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Chinas Wirtschaft spielt nach neuen Regeln

Auf den ersten Blick kriselt es in China. Doch Xi Jinping hat einen größeren Plan. Ich erkläre dir, was der neue Systemwettstreit für Deutschland bedeutet.

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Xu Jiayin war zuerst einer der Gewinner:innen von Chinas Aufstieg zur Weltmacht. 1958 mitten in eine der schlimmsten Hungersnöte hineingeboren, gründete er 1996 einen Immobilienkonzern mit einem schicksalhaften Namen: Evergrande. China brauchte Wohnraum, und Evergrande lieferte ihn. Millionen von Wohnungen in 280 chinesischen Städten. 2020 erzielte Evergrande einen Umsatz von umgerechnet etwa 67 Milliarden Euro. Das ist ungefähr so viel wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Luxemburgs im selben Jahr. Und Xu Jiayin? Der war jetzt ein crazy rich Asian, mit einem Vermögen von umgerechnet 42 Milliarden Dollar.

Bis die Kommunistische Partei Chinas den Stecker zog.

2020 beschränkte sie zum ersten Mal die Verschuldung chinesischer Immobilienkonzerne. Das war das Todesurteil für Evergrande. Der Konzern war ein gigantischer Schulden-Schneeball, der alte Schulden mit neuen Krediten bezahlte. Ein Jahr später war Evergrande zahlungsunfähig.

Der Sturz von Evergrande machte offensichtlich, was sich schon seit Jahren abzeichnet: Chinas wirtschaftlicher Höhenflug ist vorbei. Chinas BIP dümpelte 2024 bei 2,5 Prozent, weit unter den Zielen, die sich die Regierung gesetzt hatte. Ein Fünftel der jungen Chines:innen ist derzeit arbeitslos – offiziell. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich höher. Die Konsumneigung ist auf einem Rekordtief, genau wie die Geburtenrate (derzeit bei 1,2 Geburten pro Frau).

Trotzdem sagte Xi Jinping 2021, im Jahr der Insolvenz der Immobilienfirma Evergrande: „Der Osten erhebt sich, der Westen fällt.“ Diese Aussage ist mehr als nur Propaganda. Ja, China hat Probleme, daran zweifeln nicht mal chinesische Parteikader. Chinas Staatschef hat trotzdem das ganz große Ziel im Blick: ein starkes, weitgehend autarkes China bis 2049, dem 100. Geburtstag der Volksrepublik. Was in Europa kaum jemand begreift: Xi will nicht bloß mehr E-Autos, Solaranlagen oder Mikrochips verkaufen. Er will eine Neuauflage des System-Wettstreits, und er ist fest entschlossen, diesen zu gewinnen. Die aktuelle Wirtschaftslage ist für ihn bloß der Wachstumsschmerz.

Ich habe hier für Krautreporter (Öffnet in neuem Fenster) aufgeschrieben, was der neue Systemwettstreit für Deutschland bedeutet. Normalerweise sind alle Texte bei Krautreporter hinter der Paywall, aber für dich habe ich diesen Text für 12 Stunden freigeschaltet.

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