Hinter dem Vorgang

Eine Familie hinter dem Vorhang bei den letzten nervösen Vorbereitungen für einen Gesangsauftritt. Alle tragen Tracht, außer JOHANNES (9), der in einem Salzstreuer-Kostüm steckt. Das Kostüm ist ihm zu groß, er sieht albern aus und guckt auch traurig aus der Streuerkappe.

GRETL (7), die jüngste, stellt sich zu ihrem Bruder.

GRETL: Wenn man dich drehen könnt und schütteln, käm dir dann ausm Kopf Salz raus, Johannes?

JOHANNES schweigt.

GRETL: Ohne Salz, ich kann mir das alles gar nicht vorstellen, die Suppen, die Hendln, Brot.

JOHANNES schweigt.

GRETL: Manchmal, wenn die Mama nicht guckt, leck ich mir den Finger, und dann tunk ich den lecken Finger so in das Salz und dann leck ich mir das Salz von dem Finger ab, Johannes.

JOHANNES schweigt

GRETL: Das mach ich ein paar Mal so und dann muss ich ganz viel Wasser trinken.

JOHANNES schweigt.

GRETL: Griebenschmalz und Schnitzl mit Preiselbeeren und mit Kartoffeln und Verhackertes, mmh. Jetzt denk das mal alles ohne Salz.

JOHANNES schweigt vehement.

GRETL: Manchmal salz ich heimlich Papas Kaffee.

ROSEMARIE: Was flüstert ihr da?

GRETL: Ich hab zu Johannes gesagt, wofür Salz gut ist, aber der redet nicht mit mir.

ROSEMARIE: Hast schon Schnitzl gsagt?

GRETL: Schnitzl auch.

ROSEMARIE: Auch Weltreligionen oder Schule. Ohne Salz undenkbar.

GRETL: Wieso Weltreligionen?

ROSEMARIE: Wieso denn nicht?

JOHANNES seufzt unglücklich.

GRETL wütend Weißt du, Johannes, nur weil du anders bist wie wir, hälst du dich wohl für was Bessres! Ja, tu doch nich so blöd herum, blöder Salzstreuer Blödmann!

ROSEMARIE: Shhht! Mensch!

Das Licht erlischt. Vor dem Vorhang das Rumoren der Zuschauer.

WERNER: Eine Minute.

JOHANNES: Mir ist a bisserl schlecht.

Vorhang auf.