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Mehr unabhängige Kultur gegen weniger unabhängige Kultur

Ihr habt es, selbst wenn ihr nur mittelbar betroffen seid, vermutlich mitbekommen: Kulturförderungskürzungen an allen Ecken und der konservative Backlash (Quatsch-Argument: Wir müssen so scheiße wie die Arschpartei sein, um die Arschpartei zu schwächen, helau, alaaf, Kamellen für die Horrorclowns!) sorgen gerade dafür, dass selbst die wenigen unabhängigen Verlage, Kulturorte und Künstler_innen, die sich länger als ein paar Jahre halten konnten, nicht mehr weiterwissen.

Indie-Verlage verlegen nicht mehr bzw. die meisten Indie-Verlage verlegen viel weniger, und die alten Großverlage bestimmen wieder weitgehend allein, was Literatur ist, wer die Preise bekommt, welche Bücher im Laden liegen, was gelesen wird. Ja, ab und zu darf eine Person aus dem Internet durch die Tür, aber es ist jetzt wieder die große Ausnahme.

(Young-Adult-Literatur von TikTok ist noch mal ein anderes Thema, das haben sich die Konzernverlage erstaunlich fix eingerüsselt – der Markt regelt das, aber eben nicht alles, viel Wichtiges würde er, ließe maus ihn, einfach killen.)

Im Netz selbst hat nach den anstrengenden Plattformwechseln auch kaum jemaus mehr den Elan, etwas zu teilen oder zu empfehlen. (Bitte ändert das wieder, wenn ihr nicht ohne Indiekultur leben möchtet.) Das ist für mich auch als Leserin fatal, denn ungefähr zehn Jahre lang konnte ich mich darauf verlassen, ohne mich anzustrengen sehr unterschiedliche Literatur vor Augen geführt zu bekommen. Ich bin kein nostalgischer Mensch, aber es war aufrichtig schön, für eine Weile mehr Nebeneinander von Literatur und Autor_innen zu erleben. Dieses vielfältigere Lesen hat mich und andere zu vielseitigeren Menschen gemacht und ich hätte diese Erfahrung Milliarden Menschen mehr gewünscht.

Nein, ich weiß auch schon lange nicht mehr, aber mache trotzdem weiter, irgendwie: verlege (wenn das Geld wieder für ein neues Projekt reicht), schreibe, veranstalte.

Weiter selbst zu veranstalten, hatte ich mir eigentlich aus gesundheitlichen Gründen verboten, aber wenn kaum ein Ort noch Autor_innen aus Indie-Verlagen einlädt, was bleibt mir übrig. Großverlage haben Marketingbudgets, ich habe Energie (noch ein bisschen zumindest) und Ideen (notorisch zu viele). Deshalb habe ich ein Konzept ersonnen, das Ressourcen spart, weil bei der Veranstaltung keine Honorar- und Reisekosten anfallen. Das Ganze ist eine Art Community-Ding mit maßvoller Selbstausbeutung. Es ist nicht nur für meine Projekte, sondern allgemein in Indie-Kontexten nutzbar.

Vier kleiner Drei – ein Kulturkonzept für mehr Gemeinsinn

Ausgangsüberlegung: Viele Kulturorte haben ein Publikum, das auch überregionale Gäste schätzen würde. Es gibt aber kein Budget für Reise- und Unterbringungskosten, deshalb können diese nicht eingeladen werden.

Gleichzeitig wollen sich viele Autor_innen in Deutschland (und Europa) gern für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt engagieren und auch möglichst vielen Menschen ihre künstlerische Arbeit vorstellen, haben selbst aber auch kein Budget, um Reise- und Übernachtungskosten selbst zu tragen.

Bestimmte Events (Messen, Kongresse, Festivals) sorgen dafür, das viele auswärtige Autor_innen an einem Ort sind. Sie haben dann etwas Bestimmtes zu tun, aber oft auch noch etwas freie Zeit zur Verfügung. Hier setzt Vier kleiner Drei an. Wenn so ein Groß-Event stattfindet, sind die Honorar-, Reise- und Übernachtungskosten der Auftretenden für diesen Tag in der Regel bereits organisiert. Deshalb können Mitwirkende es sich eher leisten, sofern ihr Zeitplan es hergibt, für einen guten Zweck ein weiteres Mal kostenlos im Rahmen einer Vier kleiner Drei-Lesung vor Ort aufzutreten.

