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EXKLUSIV-NEWSLETTER Missbrauchs-Gutachten | 9. Juni 2022

Liebe KLup-Freund:innen,

mit großer Spannung erwarten wir die Veröffentlichung des Missbrauchs-Gutachtens für das Bistum Münster am kommenden Montag. Nach drei Jahren ist es endlich so weit. Für die Diözese, auch für uns, aber vor allem für die Betroffenen ist das ein wahrlich historischer Tag.

Dieser exklusive Newsletter soll euch einen Überlick darüber geben, was wir in den letzten Tagen bereits dazu an Reportagen, Hintergründen und Interviews veröffentlicht haben - und was ihr von uns am kommenden Montag und in den Tagen darauf an aktueller Berichterstattung erwarten könnt.

Um auf die Veröffentlichung des Gutachtens zuzugehen, haben wir in dieser Woche bereits eine ganze Reihe von Beiträge gebracht, die ich euch mit großer Überzeugung ans Herz lege:

Was die Betroffenen erwarten

Martin Schmitz aus Rhede wurde von einem Priester des Bistums Münster missbraucht. Heute gehört er zu einer Selbsthilfegruppe in seinem Heimatort, hat auch in mehreren Fernseh-Beiträgen über seine Geschichte erzählt und ist Sprecher des Beirats der Historiker-Kommission, die das Gutachten für das Bistum Münster erstellt hat. Was diese Arbeit und die Veröffentlichung der Studie für ihn bedeuten, hat er uns im Interview erzählt. Ihr findet es hier. (Öffnet in neuem Fenster)

Mit einer Gruppe von vier Missbrauchs-Betroffenen haben wir ebenfalls gesprochen. Sie sind dabei, ein Netzwerk von Missbrauchs-Betroffenen aufzubauen. In unserem Interview mit ihnen haben sie auch ihre Erwartungen an Bischof Felix Genn und die Bistumsleitung geäußert. Klar ist auch, was sie nicht wollen: "Große Betroffenheitsgesten, Entschudigungslitaneien und ähnliche Phrasen." Das ganze Interview gibt's hier zum Nachlesen. (Öffnet in neuem Fenster)

Wie Gemeinden Missbrauch aufarbeiten

Die Pfarrei St. Gudula in Rhede, zu der Martin Schmitz gehört, stellt sich seit geraumer Zeit ihrer eigenen Missbrauchs-Geschichte. Anlass ist der 2007 gestorbene Kaplan Heinz Pottbäcker, der dort in den 1970er Jahren tätig war und mehrere Minderjährige missbrauchte. Martin Schmitz geht von bis zu 30 Betroffenen allein in Rhede aus. Wie die Pfarrei mit diesen Verbrechen umgeht, wie Betroffene eingebunden werden und wie allmählich Vertrauen gewachsen ist, lest ihr in der Geschichte meines Kollegen Johannes Bernard. (Öffnet in neuem Fenster)

Auch die Pfarei St. Marien in Delmenhorst ist Ort von Kindesmissbrauch durch einen Priester geworden. Auch dort wollen die Engagierten der Gemeinde das Thema wachhalten, indem sie sich fragen: "Wie gehen wir mit der Geschichte um"? Ein Element war eine Plakataktion "Wir leben Kirche anders", (Öffnet in neuem Fenster) ein weiteres ein Gesprächsabend mit einer Frau, die von einem Familienmitglied missbraucht wurde - und sich in der Pfarrei engagiert. Mehr dazu findet ihr hier. (Öffnet in neuem Fenster)

So reagieren Schulen und Internate

Das bischöfliche Internatsgymnasiums Schloss Loburg in Ostbevern (Kreis Warendorf) weiß um Fälle sexualisierter Gewalt in ihrer Schule. Ein Teil wurde bereits aufgearbeitet, ein Teil sollte auf Bitten der Betroffenen nicht öffentlich werden. Dennoch haben sich Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler schon vor einiger Zeit intensiv mit dieser Geschichte auseinandergesetzt - und unter anderem einen eigenen Raum zum Gedenken geschaffen. Mein Kollege Michael Bönte hat sich dort umgeschaut. (Öffnet in neuem Fenster)

