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Antisemitismus im Februar 2025

Der Überfall der Hamas auf Israel hat nicht nur den Nahen Osten erschüttert, sondern auch eine gefährliche Entsolidarisierung mit Jüdinnen_Juden weltweit ausgelöst. In den letzten 13 Tagen des Februars 2025 blieb die Zahl antisemitischer Vorfälle unvermindert hoch.

Statistiken liefern Zahlen, die das Ausmaß antisemitischer Vorfälle messen, doch sie erklären nicht die tiefere Problematik. Was wir in den Zahlen sehen, ist nur ein Bruchteil. Die wahre Dimension des Antisemitismus liegt in den subtileren Formen von Hetze, Relativierung und der Verharmlosung von Gewalt. Indem wir uns mit diesen Erscheinungsformen kritisch auseinandersetzen, schärfen wir unser Bewusstsein für die Dringlichkeit dieses Problems. Es geht nicht nur darum, Vorfälle aufzuzählen, sondern darum, die tief verwurzelten Strukturen in der Gesellschaft zu erkennen und ihnen gemeinsam entgegenzutreten.

Am 15. Februar 2025 meldet die jüdische Gemeinde Wiesbaden ihre Besorgnis über den wachsenden Antisemitismus. Gottesdienste und Feste finden unter Polizeischutz statt, Provokationen beginnen bereits im Kindergarten. Die Mitglieder der Gemeinde fühlen sich zunehmend eingeschränkt in ihrer Religionsausübung. Der Slogan „Nie wieder ist jetzt“ scheint in diesem Kontext für sie nichts anderes als eine leere Floskel. „Es gibt für uns faktisch keine Religionsfreiheit“, heißt es aus der Gemeinde.

Amnesty International bleibt seiner antisemitischen Rhetorik treu. Am 15. Februar 2025 unterstützte die Organisation in Berlin eine “Kundgebung für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel.” In dem Aufruf hieß es: “Die längst überfällige Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ist für die Überlebenden des Völkermords in Gaza und die Geiseln sowie deren Angehörigen ein Hoffnungsschimmer auf Gerechtigkeit.” Fakt ist: Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat in einer vorläufigen Entscheidung nicht festgestellt, dass in Gaza ein Völkermord stattfindet. Israel wurde lediglich aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um mögliche Völkermordhandlungen zu verhindern. Amnesty ignoriert diesen juristischen Rahmen und übernimmt stattdessen die Narrative der Hamas. Dass Antisemitismus für Amnesty International kein relevantes Thema ist, zeigt ein Blick auf die eigene Website. In der Themenübersicht ist Antisemitismus schlicht nicht als Problem verzeichnet, während antiisraelische Kampagnen regelmäßig forciert werden.

A Screenshot of Amnesty-International which is showing the topics, they are in charge of. Antisemitism isn´t one of them. (Öffnet in neuem Fenster)
Quelle: www.amnesty.de

Am 17. Februar 2025 wurde bei der Berlinale erneut ein Antisemitismus-Skandal offenbar. Laut Berichten der »Berliner Zeitung« und der »B.Z.« wurde während der Veranstaltung die verbotene Parole »From the river to the sea, Palestine will be free« skandiert – ein Aufruf, der den Völkermord an den Israelis fordert. Die Parole wurde von Jun Li, dem Regisseur des Films Queerpanorama, verlesen und war Bestandteil eines Briefes des Darstellers Erfan Shekarriz an das Berlinale-Publikum. In diesem Brief, der nach Berichten auch die Anschuldigung gegen die Bundesregierung beinhaltete, Apartheid und Genozid zu unterstützen, hieß es: »Während Sie diesen Film sehen, ersticken Millionen von Palästinensern unter dem brutalen, vom Westen finanzierten, Siedlerkolonialismus Israels.« Der Jubel, der dem Verlesen dieser Aussagen folgte, zeigt eine beunruhigende Toleranz gegenüber einem Ausdruck des Antisemitismus, der eine klare politische Agenda verfolgt.

Am 20. Februar 2025 meldet der RBB, dass die Bildungssenatorin Günther-Wünsch in Berlin Projekte zur Demokratieförderung und Antisemitismusbekämpfung komplett streicht. Die Kürzungen betreffen etwa 100 Initiativen, darunter die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIGA). Die Beratungsangebote für Lehrkräfte in der Auseinandersetzung mit antisemitischen Vorfällen sollen ab dem 1. April komplett gestrichen werden. Dies, obwohl die Nachfrage nach der KIGA-Hilfe aktuell auf einem Rekordhoch ist. Die Bildungsverwaltung will jedoch keine Kompromisse machen und setzt die Sparmaßnahmen trotz heftiger Kritik der SPD und ohne Absprache mit dem Koalitionspartner durch.

