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Auch faule Säcke können digitale Nomaden sein

Bitte gib mir jetzt nicht aufs Maul: Ich bin seit 2 Wochen auf Teneriffa. Es sind meistens 19 Grad, die Leute sind nett und das Essen ist gut. Bevor du dir jetzt selbst in den Mund weinst und deabonnierst, behold! Denn vielleicht hast du Bock, sowas wie Workation auch mal zu machen.

Ich muss zugeben: Ich habe mir vorab ein bisschen ins Hemd gemacht. Gereist bin ich schon öfter, auch über längere Zeit. Die beruflichen Sorgen durfte ich dabei aber immer zu Hause lassen (Sabbaticals: 5/5 Sterne, top Ebayer, gerne wieder). Jetzt also wirklich Workation. Zwei Monate lang, auf Teneriffa. Der Testballon, um sowas vielleicht öfter zu machen. Wie schön wäre es, einfach regelmäßig zu verschwinden? Eine unliebsame Jahreszeit zu überspringen, andere Luft zu atmen, eine neue Sprache zu sprechen! Vielleicht sogar für 2 oder 3 Monate – jedes Jahr! 

Meine größte Angst vorab: Vorm Rechner hocken, während das Paradies vor der Nase wartet. Meine zweitgrößte Angst: Gefährliches Schleifenlassen von Dienstlichem, weil alles so geil ist. Die Drittgrößte: Sonnenbrand. Nein, joke: Langeweile. Immerhin kann ich hier keine Freunde treffen. Und das tue ich abends in der Regel doch ziemlich oft.

Bewahrheitet hat sich davon bisher nix. Das liegt vor allem daran, dass Boifriend und ich uns für das Coliving-Modell entschieden haben. Beim Coliving ist alles Nötige an einem Ort: Du lebst in einem eigenen Zimmer in einem großen Haus mit 5-10 anderen Leuten, mit denen du dir einen Coworking-Space und Gemeinschaftsräume teilst. Dazu kommen je nach Coliving ein paar Spielsachen für Erwachsene (Instrumente, Sportutensilien, Games, mit etwas Glück ein Pool oder eine Sauna) und ein Programm, das dir enorm Recherche erspart – Yogakurse, Hikes, Besuche in Bars oder Restaurants, Jam-Sessions oder Impro-Theater. Für manche der schlimmste Alptraum. Für mich absolut fantastisch. Und man staunt: Introverts gibt es hier viele. Sie können ja wählen, wann sie ein- und wann sie wieder aussteigen.

Warum Coliving für mich besser aufgeht als Airbnb


Es ist günstig für das, was es bietet. Obwohl die oben genannten Benefits ziemlich nach 5 Sterne-Ressoirt klingen, sind die meisten Colivings nicht besonders luxuriös ausgestattet. Die Schlafräume sind meist klein und spärlich eingerichtet, Bäder und Küchen werden geteilt. Dafür sind Coworking Space, viele Freizeitaktivitäten und viele Lebensmittel (dank Reste Abreisender, lel) direkt mit inbegriffen.

Die Gäste sind älter und raus aus der Hostel-Phase. Sie sind Ende 20 und (weit) aufwärts – und genau wie du müssen sie ordentlich malochen. Die meisten Menschen, die wir bisher kennengelernt haben, sind wider Erwarten Vollzeit festangestellt. Potenzielle FOMO hält sich in Grenzen.

Es entfällt extrem viel Recherche. Denn deine Hosts kommen von hier, kennen die besten Orte und hängen mit dir im Coliving Space ab. Viele organisieren Aktivitäten oder geben dir eine Million Möglichkeiten und Tipps auf den Weg.

Kurze Pausen sind erholsamer. Statt durch TikTok zu scrollen, gönnst du dir ein 5-minütiges Tischtennismatch, ein schnelles Sonnenbad oder einfach nur sehr ausgedehntes Starren in die Landschaft. Alles andere wäre Frevel.

Generell bist du produktiver. Weil es keine bessere Motivation gibt, seine Scheise schnell runtergeschrubbt zu bekommen, als eine Welt draußen, die du unbedingt entdecken willst. Und gute Leute, die schon ab 16 Uhr langsam mit den Füßen scharren.