Ähnliches gilt für das Internatsgymnasium Gaesdonck in Goch am Niederrhein. Dort gab es zwar nach heutigem Stand keinen Missbrauch, aber prominente Schüler, die später Bischöfe wurden - und mit dem Thema Missbrauch eher unrühmlich in Kontakt kamen. Einer war Heinrich Maria Janssen, später Bischof von Hildesheim. Alle diese bischöflichen Ex-Schüler werden mit einem Bleiglasfenster im Kreuzgang geehrt. Das von Janssen soll nun entfernt werden, fordern jedenfalls Schüler, nachdem sie sich mit seinem Fall beschäftigt hatten. Darüber berichtet unser Niederrhein-Reporter Jürgen Kappel. (Öffnet in neuem Fenster)

Das denkt Experte Klaus Mertes

Wir freuen uns, dass unserer Geschichte über "die Gaesdonck" in Goch die Aufmerksamkeit auch unserer Kollegen von katholisch.de gefunden hat. Sie greifen sie nachrichtlich heute auf. Solche Berichterstattung über unsere Recherchen sind für uns eine wichtige Bestätigung unserer Arbeit - und natürlich auch insofern ein Erfolg, weil sie unsere Arbeit einem breiteren Publikum bekannt machen. Das ist nicht zuletzt beim schweren Thema Missbrauch wichtig. Wir möchten, dass man merkt: Wir berichten gerade jetzt aus vielfältigen Perspektiven, mit einer an der Basis ausgerichteten Perspektive und in größtmöglicher Transparenz.

Dasselbe gilt für ein großes Interview, das ich mit Klaus Mertes führen konnte. Der Jesuit hat mit seiner Veröffentlichung von Missbrauch an dem von ihm geleiteten Canisius-Kolleg in Berlin 2010 die Enthüllung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche in Deutschland gewissermaßen ausgelöst. Bis heute engagiert er sich in diesem Bereich, hat sich eine gewaltige Expertise erarbeitet und hat seiner Kirche auch theologisch fundiert einiges ins Stammbuch zu schreiben. Dieses Interview kann ich nur wärmstens allen ans Herz legen. (Öffnet in neuem Fenster)Auch jenen, die meinen, allmählich müsste es doch auch mal gut sein "mit diesem Thema". Den Beitrag hat die Katholische Nachrichtenagentur aufgegriffen und nachrichtlich in viele andere Redaktionen weiterverbreitet.

Die entscheidende Woche

Drei Jahre nach der Vergabe des Auftrags für eine Missbrauchs-Studie durch das Bistum Münster stellt dann also am kommenden Montag eine unabhängige Historiker-Kommission der Universität Münster ihre Erkenntnisse vor. Anders als die Gutachten der Erzbistümer München-Freising und Köln handelt es sich dabei nicht um eine juristische, sondern um eine historische Untersuchung dessen, wie von 1945 bis 2018 mit Missbrauch durch Geistliche der Diözese umgegangen wurde.

Die mit Spannung erwarteten Ergebnisse werden zunächst einer Gruppe von Betroffenen, dann mittels einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit und schließlich Bischof Felix Genn mitgeteilt. „Kirche-und-Leben.de“ wird tagesaktuell online darüber berichten. Genn will sich nach einigen Lektüre­tagen am Freitag, 17. Juni, zu den Befunden der Studie äußern.

Die mit Spannung erwarteten Ergebnisse werden zunächst einer Gruppe von Betroffenen, dann mittels einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit und schließlich Bischof Felix Genn mitgeteilt. Genn will sich nach einigen Lektüre­tagen am Freitag, 17. Juni, zu den Befunden der Studie äußern.

