Monday Motivation #29
Career Limiting Moves
In Japan gibt es die schöne Kunstform »Kintsugi (Öffnet in neuem Fenster)«. Bei dieser traditionellen Reparaturmethode wird zerbrochene Keramik mit einem Lack geklebt, in den Gold‑, Silber- oder Platinpulver gemischt wurde. Anstatt die Bruchstellen bestmöglich zu kaschieren, werden diese hervorgehoben. Der Makel wird als wichtiger Teil der Historie des Objekts betrachtet und in der einzigartigen Unvollkommenheit wird die eigentliche Schönheit gesehen.
Dieser Perspektivenwechsel in der Wahrnehmung von Unvollkommenheit lässt sich auf unseren Umgang mit Fehlschlägen übertragen. Sehen wir in einer nicht geradlinigen Karriere oder einer gescheiterten Geschäftsidee einen Makel, den wir verbergen wollen? Oder sehen wir darin eine wichtige Erfahrung, die zu unserer einzigartigen Persönlichkeit beiträgt und die wir stolz hervorheben?
Ich würde mir wünschen, dass wir das Scheitern als wesentlichen Schritt in unserer Entwicklung begreifen und nicht als Schicksalsschlag. Und ich würde mir wünschen, dass wir neben all der Ingenieurskunst und Perfektion auch den Mut haben (Öffnet in neuem Fenster), mit dieser Haltung den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.
Die Realität scheint mir jedoch eine andere zu sein. Mein Wechsel von maximaler Freiheit (und mitunter Chaos) in unserem kleinen Start-up in die überregulierte und entmündigende Konzernwelt im Jahr 2015 ging einher mit allerlei Anpassungsschmerzen (Öffnet in neuem Fenster). Unter anderem lernte ich dort den Begriff des »Career Limiting Move« kennen. Es scheint ganz so, als gäbe es (gar nicht mal so wenige) Menschen, für die das Leben in hierarchischen Organisationen eine Art Schachspiel ist. Taktisch gut gewählte Züge beschleunigen die Karriere und schlechte bedeuten Stillstand oder gar Abstellgleis. Also gilt es, die Worte und die Kämpfe klug zu wählen, Konkurrenten auszuschalten und geeignete Verbündete zu suchen. Die Organisation wird zum Schachfeld und der eigene Aufstieg zum eitlen Maß der Dinge.
Mich motiviert aber nicht der Aufstieg, sondern der Fortschritt. Mir ist es wichtig, mit meiner Arbeit etwas zu bewirken. Und das bedeutet für mich insbesondere, eine andere Perspektive einzunehmen, von außen auf eine Organisation zu blicken, Fehlstellungen zu erkennen und anzusprechen. Auch und gerade, wenn das nicht opportun ist und bisweilen zu Brüchen im Lebenslauf führt.
Aus dieser Haltung heraus bezeichne ich mich als Agile Coach auch als Hofnarr (Öffnet in neuem Fenster), der mit einer gewissen Narrenfreiheit den Mächtigen den Spiegel vorhält, das System konstruktiv irritiert und so zum Nachdenken anregt. Insofern ist der Begriff »Career Limiting Move« doch wieder zu etwas gut, nämlich als KPI für gepflegtes Rebellentum: mindestens ein solcher Move pro Woche! Und mit diesem Beitrag habe ich mein Soll für diese Woche erfüllt.
Eine gute Woche wünscht dir
Marcus
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