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Wie ich aus meiner Foto-Krise ausbrach

Oktober 2022. Jeden Tag stapfte ich mit vollem Akku und leerer Speicherkarte durch Berlin und langweilte mich selbst. Fotografieren fühlte sich an, wie den geilsten Burger im Kiez zu essen, und den Geschmack von nichts im Mund zu haben. Ich sah keine interessanten Motive mehr, oder anders ausgedrückt: Die Magie hatte sich verdrückt. 

Vielleicht, weil ich gute Fotos erzwingen wollte. Das ganze Jahr war ich diszipliniert täglich mit dem Apparat unterwegs, gönnte mir keine Pause und fotografierte eisern, bei Regen, Schnee und brütender Hitze. Doch als der Herbst anbrach (der sich wie ein verlängerter Sommer anfühlte), spürte ich in mir keinen Funken Lust mehr.  

Es dauerte zwei Wochen, bin ich realisierte, in einer Fotokrise zu sein. Ich unternahm etwas, das ich nur in Ausnahmefällen tue – und das ich dir am Ende dieses Textes verrate. 

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Zehn Tage später stand in der U-Bahn ein fein gekleideter Mensch direkt vor mir. Sein grauer Hut, der karierte Kittel und die schwarzen Lederhandschuhe brachen mich zum Schmunzeln. Ich konnte nicht anders, zückte mein Handy und machte eine Aufnahme:

Ich erfreute mich des Bildes und vergaß den Moment. Doch als ich am nächsten Morgen mit der Bahn zur Arbeit fuhr, fielen mir erneut interessante Szenen zu, ohne, dass ich das gewollt hätte. 

Ein fliegender Mantel, der die Treppe hinunter flatterte.

Hände, die so wirkten, als hätten sie sich miteinander abgesprochen. 

Unterwegs bearbeitete ich die Fotos und wandelte sie in Schwarzweißaufnahmen um. Ich mochte den zeitlosen Charakter dieser Momente und verliebte mich ein bisschen in den Prozess, mit dem Handy flüchtige Momente festzuhalten.

Am darauffolgenden Wochenende machte ich meine erste Fototour, setzte mich in die U-Bahn und ließ mich von Moment zu Moment treiben. Ich sah einen Menschen, der in seiner Tasche etwas suchte.

Strahlenförmige Schatten, die sich über die Beine zweier Bahn-Passagiere legten. 

Dies sollte der Anfang einer neuen Begeisterung für die Fotografie sein, die völlig ungezwungen und frei von Selbstdisziplin zu mir gekommen war. Niemals hätte ich damit gerechnet, über diesen Weg zurück zu meiner Leidenschaft getragen zu werden.

Das fotografische Learning

Was hatte ich unternommen, um aus meiner Fotokrise auszubrechen? Gab es einen Trick? Einen Lifehack, eine supersmarte Idee? Nein.

Mitten in meinem Burnout hatte ich mich dazu entschieden, unbefristeten Fotourlaub zu machen. Keinen Urlaub mit, sondern von der Kamera.

Zu Beginn fühlte es sich ein bisschen komisch an, Abends nach der Arbeit am Schreibtisch die Kamera liegenzulassen, doch nach ein paar Tagen stellte sich Erleichterung ein.

„Geil“, dachte ich. „Diese Pause tut mir gut!“.  Und so kam die Fotografie zu mir zurück, ohne dass ich dies geplant hatte. Es fühlte sich leicht, ungezwungen und überraschend einfach an.

  • Wenn du nächstes Mal nicht mehr weiterkommst, obwohl du so oft fotografierst, wie du kannst: Ziehe in Erwägung, eine Pause zu machen. Manchmal kommt auf diesem Weg die Kreativität zurück.