PBN-Labor #1 mit zu vielen Kita-Plätzen
Liebste Prenzletten-Gang,
herzlich willkommen zur ersten Ausgabe dessen, was wir “Prenzlauer Berg Nachrichten, das Labor” nennen. Bonustag und BVG-Streik (dies ist ein Friendly Reminder) sind uns Anlass genug, einfach schon heute durchzustarten.
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, aber vielleicht am neuen Layout erahnen: Die guten, alten PBN werden kernsaniert, und zwar am offenen Herzen und mit Beteiligung des Publikums (das seit ihr). Wir sind auf der Suche nach einer modernen Form des Lokaljournalismus für unser Viertel, und wie eine KI sich das rein optisch vorstellt, könnt ihr oben bewundern (offensichtlich möchte sie als allererstes Otto Dix ersetzen). Wie sich das praktisch gestaltet, gibt’s ab sofort in diesem Newsletter mitzuerleben.
Per Umfrage werden wir uns regelmäßig euer Feedback dazu abholen. Ihr habt schon jetzt was zu sagen? Kritik? Lob? Vorschläge? Themen? Wir freuen uns über alles unter redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de (Öffnet in neuem Fenster).
Jetzt aber in medias res, meine jungen Freunde, wie mein Lateinlehrer zu sagen pflegte. Ab hier erwarten euch
Talk of the Town (worüber man so sprechen wollen könnte, im Schnelldurchlauf)
Ein Artikel zum Knallerthema Kita-Plätze, dass es davon plötzlich mehr als genug gibt, und warum das auch für Leute ohne kleine Kinder interessant ist.
Veranstaltungs-Tipps
Mitreden
Bötzowviertel und Vinetakiez sollen verkehrsberuhigt werden, mit Kiezblocks, die den Durchgangsverkehr ausschließen. Das haben Pankows Lokalpolitiker:innen in dieser Woche beschlossen. So der Plan. In der Realität fehlen dem Bezirk Personal und Geld für die Umsetzung. Vorerst ist er komplett damit ausgelastet, Arnimkiez, Komponistenviertel und Winskiez umzubauen, sagt der zuständige Stadtrat für Stadtentwicklung Cornelius Bechtler (Grüne). In Mitte wurde schon in der vergangenen Woche die Kiezblockisierung des Kastanienkiezes rund um die Zionskirche angeleiert.
Martin Sellner war im November 2023 auch zu Gast bei einem Geheimtreffen der AfD Pankow. Der Rechtsextremist aus Österreich, bekannter Teilnehmer der von Correctiv enthüllten Potsdamer Konferenz, hat bei der Veranstaltung im AfD-Parteibüro in Blankenburg über Fragen diskutiert wie “Wie lang Zeit bleibt uns noch für eine Politik der Remigration, bevor die ethnische Wahl die Demokratie zerstört?“.
Ein Geheimnis war das Treffen auch für einige Mitglieder der AfD: Eingeladen wurde bewusst nur per Mundpropaganda durch “zuverlässige ‚stramme Jungs‘“, wie die taz aus internen Mails zitiert (Öffnet in neuem Fenster). Die Unbeteiligten versuchen nun, sicherzustellen, dass sich sowas nicht wiederholt. Nicht alle Mitglieder der AfD Pankow teilen also Sellners rechtsradikales Gedankengut. Einige aber schon.
Unter Polizeischutz hat der Bezirk am Dienstagmorgen um 7 Uhr 24 Eschen an der Kniprodestraße fällen lassen. (Öffnet in neuem Fenster) Dort soll jetzt ein befestigter Gehweg u.a. für die Schüler:innen der neuen Schuldrehscheibe entstehen. Protestierende Nachbar:innen haben die Allee für kurze Zeit zur bekanntesten Baumreihe Berlins gemacht und waren zu deren Schutz sogar vor Gericht gezogen. Nun wurden die kerngesunden Bäume gefällt, weil das bereits bewilligte Geld für den neuen Weg an Planungen ohne alte Eschen, aber mit dem Pflanzen neuer Bäume gekoppelt ist.
Montag bis Samstag von 8 bis 22 Uhr: Die Bibliothek am Wasserturm hat ab 1. März neue Öffnungszeiten (Öffnet in neuem Fenster), die mit jedem Supermarkt mithalten können.
Der Aldi an der S Greifswalder Straße wird abgerissen und durch einen Neubau ersetz, wo Büro, Gewerbe und unten wieder ein Aldi einziehen soll. (Öffnet in neuem Fenster)
Wochenthema
Prenzlauer Berg hat mehr als genug Kita-Plätze
Worum geht’s?
Immer mehr Kita-Plätze, immer weniger Kinder: In Prenzlauer Berg führt das aktuell dazu, dass rund 800 Plätze nicht belegt sind. Das ist fast jeder zehnte von insgesamt 9565 Plätzen, die für 9625 anspruchsberechtigte Kinder zur Verfügung stehen. Vor zehn Jahren war das Verhältnis noch 8.700 Plätze für 10.655 Kinder (yep, die Statistiken wissen das so genau).
Warum ist das wichtig?
Erstmal sind das für alle mit kleinen Kindern super Nachrichten: Entspannt euch! Aber auch auf anderen Ebenen ist das relevant – und zwar nicht nur, weil damit ein beliebtes Smalltalk-Thema flachfällt („Also ich stand ja auf 78 Wartelisten und habe wöchentlich frische Muffins in die Wunschkita gebracht, und dann mussten doch die Schwiegereltern ein halbes Jahr aushelfen.“).
