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Gespensterbriefe - neu denken und das Netzwerk spinnen

Content Notes: Interessante Spinnenfakten mit echtem Mehrwert für das alltägliche Leben

Auf dem Altar: Brot, Trauben und ein Kelch voll Wein.

Mein liebes Gespenst,
eine andere Zeit hat begonnen. Der Vogel ist tot, hast du ihn gesehen? Während ich in den vergangenen Monaten noch erfolgreich verdrängte, dass bald nichts mehr so sein würde, wie ich es gut habe, gaben sich meine Neuronen nun ein High V. (Und das jetzt erst, obwohl ich mein ganzes Leben in Netzwerken unterwegs bin. Aber~, die Hoffnung in mir ist stark.)

Es ist an der Zeit, diese Briefe, dieses Format zu überdenken. Ich brauche einen poetischen Ort, der safe ist vor den Angriffen feindlicher reicher Dudes. Twitter ist tot, der Vogel ist frei. Und wir sind es auch. Ein Glück. Aber~ schade, es war schön dort. Nun also suchen wir.

auseinanderfallende Netzwerke wie Spinnennetze, durch die man gelaufen, und wir Spinnen nun kurz ohne Heim und Halt

Ich verwandle mich, weil es nötig ist, zu wachsen. Ich schreibe, weil es wichtig ist, zu teilen. Der Verteiler wird ein offeneres Konzept benötigen, die Gespensterbriefe werden nunmehr eine Kategorie bilden. Ich möchte hier nun jene Mikroprosa und Kürzesttexte teilen, die ich ansonsten allein dem Algorithmus schenkte. Das beißt sich mit dem reinen Konzept der Briefe. Und ich lade euch ein, mitzugestalten. Schreibt mir an diese E-Mail-Adresse, von der aus ihr diesen Brief bekommt. Gibt es etwas, von dem ihr gerne mehr lesen oder sehen möchtet? Was interessiert euch? Was fehlt euch? Was braucht ihr? Mehr Kunst und Collagen, eingelesene Texte, Berichte aus dem Scheiballtag, Wortkollektiv-Texte, Einblick in Kulturarbeit? Ich bin offen, ich bin da, und ich freue mich über jeden Menschen, der mitliest und mitgestaltet. Wirklich. Jetzt, wo die Netzwerke fallen, auf denen sich insbesondere Künstler*innen gegenseitig supportet und inspiriert haben, ist es wichtiger denn je, dass wir miteinander sprechen.

Was es auf jeden Fall geben wird

  • Einen neuen Titel

  • Mehr Hexencontent

  • Mehr Verweise und Links zu anderen Künstler*innen und Kolleg*innen, um das Netzwerk weiterhin und mehr zu stützen.

  • Mikroprosa, Kürzesttexte, Lyrik, Tweets

  • Unzusammenhängende Ausschnitte aus den Texten, an denen ich arbeite oder gearbeitet habe.

Vor ein paar Jahren habe ich irgendwo gelesen, Spinnen merken sich, wo es ihnen gefallen hat und darum kommen sie wieder zurück. Man muss sie also ein bisschen verwirren und weiter weg absetzen, wenn man nicht möchte, dass sie zurückkommen.

Es folgt ein Ausschnitt aus einem Text, an dem ich nebenbei immer mal wieder schreibe, wenn ich wütend bin.

Worauf wartest du?

Mika zum Beispiel lebt in ständiger Erwartung eines Ergebnisses. Sie wartet darauf, dass es sich gelohnt haben wird, zu leiden. Sie lebt im Liminal Space. Und sie weiß, dass es so nicht funktioniert, das Leben. Nicht für sie, nicht für viele. Eigentlich für niemanden. Wer mit Sätzen, wie „Wer schön sein will, muss leiden“, „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ und „Wer feiern kann, der kann auch arbeiten“ aufwächst, der wartet unvermittelt immer wieder mal auf den Gewinn. Alle haben das gesagt und ständig wiederholt. Verwandte, Lehrer*innen, die Bibliothekarin, Freund*innen. Mika wartet darauf, dass es einsetzt, das erwachsene Leben mit der unendlichen Ruhe und tiefen Zufriedenheit.

