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Das Licht der Moral 

Wiesbaden am 26.2.2022

Als im Frühjahr 1989 die iranische Führung ein Todesurteil gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdie verkündete, wurde dessen gesamtes Leben, so schrieb er, in das "gleißende Licht einer klaren moralischen Frage" gestellt: Wer war für, wer war gegen ihn und all das, was er über Nacht symbolisierte. Es war ein Test, den nicht alle in der literarischen und sonstigen Welt gut bestanden, viele übten sich in Kulturrelativismus, viele verließ der Mut.

Heute blinzeln wir wieder wegen moralischer Klarheit und ihrer Zumutungen.  Es ist eine Stunde der Bewährung und die Bundesrepublik steht nicht besonders gut da: Wir haben auf russisches Gas gesetzt und die Kriegskassen Putins gefüllt. Korruption und Appeasement bestimmten die Russlandpolitik, Putinversteher tummelten sich auf allen Kanälen und rechtfertigten die Handlungen und Ansichten eines Mannes, der aus seiner Brutalität nie einen Hehl gemacht hat. Wir haben die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine verhindert, helfen weder mit Soldaten noch mit Waffen und geizen selbst bei den Sanktionen. Auf der Bühne der Welt gibt Deutschland gerade Molières Geizigen.  

Putin konnte sogar noch seine neue Yacht aus einem deutschen Hafen in Sicherheit bringen, während unser BND-Chef in Kiew von der russischen Offensive überrascht wurde. 

Die Bundesrepublik, es fällt schwer, es zu schreiben, ist nicht nur militärisch, sondern auch moralisch in einem kläglichen Zustand. 

Solche Momente der Wahrheit eröffnen Chancen: Man sieht klarer. Aus irgendeinem Grund muss ich an die Worte Helmut Schmidts denken, die er in seiner Fernsehansprache am Abend der Entführung von Hanns Martin Schleyer durch die Linksterroristen der RAF wählte. Er sprach von den Tätern: "Sie mögen in diesen Stunden ein Gefühl des Triumphs empfinden, haben aber keine Chance. Denn nicht nur der Staat, das gesamte Volk steht gegen sie." 

Damals war Putin übrigens KGB-Offizier in Dresden und galt als beliebte Rückzugsadresse für die Veteranen der RAF.

Die weltweite Einigkeit in der Verurteilung Putins ist überwältigend. Selbst in Russland gibt es Proteste - was für ein Mut! 

Auch die BürgerInnen Deutschlands handeln,  alle können etwas beitragen. Man kann protestieren, schreiben und spenden. Das System Putin reicht weit in die deutsche Gesellschaft: von Gasprom als Sponsor bis hin zu zahlreichen geschäftlichen Verbindungen, all das kann man offenlegen. Die Energiewende, weg von fossilen Brennstoffen, zieht sowohl Russland wie auch anderen Regimes den finanziellen Stecker. 

Was kann man tun? Der Schriftsteller Saša Stanišić verwies auf diese Seite, die die Möglichkeiten auflistet:

https://gabowitsch.net/stopwar-de/ (Öffnet in neuem Fenster)

Man kann Putin heute noch mit Protesten, mit Geld stoppen und es kommt auf alle an. Es darf nicht schief gehen und kommt auf Deutschland an. Danach stoppt Putin nur noch ein Weltkrieg. 

Einen sehr guten Einblick in das System Putin gibt übrigens das spannende, gut recherchierte Buch "Putins Netz" von Catherine Belton. (Öffnet in neuem Fenster) Ich hatte es schon bei Erscheinen gelesen und viel gelernt - gut, dass es nun auf Deutsch verfügbar ist. 

https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/ttt-titel-thesen-temperamente-video-886.html (Öffnet in neuem Fenster)

Und weil im Kampf für das Gute die Kraft nicht fehlen darf, sei auf dieses Rezept hingewiesen: 

https://www.jamieoliver.com/recipes/chicken-recipes/chicken-kiev/ (Öffnet in neuem Fenster)

Kopf hoch, 

ihr

Nils Minkmar

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