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Gespensterbrief #15

In ihrem Zimmer: Es war rot und blau gestrichen, an den Wänden hingen Poster von U2 und The Smiths, sie sah aus wie Robert Smith von The Cure und ich daneben wie das Mädchen von The Ring.

aus: Lange laut lachen (Öffnet in neuem Fenster), Sukultur Verlag

Schwarz weißes Bild von mir vor einer weißen Tür. Ich trage schwarz, die Haare sind offen und lang.

Hier, nicht, um euch zu verfluchen, sondern um zu schreiben und eine okaye Zeit zu haben.

Mein liebes Gespenst,
erinnerst du dich?

Wir sitzen auf dem weichen Bett und spielen Phase 10. Auf dem Bett in deinem Zimmer, das mal Kinderzimmer war, dann Jugendzimmer und nun ist es ein Gästezimmer. Früher roch es hier nach Emily Erbeer, nun nach dem pinken Fa-Deo aus der Sprühdose und Gauloises. Immer, wenn du zu Besuch kommst, duftet es auch nach deinem Shampoo und wenn du dich bewegst und deine Klamotten rascheln, auch nach dem Weichspüler deiner Mutter.

Wenn du die Karten vor dir ablegst, wackelst du mit den Augenbrauen und ich spüre deine Freude am Spiel, sie lädt den Raum ganz auf. Du zwinkerst mir zu und legst eine Karte ab. Ich spüre meine Wut, sie sitzt in der Mitte meines Körpers und kocht langsam nach oben. Wir nehmen das Spiel beide ernst und gehen voll mit. Meine Schultern werden warm, meine Hände, meine Wangen, meine Ohren. Eine tiefe Falte über der Nasenwurzel, die irgendwann mal so bleiben wird.

„Ich hasse dich.“ Du lachst und schnipst in die Luft wie es die Drag Queen tat, die wir auf dem Kiez trafen und mit der wir über Cocktails und Politik sprachen. „Ich spiele nie wieder mit dir.“

Ich liebe dich, wenn du gewinnst. Du freust dich so lange, bis es kaum noch zu ertragen ist. Zum Trost und als Friedensangebot gibst du uns Pizza aus. Ich hole Wein aus meinem Rucksack, rot und mittelteuer. Morgen reist du wieder ab. Ich will nicht, dass du gehst. Ich will, dass wir immer zusammen sind. Wir unterhalten uns noch etwas über Musik und Gespenster. Im Haus deiner Tante lebt ein Geist. Eine Frau erscheint den Kindern am Ende des Flurs. Wir glauben es nicht und wollen doch im Sommer dort übernachten und uns auf die Lauer legen. Wir lachen beim Gedanken daran, eigentlich nur deiner Tante im Nachthemd zu begegnen und das Spukgespenst dieser Familie zu entzaubern. Wir geben uns um halb drei einen Abschiedskuss. Ich sage "Fahr nicht" und du sagst "Wir sehen uns bald wieder."

Dieser Text wurde so ähnlich zuerst auf dem Comicfestival Hamburg ausgestellt und ist hier nun in veränderter Form erneut erschienen.

Andy Rourke, Bassist der Smiths und dessen Basslines unverwechselbar waren, ist gestorben.

Es ist Freitag, ich bin in Liebe - mit der #BuchmesseHH!

Letzte Woche war ich auf der Performativen Buchmesse (Öffnet in neuem Fenster) auf Kampnagel in Hamburg. Sie wurde grandios von Pajam Masoumi und Alina Buchberger organisiert. Jenseits des Mainstreams - der Begriff lässt sich diskutieren, habe ich gelernt, und darüber will ich nachdenken. Was haltet ihr von dem Begriff Mainstream? - konnten wir Verlage, Magazine und Menschen treffen. Inklusiv und barrierearm haben die Veranstalter*innen eine Lücke gefüllt, in der ich mich als Besucherin willkommen fühlen konnte. Wann kann man das schon behaupten? Ich fühlte mich willkommen. Auf einer Messe. Wissende nicken jetzt mit glasigem Blick und fragen sich, wie kann das sein? Es war eine Messe ohne Bestsellerlisten, Konsumdruck und Nazis. Dafür gab es inklusive Panels und Diskussionen, die die Grenzen der Bühne aufhoben. Man wurde eingeladen, mitzureden und die Mitgestalter*innen wurden nicht müde, immer wieder daran zu erinnern, dass wir alle gemeinsam dort waren und diesen Space auch gemeinsam belegen können. Wow!

Ich durfte viele tolle Menschen treffen, mein Herz schlug einige Male sehr schnell.

Eine Frau steht auf einer Bühne hinter einem Pult und liest vor

Dr. Maha El Hissy eröffnet die Messe mit einem (Anti-)Buchmessen Manifest

Vier Menschen auf einem Podium.

Wer schreibt, der bleibt. Panel mit Jeannette Oholi, Hannah C. Rosenblatt, Stefanie-Lahya Aukongo und Natali Bhalchandra Abhyankar

Christiane Frohmann auf einer Bühne

Christiane Frohmann und die Frage nach Literatur der Zukunft

Mein liebes Gespenst, darf ich dir jemanden vorstellen?

Frau Frohmann schreibt, verlegt, liest und liebt. Sie ist der Frohmann Verlag (Öffnet in neuem Fenster) und die Präraffaelitischen Girls (Öffnet in neuem Fenster). Sie hat diesen Satz gesagt:
"Die Produktionsenergie, welche das eigentliche Kapital meines Verlags ausmacht, ergibt sich aus dem leidenschaftlichen Umgang mit vielen, vielen Menschen. Im Netz und draußen.“ Elektrisch Lesen: Ein Blick in die Werkstatt der Digitalverlage, logbuch-suhrkamp, 10.3.2014)
Und wenn man sie trifft, dann spürt man das. Abonniert bitte alle ihr Magazin NewFrohmanntic (Öffnet in neuem Fenster). Ihr Newsletter hat mir dabei geholfen, die Gespensterbriefe nach langem beinahe fast-Zerdenken zu realisieren. Das habe ich ihr bisher nicht gesagt. Aber nun. Danke. 🖤

Selfie von mir in Spiegel, Sonnenbrille, offenes Haar, Peace-Zeichen

Liebe*r Leser*in,

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Jess & die Gespenster

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