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Was Mädchen mögen, finden alle anderen aus Prinzip scheiße.

von Anna Jandrisevits

Als ich vor Kurzem auf dem Harry Styles-Konzert war, fühlte ich mich so wohl, wie in kaum einem anderen öffentlichen Raum. Ich war umgeben von tausenden Menschen, die lachten, tanzten und weinten. Ebenjenes Publikum wird von anderen oft als „hysterisch“ betitelt: Harry Styles mache ja nur Mainstream-Musik für kreischende Teeanger-Mädchen, so gut kann das gar nicht sein. Die Ansicht ist nicht neu, aber sie war schon immer misogyn. Alles, was Mädchen und queere Personen mögen, wird vom Rest der Gesellschaft nicht ernstgenommen.

Das beginnt schon bei der Farbe Pink. Margot Robbie, die bei der Pressetour zum Film "Barbie" logischerweise durchgehend pinke Outfits trug, solle doch lieber Kleidung anziehen, die zeigt, dass in ihrem Kopf mehr als Plastik steckt, schreibt ein australischer Journalist.

Ein Dutzend anderer Artikel hinterfragt den Erfolg von Taylor Swift. Wie füllt eine junge Frau die größten Stadien der Welt, warum sprengt ihr Ticket-Vorverkauf das Internet? Sie macht Musik, mit der sich andere junge Frauen identifizieren können, sie behandelt Themen, die ebenjene beschäftigen. Wieso ist das weniger wertvoll?

Als Jugendliche war ich großer Fan der Boyband One Direction. Wie oft wurde sich über Mädchen wie mich lustig gemacht, wie oft wurden wir als hyperventilierende Kinder mit peinlichem Musikgeschmack abgestempelt? Dabei hatten wir auch ein Recht auf Musik, die an uns gerichtet ist, die uns ein Gefühl von Gemeinschaft und Sicherheit gibt. Auf One Direction-Konzerten hatte ich nie Angst vor unangenehmen Blicken oder sexuellen Übergriffen. 

 Aber wer eine vorwiegend weibliche, junge Zielgruppe bedient, wird prinzipiell belächelt, egal wie erfolgreich. So ging es auch den Schauspieler*innen der Twilight-Saga, einer der bekanntesten Fantasy-Filmreihen aller Zeiten, besonders beliebt bei jungen Frauen. Ich erinnere mich noch genau an die abertausenden Memes, die die Liebesgeschichte jahrelang ins Lächerliche zogen, während all die grauenhaften Actionfilme mit zig männlichen Hauptdarstellern und fünf Fortsetzungen immer eine Daseinsberechtigung hatten.  

 Was Buben und Männer mögen, ist einfach cool. Wenn sie bei Konzerten oberkörperfrei in Moshpits zusammenstoßen, sieht das geil aus. Wenn sie in Kryptowährung investieren, nennt man sie ehrgeizig. Wenn sie in Fußballstadien grölen und jedes Foto von Christiano Ronaldo liken, ist das leidenschaftlich. Im Gegensatz zu jedem noch so harmlosen Hobby einer jungen Frau: Wenn wir reiten, sind wir nervige Pferdemädchen, wenn wir uns schminken, sind wir oberflächliche Zicken.

 Diese Misogynie haben viele Mädchen und junge Frauen unbewusst internalisiert und tun alles, um den Stereotypen nicht zu entsprechen. Wir legen unsere Interessen ab, haben keine Hobbys mehr, versuchen nicht „mädchenhaft“ zu sein, nur damit uns irgendwann auffällt, dass auch das nichts bringt. Am Ende sind es nicht die Interessen oder Hobbys, sondern wir als Personen, die man ablehnt.

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