So berichten wir

Am Montag wird es bei uns ab 10 Uhr einen "Live-Ticker" von der Pressekonferenz geben. So könnt ihr verfolgen, was die Forschenden an Ergebnissen bekanntgeben, ohne selbst dabei sein zu können. 

Im Anschluss wird es eine Zusammenfassung der Erkenntnisse geben. Geplant ist zudem ein Video-Interview mit dem Leiter der Studie, dem Historiker Professor Dr. Thomas Großbölting und womöglich ein kleiner Bericht von der Übergabe des Gutachtens an die Betroffenen und Bischof Felix Genn.

Um 17.30 Uhr findet zudem in der Universität eine öffentliche Veranstaltung statt, in der die Studienergebnisse vorgestellt werden und bei der es Gelegenheit zu Nachfragen geben wird. Wir werden natürlich dabei sein und euch sowohl mit einem Bericht von der Veranstaltung wie auch mit einem Video von Reaktionen der Teilnehmenden auf die Studie auf dem Laufenden sein.

Bis zum Abend werde ich zudem versuchen, die Ereignisse einzuordnen und zu kommentieren.

Natürlich werden wir über Reaktionen berichten, die wir etwa von der bundesweiten Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch", von der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und womöglich von der Deutschen Bischofskonferenz erwarten. Auch aus dem Bistum könnte es erste Rückmeldungen geben - etwa vom Diözesankomitee als höchster Laienvertretung oder von Reforminitiativen wie "Maria 2.0". Das alles werden wir aufbereiten und berichten. 

Fakt ist, dass fundierte Bewertungen der Studienergebnisse auf die Schnelle kaum möglich sind. Von daher kann es bei diesen Reaktionen wohl eher um grundsätzliche Äußerungen zur Studie und womöglich zur Methode geben; anders als etwa die Gutachten für die Erzbistümer München und Köln ist das Münsteraner ja kein juristisches, sondern ein historisches. 

Bischof Felix Genn wird die Studie in den folgenden Tagen gründlich lesen, bevor auch er sich ausführlich dazu äußern wird. Das soll am kommenden Freitag, dem 17. Juni, geschehen. Diese Pressekonferenz wird live ab 10.30 Uhr auch bei uns übertragen. Auch von dieser Termin werden wir ausführlich berichten. Wir erhoffen uns Antworten auf die spannendsten Fragen: Welche Konsequenzen zieht der Bischof aus dem Gutachten - sowohl strukturell-systemisch als auch in Personalfragen?

Es liegen spannende, entscheidende Tage vor uns. Vieles wird viele erneut sehr bewegen, ärgern, verzweifeln - aber womöglich auch zurecht hoffen lassen. Dieses Gutachten ist eine große Chance! Wird sei genutzt werden? Meines Erachtens deutet einiges darauf hin. Wir werden es sehen - und ihr werdet es bei uns lesen.

Gestern gab es kein Wochen-Menü. Der Grund war etwas sehr Entspannendes: Wir haben mit unserem Team einen Betriebsausflug gemacht. Der ist zwar völlig verregnet, tat uns aber dennoch richtig gut. Ich hoffe auf euer Verständnis, dass wir mit diesem "Exklusiv-Newsletter" heute einen großen Überblick über unsere Themen und zugleich unsere Planung geben konnten. "Noltes Notizen" gibt es daher in dieser Woche nicht. Ich denke, es ist das Wichtigste in diesen Zeilen gesagt.

Euch allen vielen Dank für euer Interesse, auch für eure Unterstützung - nicht zuletzt von den neuen KLup-Freund:innen! Wir wünschen uns und euch, dass wir in diesen Tagen einmal mehr beweisen können, wie wichtig unsere Arbeit ist - und hoffentlich auch, wie gut. Empfehlt uns gern weiter!

Guet goahn!

Markus Nolte (Chefredakteur online)

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