Der Linkspartei nahestehende Wissenschaftler erklären um den 20. Februar 2025 in einem Aufruf, dass es ein »Imperativ« der Partei sei, »dass Auschwitz, Verfolgungen, Folter und Völkermorde sich nicht wiederholen«. Doch welche Völkermorde hier im selben Atemzug wie die Shoah genannt werden, bleibt unklar – eine Frage, die vielleicht Ferat Koçak, Direktkandidat der Linkspartei für Neukölln, beantworten kann. In einer Stellungnahme auf dem Portal theleftberlin.com (Öffnet in neuem Fenster) mit dem Titel »Stop The Genocide! Break The Silence!« verbreitet Koçak die zurzeit in linken Kreisen weit verbreitete, revisionistische Behauptung, der jüdische Staat verübe einen Völkermord an den Palästinensern.

Am 20. Februar 2025 meldet die WELT das auf den inhaftierten Schriftsteller Sansal antisemitischer Druck ausgeübt wurde. Im Gefängnistrakt einer algerischen Klinik, wo der 80-jährige Boualem Sansal wegen seiner Krebserkrankung behandelt wird, bekam er Besuch von mehreren Männern, die ihm eindringlich nahelegten, sich einen anderen Anwalt zu suchen – einen »nicht-jüdischen Franzosen«. Ein Anwalt wie Zimeray, der in der Vergangenheit wegen seiner Verbindungen zum jüdischen Staat auf Widerstand stieß, hätte in Algerien vermutlich keine Chance, eine Einreisegenehmigung zu erhalten. In den algerischen Medien wird der Anwalt nun als »Zionist« denunziert.

Am 21. Februar 2025 kommt es zu einem Messerangriff auf einen Touristen am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Der Festgenommene, ein 30-jähriger Mann, habe in Vernehmungen angegeben, seit Wochen den Plan zu hegen, "Juden zu töten". Die Ermittler:innen sprechen von einer religiösen Dimension, da der Angreifer neben dem Messer auch einen Koran, einen Zettel mit Versen aus dem Koran und einen Gebetsteppich bei sich trug. Weitere Hinweise deuten auf mögliche Verbindungen zum Nahostkonflikt hin, was die Staatsanwaltschaft bestätigt. Der Haftbefehl gegen den Verdächtigen ist bereits erlassen worden, die Ermittlungen dauern an.

Sicherheitskräfte in Brandenburg haben am 21. Februar 2025 einen 18-jährigen russischen Staatsbürger festgenommen, der im Verdacht steht, einen politisch motivierten Anschlag in Berlin vorbereitet zu haben. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg und dem Polizeipräsidium Potsdam war das angestrebte Ziel der israelischen Botschaft, wie aus ARD-Informationen hervorgeht. Die Ermittler:innen gehen von einem islamistischen Hintergrund aus. Gegen den Verdächtigen wurde Haftbefehl erlassen.

In Oldenburg wurde am 21. Februar 2025 ein antisemitischer Schriftzug an ein Tor in der Nähe der Synagoge entdeckt. Bei den Ermittlungen stießen die Beamten auf zwei weitere Schmierereien in der Nähe, darunter ebenfalls eine mit antisemitischem Inhalt und eine, die sich gegen die Partei Bündnis 90/Die Grünen richtete. Angesichts der Nähe zur Synagoge und zum Stadtverband der Grünen hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Ebenfalls am 21. Februar 2025 wurden drei Männer in der Nähe der israelischen Botschaft in Stockholm, Schweden festgenommen, weil sie verdächtigt wurden, eine gewalttätige Straftat vorzubereiten. Die Behörden konnten noch nicht bestätigen, ob die Botschaft das Ziel war. Der schwedische Sender TV4 berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, dass die Männer angeblich einen Angriff auf die diplomatische Vertretung geplant hätten.

