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Gespensterbrief #19 - Kollektiv schreiben

März 2024, Rückblick

Rømø, Schreibreise nach Dänemark

Schwarz-weiße Fotografie. Eine schlanke Person steht am Meeresufer.

Die dänische Armee schießt scharf am Strand von Rømø, so dass wir den Zugang an unserem Sommerhaus nicht nutzen können und auch nicht sollten, wenn uns unser Leben lieb ist. Stattdessen besuchen wir den Wald und erkunden die sandigen Hügel, die voll Fichten, Heide und Birken stehen. Und wenn wir dort nicht sind, dann schreiben wir. Deshalb sind wir da. Mit einer Gruppe Autor*innen aus Lüneburg haben wir uns auf den Weg gemacht, um auf der Insel an unseren Texten zu arbeiten, Gespräche zu führen und zu lesen. Ich schreibe aus meinem aktuellen Romanprojekt die Einflüsse einer Person heraus, die meinen Text zu ihrem machen wollte und befreie mich und den Geist des Ursprungstextes. Mitte der Woche gelingt es mir endlich und ich habe die Fassung wieder, die nur meinen Einfluss abbildet.

Wenn ich morgens aufwache, kann ich vom Bett aus das kleine Fenster zum Garten öffnen und die Luft spüren. Nachts regnet es, am Morgen ist alles feucht und gegen elf Uhr klart der Himmel auf. Tagsüber ist es windig und meistens scheint die Sonne. Niemand muss hier Frühstück vorbereiten oder Brötchen holen. Wir stehen auf, wenn uns danach ist und dann werden wir nebeneinander wach. Ich öffne die Vorhänge im großen Hauptraum und lasse Licht in den Wintergarten. Auf der Terrasse ist es kühl, ich kann das Meer riechen. L. bereitet Holz für den Kamin vor, der bis zur Nacht von uns befeuert wird, damit wir nicht frieren.

Die schönste Zeit verbringe ich damit, meinen Figuren eine Geschichte zu schreiben und ihnen Tiefe zu schenken. Auch wenn manche Informationen über sie es gar nicht in den Roman schaffen, so beeinflussen sie doch, wie die Figuren handeln und sich geben.

An den Abenden kommen wir zusammen und stellen einander die Projekte vor, an denen wir arbeiten. Das Feedback der Gruppe ist wertvoll und ich kann Anschlussfragen notieren, von denen mich einige sehr weiterbringen. Wir beschließen, diese Werkstattgespräche auch zu Hause fortzuführen und uns im Anschluss an die Reise monatlich zu Arbeitstreffen zusammenzusetzen.

In der Zwischenzeit hat sich am südlichen Teil des Strandes das Militär zurückgezogen und wir erkunden den menschenleeren Strand. Es war Ebbe und im Sand fand ich ein enormes Stück Sepia-Schulp. Wir lassen ihn dort und Mort wirf ihn zurück ins Meer.

Ein Stück Schulp auf dem Meeresboden.

Zurück im Haus muss ich ständig an das Teil denken und wir machen uns kurz vor Sonnenuntergang noch einmal auf den Weg. Das Teil Premium-Schulp ist inzwischen zerbrochen, stattdessen finden wir unzählige kleine Stücke im Seegras der Dünen. Das Suchen und Finden macht Spaß, wir nehmen nichts davon mit. 2025 wollen wir zum Schreiben nach Schweden fahren. Ich kann es kaum erwarten.

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