Örks. In ihr regt sich etwas: Unwohlsein und Kotze. Mit dem Wort Zufriedenheit schwappt ein Wohlstandskörpergefühl mit, über dem in gemütlicher Erwartung eines von einer ruhigen Frau herangetragenen Kaffees mit Milch, Zucker und Keks langsam die Hände gefaltet werden. Der Blick schweift umher, streift allen Besitz. Stolz, satt und arrangiert.

So war Mika nie, so wird sie nie sein. So werden auch die meisten ihrer Freund*innen dieser Generation nie fühlen können. Sie erinnert sich nicht an einen Moment in ihrem eigentlich kurzen, aber doch schon langen Leben, in dem sie es hätte schaffen können, in dem sie dachte „Das ist meins, das ist schön, so wird es bleiben.“ In ihr ist es immer ein „Das haben wir jetzt geschafft, nun geht es sofort weiter.“ Und mit „wir“ meint sie eigentlich „ich“, aber weil sie sich nicht in den Vordergrund drängen usw. usf., denn sie hat auch gelernt, dass man nicht angibt. Auch dann nicht, wenn es allen Grund dazu gibt.

Ina Steg (Öffnet in neuem Fenster) hat mich gefragt: Welcher ist dein Lieblingssatz oder Absatz aus einer deiner geschriebenen Kussszenen und warum ist es dieser?

Und ich habe geantwortet: Ich habe weder einen Lieblingssatz noch -absatz, aber ich erfinde einen, der mir jetzt gefällt.

Im Freibad. Wenn du kurz davor bist, dein Calippo-Eis verputzt zu haben und schon die Pappe schmecken kannst, sie sich langsam unter deiner Zung auflöst und die Pappefäden an deiner Oberlippe kleben bleiben, dann ist der beste Moment, den süßen Saft aus der Hülse zu saugen, sie in den Mülleimer zu werfen und dir jemanden zum Küssen zu suchen. Du siehst dich um und entdeckst den Typen, der immer da ist, immer bereit. Du weißt es, du hast ihn schon ein halbes dutzendmal geküsst. Du hängst dir dein löchriges Schwimmbad-Handtuch um die Schultern und gehst über den trockenen gelbgrünen Rasen. Wespen stürzen sich auf zertretene Pommesreste und nuckeln an allem, was herumliegt, nur gerade nicht an dir und dafür bist du kurz dankbar. Du und er, ihr kennt euch seit der 5. Klasse, es braucht nicht viel, um klar zu machen was du jetzt willst. Du hältst seine Hand, er umfasst deinen Kopf und führt seine Stirn an deine. Eure Nasen berühren sich, eine Wespe nervt, du wendest dich ab. Er behaucht deine Wange, leckt dir deinen Hals und saugt sich fest. Du siehst den Himmel, blau und ewig, und mit einer kleinen Drehung schiebst du sein Gesicht vor deines, damit du deine Lippen auf seine legen und ihn am Beckenrand küssen kannst. Er schmeckt nach Chlor und Schokolade, eine hervorragende Mischung, die in diesem Moment gut zu dir passt.

Ein paar Spinnenfacts für alle Leute, die sich auch gerne die wirklich wichtigen Fragen stellen.

ok google machen spinnen pipi?

nein, Spinnen machen nicht so richtig Pipi oder wie jemand auf Reddit sehr hübsch schreibt: they pee semi solids, or rather they poop pee.

Zwar saugen Spinnen ihre Opfer richtig aus (wie Vampire), wandeln ihren Drink aber nicht in Urin um. Stattdessen machen sie daraus Harnsäure (feste kleine Kristalle). Und die flutscht dann mit allem anderen hinten raus. ok google wie sieht spinnenkacki aus?

Obwohl wir sie wohl nie dabei beobachten, denn Spinnen haben einen langsamen Stoffwechsel, machen sie Häufchen. Die Spinnenhäufchen sind matschig wie Vogelkacke und sehen aus wie Farbtupfer, aber eben ganz ganz klein. 💩

Spinnen, sie sind 50% unheimliche Beine und 50% kleine Poopsknödel.

Schwarz-weiß Collage auf schwarz grundiertem Hintergrund. Große runde Blüten machen die Hälfte des Bildes aus. Über den Blüten liegt oder fliegt eine nackte Frau, sie hälte sich an einer anderen großen Blüte fest.

Ein Sommer, wie er sein könnte, wenn. Mixed Media Collage, ca. 21×29, sucht noch ein zu Hause. 🌺

Bis bald, alles wird,
eure Jess

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