Idee: Immer vier Autor_innen schließen sich zu einer Lesung zusammen und lesen an einem Kulturort, dessen Arbeit sie solidarisch unterstützen wollen. Es wird kein Eintritt genommen, damit alle Interessierten kommen können. Ein Spendentopf wird aufgestellt, und wer kann, sollte bitte etwas zahlen, denn die Spenden gehen an den Kulturort.

Die Initiative für eine Vier kleiner Drei-Lesung kann von Autor_innen ausgehen, von Kulturorten, aber auch vom Publikum. Organisiert und durchgeführt wird jede Veranstaltung gemeinsam.

Vier kleiner Drei kann auch gut an bestehende Initiativen, wie etwa Leipzig liest, andocken.

Warum der Name Vier kleiner Drei?

Nicht alles an sozialen Medien ist schlecht. Sie bringen auch Menschen zusammen, die Liebe verteilen. (Wissen/schaft verteilen fällt auch unter Liebe.)

<3, das einfach getippte Herzsymbol, war im Internet das Vor-Zeichen für diese Liebe.

Ein Kleeblatt ist ein gutes Symbol für die gleichberechtigte Vereinigung von verschiedenen Perspektiven, und es sieht außerdem ein bisschen so aus wie vier <3.

Das Vier kleiner Drei-Konzept ist in viele Richtungen erweiterbar. Vier Handwerker_innen, die anderen etwas beibringen. Vier Therapeut_innen, die anderen etwas mentale Entlastung ermöglichen. – Alle Menschen sind herzlich dazu eingeladen, das Konzept zu übernehmen und weiterzudenken.

Vierblättriges Kleeblatt mit <3-Umrissen


Die Vier kleiner Drei-Premiere mit Maryam Aras, Sarah Berger, Sabria David und mir

Die erste Vier kleiner Drei-Lesung (Öffnet in neuem Fenster) am Samstag, dem 30. März 2025, 15 bis 17 Uhr, in der Galerie Palmström in Leipzig ist noch ein bisschen inkonsequent, weil wir die Erlöse aus dem Getränkeverkauf und etwaige Spenden benutzen werden, um Fahrtkosten der extra anreisenden Autor*innen zu erstatten. Auch das Extraanreisen ist inkonsequent. Aber wichtiger als konzeptuelle Konsequenz ist mir in der augenblicklichen Multi-Talsohle, dass ich Autor*innen Sichtbarkeit verschaffe.

Wenn ihr am Samstag in Leipzig seid und zwischen 15 und 17 Uhr Zeit habt, kommt bitte unbedingt zu uns. Euch erwarten nicht nur vier interessante Lesungen, sondern ihr könnt auch Teil sein von einem Versuch, das, was am Internet gut war und manchmal noch ist, ins physische Leben zu übertragen. Früher hieß so was eine Weile lang Twittertreffen.

Nein, rechte Lagerfeuerromantik nicht mit mir, aber eine Runde gemeinsamen guten Lebens jederzeit gerne: Gemeinsinn statt Gemeinsein. Ich freue mich sehr darauf!

(Das Vier kleiner drei-Logo mache ich irgendwann noch ordentlich bzw. bitte ich wie immer, wenn es toll werden soll, Ursula Steinhoff, das Design zu machen. Vielleicht ist es für euch aber auch mal ganz schön, beim Werden zuzusehen. Das war doch eine dieser schönen Sachen am Netz. – Glücksklee wird im Laufe des Jahres auch noch anderswo bei Frohmann ein Thema sein, freut euch darauf.)

Wer mich in Leipzig auf ein Gespräch treffen will, hier alle offiziellen Termine (Öffnet in neuem Fenster). Dazwischen habe ich noch den einen oder anderen Kaffee Zeit.

Schickt diese Folge bitte an andere Menschen weiter und teilt den Link.

XOXO,
FrauFrohmann

#4kleiner3 #lbm25 #lbm2025 #GaleriePalmström #MaryamAras #SarahBerger #SabriaDavid #ChristianeFrohmann #GemeinsinnStattGemeinsein

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