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Monday Motivation #28

Unkraut im Kulturgarten

»Die Kultur einer jeden Organisation wird geprägt durch das schlimmste Verhalten, das die Führungskraft zu tolerieren bereit ist.« (Gruenert & Whitaker, 2015, S. 36)

Der britische Kybernetiker Stafford Beer (Öffnet in neuem Fenster) hat stets betont: »Der Zweck eines Systems ist, was es tut. (Öffnet in neuem Fenster)« Egal, was wir uns wünschen oder in Hochglanzbroschüren behaupten, wenn am Ende etwas anderes dabei herauskommt, obsiegt eben die normative Kraft des Faktischen. Mit der Kultur verhält es sich ähnlich und als Hommage an Stafford Beer könnte man sagen: »Die Kultur einer Organisation ist das, was wir tun.« 

Oder auch, was wir nicht tun oder versäumen zu tun. Die Bildungsexperten Steven Gruenert und Todd Whitaker stellen treffend fest: »Die Kultur einer jeden Organisation wird geprägt durch das schlimmste Verhalten, das die Führungskraft zu tolerieren bereit ist.« (Gruenert & Whitaker, 2015, S. 36) Kultur muss kultiviert werden, und bisweilen muss die Führungskraft als Kulturgärtner Unkraut jäten.

Der Verfall der Kultur einer Organisation verläuft sonst analog dem Verfall von Stadtvierteln, wie es die beiden Sozialforscher James Q. Wilson und George L. Kelling 1982 in ihrer »Theorie der zerbrochenen Fenster« (engl. »Broken-Windows-Theory (Öffnet in neuem Fenster)«) postulieren: Das erste zerbrochene Fenster in einem verlassenen Haus ist der unscheinbare Auslöser für weitere unschöne und im Endstadium dann kriminelle Aktivitäten. Ähnlich verhält es sich mit der Kultur: Zum Beispiel gesellen sich zu der einen gedankenlos im Besprechungsraum »vergessenen« schmutzigen Kaffeetasse in Windeseile viele weitere, was in kurzer Zeit noch mehr Müll und Unordnung anziehen wird.

Aber Achtung: Die Hölle sind nicht immer nur die Anderen, um Jean-Paul Sartre zu paraphrasieren (Öffnet in neuem Fenster). Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen (Öffnet in neuem Fenster). Und so gilt auch hier die berühmte Inschrift des Apollotempels in Delphi: »Erkenne dich selbst!« Die Kultivierung der Kultur beginnt mit den eigenen Gewohnheiten. Die am Sonntagabend verschickten E-Mails und Einladungen mögen für mich eine sinnvolle Vorbereitung auf die Woche sein, unbewusst sende ich damit aber auch potenziell problematische Signale über erwünschten oder erwarteten Arbeitseinsatz.  

Kultur wird aber nicht nur durch Unterbinden von eigenem oder fremdem Fehlverhalten geformt. Führung beruht mehr auf Nachahmung als Unterordnung. Auch und gerade das gute Vorbild formt die Kultur (Öffnet in neuem Fenster). Insofern lohnt es sich, es den Pfadfindern gleichzutun (Öffnet in neuem Fenster) und etwa den Besprechungsraum sauberer zu verlassen, als man ihn vorgefunden hat. Natürlich hat jeder eigentlich Wichtigeres zu tun, als die herumstehenden Tassen anderer in die Spülmaschine zu befördern. Und eben deswegen fällt es auf, wenn man sich dennoch darum kümmert. Auch das formt die Kultur.

Eine erfolgreiche Woche und einen guten Start in dieses noch junge Jahr 2024 wünscht dir
Marcus

Literatur

Gruenert, S., & Whitaker, T. (2015). School culture rewired: How to define, assess, and transform it. ASCD.

James Q. Wilson & George E. Kelling. (1982). Broken Windows. The Police and Neighborhood Safety. The Atlantic Monthly. (PDF (Öffnet in neuem Fenster))

(Öffnet in neuem Fenster)

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Kategorie Monday Motivation

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