In den 1990er Jahren wurden in Prenzlauer Berg etwa im Eliashof oder am heutigen Kulturstandort Sebastian Haffner an der Prenzlauer Allee Schulen geschlossen, weil schlichtweg die Kinder dafür fehlten. Zehn Jahre später war die Panik dann groß. In Vierteln mit einer weniger starken Alters-Durchmischung wie zum Beispiel Prenzlauer Berg sind solche Bedarfs-Schwankungen ein besonderes Problem – egal, ob gerade Kitas, Schulen oder Altenheime gefragt sind.
Was bedeutet das konkret?
Eine Kita, die ihre Plätze nicht belegen kann, macht Verlust. Einfach alle Erzieher:innen und Räume für weniger Kinder zu nutzen ist vom System nicht vorgesehen.
15 Kitas betreiben die Kindergärten Nordost in Prenzlauer Berg. Gerade schaue man bei jeder Einrichtung individuell, wo man Räume umbauen oder das pädagogische Profil schärfen könne, sagt Sprecherin Judith Frenz. So möchte man im aufkommenden Konkurrenzkampf um Kinder herausstechen. „Mittelfristig wäre auch eine Schließung von Einrichtungen, die etwa unsere baulichen und damit pädagogischen Standards nicht mehr gänzlich erfüllen, zu überprüfen.“ Von den gut 1900 Kita-Plätzen des Trägers im Stadtteil sind gerade etwa 300 nicht belegt. Neben der sinkenden Nachfrage ist dafür jedoch auch der Personalmangel verantwortlich: Wo Erzieher:innen fehlen, können nicht alle theoretisch vorgesehenen Plätze auch praktisch angeboten werden.
Auch für kleine Kitas hat sich die Lage geändert. Jahrelang habe man bewusst keine Werbung für sich gemacht, um nicht von Anfragen überrollt zu werden, sagt Juliane Scheel vom Kinderladen “Im Känguru”. Nun hängen sie Plakate und setzen auf Instagram, um ihre Plätze zu füllen und damit auch ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.
Im Sommer zieht die Kita nach Ärger mit dem Vermieter (Öffnet in neuem Fenster) aus der Marienburger Straße in neue Räume in der Anton-Saefkow-Straße. “Wir haben noch Plätze frei!”, meint Scheel.
Im Großen hat sich die Lage also entspannt. Alle individuellen Kitaplatzsorgen sind damit jedoch nicht beseitigt. Das Pankower Jugendamt hilft, suchende Eltern und freie Plätze zusammenzubringen, und ist dabei auch offen für Familien aus anderen Bezirken und aus Brandenburg, sagt die zuständige Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD).
„Freie Kitaplätze bedeuten nicht, dass jede Familie einen Platz in der Wunschkita für ihr Kind findet“, meint Tietje. Für Eltern mit Spätschicht, Montessori-Fans oder Kinder mit besonderen Unterstützungsbedarf kann die Suche weiterhin länger dauern. Auch das Alter spielt eine Rolle: „Für Kinder über 3 Jahre sieht die Situation generell entspannter aus als für Kinder unter 3“, so Judith Frenzen von den Kindergärten Nordost.
Wie geht es weiter?
Das große Kita-Sterben in Prenzlauer Berg auszurufen, dafür ist es viel zu früh. Aktuell können wir uns erstmal daran erfreuen, dass Angebot und Nachfrage sich gerade halbwegs die Waage halten.
Auf lange Sicht gilt es jedoch, mit solchen Schwankungen am Bedarf schlau umzugehen. Gerade die nicht besonders beliebten Container-Bauten liefern da eine hübsche Lösung. Sie lassen sich nicht nur schnell demontieren, sondern auch verhältnismäßig leicht umnutzen.
Mitmachen
Sonntag, 03.03., 18 Uhr:
Auch in dieser Woche ist wieder Lichterkette gegen Hass und Hetze, wahlweise in den Kiezen Bötzow, Wins, Helmholtz oder Flora sowie an der Friedensstraße. Um nochmal auf das oben erwähnte Pankower AfD-Geheimtreffen zurückzukommen und Erich Kästner zu zitieren: „Drohende Diktaturen lassen sich nur bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben. Es ist eine Angelegenheit des Terminkalenders, nicht des Heroismus.” @UnsereStraßebleibthell (Öffnet in neuem Fenster)
Dienstag, 05.03., ab 18 Uhr
Mit Freibier eröffnet das neue Lokal in den Bornholmer Gärten namens “Bornholm’s”. Betreiber und Tresen der verdrängten Eckkneipe Höhner’s Eck (Öffnet in neuem Fenster) sollen den frisch sanierten Laden als Garten- und Kieztreffpunkt etablieren. Es folgt eine komplette Festwoche (Programm (Öffnet in neuem Fenster)). Im Alltag gibt es Snacks, Getränke und regelmäßig Partys und Konzerte.
Freitag, 08.03., 17 Uhr
Ein klassisches Konzert, bei dem Kinder ab sechs ausdrücklich zum Mitsingen und Mittanzen eingeladen sind, und das bei freiem Eintritt. Das ist das Familienkonzert mit den Ensemble Rock Barock in der Kulturmarkthalle (Öffnet in neuem Fenster).
So, das war’s für heute. Ist euch aufgefallen, dass der Artikel etwas anders aufgebaut war als normalerweise? Wir überlegen, wie wir Textwüsten für Leser:innen zugänglicher machen können, und fragen uns nun: Wie isses?
→ redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de (Öffnet in neuem Fenster)
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und viele Grüße von
Juliane von den Prenzlauer Berg Nachrichten, die hier noch exklusiv enthüllt, wie es wirklich aussieht in der Onlinelokaljournalismuslaborredaktion.