· Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG (Öffnet in neuem Fenster)
· Netzwerk Leipziger Freiheit (Öffnet in neuem Fenster)
· Projekt soziale Nachlassplanung der Wohnbaugenossenschaften Nordwestschweiz (Öffnet in neuem Fenster)

Beim Verkauf an eine Genossenschaft bleibt guter und günstiger Wohnraum erhalten. Die meisten Genossenschaften sind nicht gewinnorientiert. Sie haben zum Ziel, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen. Beim Kauf können keine Höchstpreise geboten werden, aber faire Marktpreise bezahlt werden. Da Genossenschaften nicht spekulativ tätig sind, können sie auf die persönlichen Anliegen des Verkäufers eingehen. Dies ist beim Verkauf an einen Investor oder eine Bank kaum möglich.

Interview mit Robin Mohr von der GIMA Frankfurt (Öffnet in neuem Fenster)

... Spende oder Zustiftung

Manchmal möchten Immobilieneigentümer ohne Erben eine Liegenschaft an eine Stiftung oder gemeinnützige Organisation verschenken oder im Todesfall vermachen.

Für Rentner mit hohem Einkommen könnte eine Schenkung zu Lebzeiten gegen eine Spendenbescheinigung interessant sein. Die Steuerlast sinkt, das verfügbare Einkommen steigt und die Immobilie ist in guten Händen. 

Ein Problem ist die Verwertung der Immobilie. Die wenigsten gemeinnützigen Institutionen haben Bedarf nach einer Liegenschaft oder können diese selbst verwalten. Das führt dazu, dass Schenkung, Erbschaft oder Vermächtnis zu Höchstpreisen veräußert werden muss, um den Stiftungszweck zu erfüllen.
Dadurch wird die Liegenschaft zum Spekulationsobjekt.

Wenn der Spender oder Stifter mit der Liegenschaft emotional verbunden ist oder sicherstellen möchte, dass das Haus mitsamt den Bewohner:innen auch in Zukunft in guten Händen bleibt, dann sollte geprüft werden, ob oder wie die Stiftung oder die gemeinnützige Organisation die Immobilie tatsächlich langfristig nutzen kann.

Ein gutes Beispiel ist die Stiftung Trias https://www.stiftung-trias.de/home/ (Öffnet in neuem Fenster)

Video bei vimeo Boden ist ein Gemeingut: Die Stiftung Trias (Öffnet in neuem Fenster)

Erfahren Sie mehr über das Angebot unter ...
https://www.stiftung-trias.de/haus-in-gute-haende/
https://www.stiftung-trias.de/aktuelles/film-soziale-vermieter/ (Öffnet in neuem Fenster)


Für Fragen oder Beratung stehe ich gerne zur Verfügung.

Angelika Majchrzak-Rummel
Rechtsanwältin, Projektberaterin

https://wonderl.ink/@angelika.maj_rml (Öffnet in neuem Fenster)

Kategorie steuerrechtliche Themen

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