Steve Bannon, der als Chefideologe von Donald Trump maßgeblich zur Formierung der neuen Rechten in den USA beitrug, hat am 21. Februar 2025 bei der Conservative Political Action Conference (CPAC) in Baltimore, USA, einem der zentralen Treffpunkte der US-Rechten, den Hitlergruß gezeigt. Diese provokante Geste erfolgt nur wenige Wochen nach dem Vorfall mit Elon Musk, der bei der Amtseinführung des Präsidenten mit einem zweimaligen rechten Armheben einen weltweiten Skandal auslöste. Bannon, der seit seiner Zeit im Weißen Haus als geistiger Architekt der extremen Rechten gilt, setzt nun einen neuen Höhepunkt der Provokation und verschärft die Diskussion um die zunehmende Normalisierung rechtsextremer Symbole und Gesten.

In seiner Rede bei der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung am 22. Februar 2025 in München stellte Merz die rhetorische Frage, wo der „Aufstand der Anständigen“ geblieben sei, als in Deutschland Palästinenserfahnen geschwenkt und „From the River to the Sea“-Lieder gesungen wurden. Doch in seiner Aufzählung war ein Begriff besonders problematisch: „Judenfahnen“. Der Ausdruck, der in diesem Kontext die Fahne des Staates Israel meint, verschleiert die historische und politische Dimension der israelischen Flagge. Indem er die Fahne eines modernen Staates mit einer symbolischen Identität von Minderheiten und Diskriminierung vermischt, wird nicht nur die politische Bedeutung verwässert, sondern auch die Zuschreibung von Gewalt und Symbolik entgleist.

Deutschland hat am 23. Februar 2025 gewählt. Eine vielfältiger werdende Gesellschaft bedeutet nicht automatisch eine demokratischere. Der Verlierer dieser Wahl ist die politische Mitte. Die AfD, eine Partei, deren Ehrenvorsitzender die Nazis als bloßen »Vogelschiss« in der deutschen Geschichte bezeichnete, wird mit über 20 Prozent größte Oppositionspartei. »Die Linke« feiert ein Comeback, an das sie selbst nicht geglaubt hatte. Besonders unter migrantischen Wählenden fand die Partei starken Zuspruch. Muslimische Influencer:innen und Social-Media-Aktivist:innen propagierten die Linkspartei als die einzig wahre Alternative. Ihre Haltung zu Israel und zum Nahostkonflikt war dabei ausschlaggebend. So holte Linken-Kandidat Ferat Koçak im Berliner Bezirk Neukölln satte 30 Prozent der Erststimmen. Die Linke hat sich in den letzten Jahren zunehmend als Plattform für antisemitische Überzeugungen innerhalb der muslimischen Gemeinschaft etabliert.

Am 24. Februar 2025 schürt die Union Misstrauen – und verschärft damit die Krise der Demokratie. Statt Lösungen für die echten Probleme zu liefern, geht sie auf Konfrontationskurs mit der Zivilgesellschaft. Wer sich für Demokratie, Menschenrechte und Umwelt engagiert, wird ins Visier genommen. Während soziale Ungleichheit wächst, während Extremismus zunimmt und während die Gesellschaft echte Antworten auf die Herausforderungen der Zeit braucht, lenkt die Union mit einer XXL-Anfrage von 551 Fragen von eigenen Versäumnissen ab. Sie stellt gemeinnützige Organisationen unter Generalverdacht, unterstellt politischen Aktivismus und konstruiert eine Bedrohung, wo keine ist.

In Berlin haben Unbekannte am 24. Februar 2025 eine Hauswand mit antisemitischer Schmiererei versehen – ausgerechnet an einem Gebäude, das auch eine Synagoge beherbergt. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, wurde der Schriftzug „I like November“ in der Brunnenstraße entdeckt. Das „e“ ist verdreht und könnte als „9“ gelesen werden – eine mutmaßliche Anspielung auf den 9. November 1938, den Tag der Reichspogromnacht, an dem Nazi-Schlägertrupps Synagogen zerstörten, jüdische Geschäfte plünderten und Hunderte Menschen ermordeten. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung mit antisemitischem Hintergrund übernommen.