Wenn du Bock drauf hast: Google Coliving + Land (oder Insel) deiner Wahl. Viele Colivings lassen sich schon ab 1 Woche Verweildauer buchen. Nicht dein Ding? Mir laddn, dann weißt du jetzt wenigstens Bescheid. Wir sind im Augenblick hier (Öffnet in neuem Fenster) und probieren dann noch ein paar Colivings durch.

News, um am Stammtisch nicht völlig zu versagen

  • Deutschland wollte es dir eigentlich ermöglichen, nervige Behörenscheise wie Wohnsitz ummelden oder Führerschein beantragen digital machen zu können. 2017 hat es versprochen, es bis Ende 2022 geschallert zu kriegen. Gründe: Niemand in der Politik hat so richtig Bock auf das Thema und das Reißen der Deadline hat 0 Folgen für die Behörden. Entsprechend motiviert war man 2017 an die Sache rangegangen. (Deutschlandfunk (Öffnet in neuem Fenster))

  • Meta-Werbetreibende dürfen Werbung nicht mehr nach Geschlecht an Jugendliche ausspielen, sondern nur noch nach Standort und Alter. Auch gelikete Posts und abonnierte Channels bemessen nicht mehr, welche Ads die Teens zu sehen bekommen. (Meta (Öffnet in neuem Fenster) via Social Media Watchblog (Öffnet in neuem Fenster))

  • I have got the fire of hell in my eyes – and it’s ChatGPT. Nick Cave hat einen offenen Brief auf den KI-Chatbot ChatGPT geschrieben. Fans hatten Cave zahllose vom Bot erstellte Lyrics im Stil von Nick Cave geschickt und wie man es von einem Songwriter auf Weltniveau erwartet, fand er sie beschissen. Songs entstünden aus Leid, das der Bot nicht kenne. Nick Cave ist einer meiner absoluten Lieblingsmusiker, aber ich gebe zu, dass ich kurz schmunzeln musste: Sein offener Brief klingt, als hätte man Write an open letter about ChatGPT from a musician's point of view eingegeben. (Crack (Öffnet in neuem Fenster))

  • YouTube will uns aus der Streamingdienst-Fatigue wecken, indem es den One-Stop-Shop für Streamingdienste mimt. Paramount+ und Showtime sind schon dabei, kosten nix, spielen aber Werbung aus. Erstmal nur für die USA wirklich spannend, aber ✨ Augen auf im Datenautobahnverkehr ✨. (The Wall Street Journal (Öffnet in neuem Fenster))

  • Fragt mich nicht, aber ich schaue mir wahnsinnig gerne Stellenausschreibungen an. Nicht zuletzt, um zu checken, ob die New Work-Philosophie in der deutschen Digitalwelt wirklich Einzug hält. Mein Eindruck aus den letzten 3 Monaten: Es sieht alles ein bissl mau aus. Die meisten Modelle sind (wenn überhaupt) hybrid, 3 Tage Home Office und 4-Tage-Wochen werden als revolutionäre PR-Gigs abgefeiert, Gehaltsspannen nennt immernoch keiner, dafür soll man doch bitte aber seine Vorstellung nennen, nachdem man 500 Fragen im Bewerberform beantwortet hat. New Work, where art thou?

  • Hätte Jack überlebt, wenn er auf die Titanic-Tür gepasst hätte? 2023 bringt endlich die erlösende Antwort. Ab dem 5. Februar beweist James Cameron in der Doku Titanic: 25 years later in einem nachgestellten Szenario mit einem Unter­kühlungs­experten, dass Jack auf jeden Fall abgesoffen wäre. (USA Today (Öffnet in neuem Fenster))

Das war die 28. Ausgabe des vollkommen subjektiven Newsletters über Medien, digitales Gedöns und extrem viel Privatleben. Buch mich und Sara für den besten Design Sprint deines Lebens (Öffnet in neuem Fenster), für Strategie oder Mitarbeit (Öffnet in neuem Fenster) oder hör dir einfach ganz lässig meinen neuesten Synth Wave-Banger "Mirage" an!

https://open.spotify.com/track/6pFsMTGp4dMhmbb5QCRgTi?si=0073e771eb4544bf (Öffnet in neuem Fenster)