Am 28. Januar ist die Deutsch-Israelin Haya Schulmann, Professorin für Cyber-Sicherheit an der Goethe-Uni, als Interviewpartnerin für den HR eingeplant. In der TV-Sendung „Hallo Hessen“ soll sie per Videoschalte zu ihrem Fachgebiet sprechen. Bei der Tonprobe fragt Moderatorin Selma Üsük nach der Herkunft ihres Vornamens. Schulmann antwortet: „Das ist ein Name aus Israel.“ Reaktion: „Bäääh“ und rausgestreckte Zunge – sagt zumindest die Betroffene. Was danach geschah, ist ein Lehrstück in Sachen Abwiegeln. Haya Schulmann schildert den Vorfall öffentlich, ihr Mann bestätigt es. Der Verdacht steht im Raum, doch Selma Üsük schweigt. Warum? Der HR schweigt ebenfalls. Die beauftragte Anwaltskanzlei? Auch Stille. Offiziell heißt es am 24. Februar 2025, man warte die Untersuchung ab.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, drückt am 25. Februar 2025 die Sorge aus, dass ein Fünftel der Wählerschaft einer Partei ihr Vertrauen schenkt, die nicht nur rechtsextreme Tendenzen hegt, sondern sich auch offen mit den dunklen Ecken des Nationalismus und Neo-Nazismus anfreundet. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sieht in den Wahlergebnissen einen Wendepunkt. Der Judenhass, so Knobloch, hat seit dem 7. Oktober 2023, dem Angriff der Hamas auf Israel, eine beängstigende Dimension erreicht. Es ist eine Entwicklung, die nicht nur jüdische Gemeinschaften betrifft, sondern das gesamte gesellschaftliche Gefüge in Frage stellt.

Ein 31-jähriger Mann hat Anfang Februar per E-Mail eine jüdische Schule in Amsterdam, Niederlande bedroht und angekündigt, drei Kinder erschießen zu wollen. „Was in Gaza passiert, ist falsch“, schrieb er laut De Telegraaf und fügte hinzu: „Ich werde drei Kinder aus eurer Schule erschießen… Ich beobachte schon seit einer Weile. Es reicht. Ihr werdet mit Blut bezahlen.“ Die niederländische Polizei meldete am 26. Februar 2025, das der Mann identifiziert werden konnte, jedoch bisher nicht festgenommen werden konnte, da er sich in der Türkei aufhält.

Am Mittwoch, den 26. Februar 2025 eskalierte ein Protest an der Barnard College, einer Tochterinstitution der Columbia University in New York, USA. Aktivist:innen drangen in ein Gebäude auf dem Campus ein, um gegen die Ausweisung zweier Studierender zu demonstrieren. Diese hatten zu Semesterbeginn eine Vorlesung eines israelischen Professors gestört. Laut der Universitätsverwaltung verletzten die Protestierenden einen Mitarbeiter, der daraufhin im Krankenhaus behandelt werden musste. Auf sozialen Medien kursierten Videos, die die Demonstrierenden zeigen – viele mit Keffiyehs vermummt, tanzend und Trommeln schlagend, während sie unter palästinensischen Fahnen den Flur übernahmen. In arabischer Sprache skandierten sie: „Jeder faschistische Staat muss fallen“ und „Palästina ist arabisch“.

Die jüngsten Zahlen aus dem „Lagebericht Antisemitismus an deutschen Hochschulen“ am 27.Februar 2025 zeichnen ein alarmierendes Bild. Jüdische Studierende sehen sich zunehmend in Gefahr. Seit dem 7. Oktober 2023, ist an Universitäten eine Welle antisemitischer Vorfälle festzustellen. Laut Remko Leemhuis, Direktor des American Jewish Committee (AJC) Berlin, betrifft diese Entwicklung nicht nur Studierende, sondern auch jüdische Hochschulmitarbeiter. Immer mehr jüdische Studierende meiden aufgrund dieser Entwicklungen ihre Hochschulen.

Der vorliegende Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Was er jedoch bietet, ist eine Momentaufnahme nicht nur antisemitischer Vorfälle, sondern auch der zugrunde liegenden Haltungen zu Israel sowie der Dynamiken, die Antisemitismus begünstigen, und der wiederholten Mahnungen jüdischer Menschen, die uns alle zum Nachdenken anregen. Die Recherche basiert auf den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbaren Informationen, doch die Situation ist alles andere als statisch. Ich werde die Entwicklungen weiterhin verfolgen und den Artikel gegebenenfalls aktualisieren.

Wer sich vertieft mit der Thematik auseinandersetzen möchte, dem sei geraten, sich auch mit weiterführenden Quellen und Perspektiven auseinanderzusetzen:

https://www.mena-watch.com/amnesty-international-gaza-genozid-teil-2/ (Öffnet in neuem Fenster)https://www.belltower.news/strategien-was-haben-genozid-vorwuerfe-gegen-israel-mit-antisemitismus-zu-tun-158283/ (Öffnet in neuem Fenster)
Kategorie Antisemitismuskritik

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