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Was in deinem Gehirn passiert, wenn du eifersüchtig bist

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: über Babys, Affen und Eifersucht.

Auf einer Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 7 (sehr verärgert) – wie würdest du auf folgende Situationen reagieren?

  1. Dein Partner/deine Partnerin kommentiert vor dir, wie attraktiv er/sie eine Person des anderen Geschlechts findet.

  2. Dein Partner/deine Partnerin ist sehr interessiert/sehr aufgeregt, wenn sie mit einer speziellen Person des anderen Geschlechts redet?

  3. Dein Partner/deine Partnerin lächelt eine Person des anderen Geschlechts sehr freundlich an.

  4. Eine Person des anderen Geschlechts versucht ständig, sich deinem Partner/deiner Partnerin zu nähern.

  5. Dein Partner/deine Partnerin flirtet mit einer Person des anderen Geschlechts.

  6. Dein Partner/deine Partnerin umarmt und küsst eine Person des anderen Geschlechts.

Das ist ein kleiner Ausschnitt aus der sogenannten Multidimensionalen Eifersuchtsskala. Dass dort immer von Personen des anderen Geschlechts gesprochen wird, liegt am Original. Natürlich könnte man den gleichen Test auch umformulieren für alle, die nicht auf andere Geschlechter stehen.

Die Skala (Öffnet in neuem Fenster) stammt auf dem Jahr 1989. Wissenschaftler:innen wollten damit bestimmen, wie eifersüchtig jemand ist. Denn – wie so viele Gefühle – gibt es bei Eifersucht ein weites Spektrum: von gar nicht eifersüchtig, über etwas eifersüchtig, bis pathologisch, also krankhaft, eifersüchtig.

Dreimal ging es in diesem Newsletter schon um Liebe:

Heute also geht es um Eifersucht. Irgendwo auf dieser Skala tauche auch ich auf. Und das macht so überhaupt keinen Spaß. Es gibt kaum ein Gefühl, bei dem ich mich noch während ich es fühle, so darüber aufrege, dass ich es fühle. Eifersucht kann einen zermürben. Die einen fressen das Gefühl in sich rein, andere fahnden in den Chats des Partners oder der Partnerin nach Beweisen dafür, dass er oder sie fremdgeht. Und viel zu oft führt Eifersucht dazu, dass Männer (oftmals sind es Männer) aggressiv und gewalttätig werden. 2019 (Öffnet in neuem Fenster) wurden 301 Frauen und 93 Männer von ihren Partnern und Partnerinnen getötet.

Was ist Eifersucht überhaupt?

Obwohl Eifersucht schon in den ältesten Theaterstücken eine Rolle spielt und auch der Fragebogen oben schon vor über 30 Jahren erschienen ist, weiß man erstaunlich wenig darüber, was genau im Gehirn passiert, wenn wir eifersüchtig sind. Ein paar Dinge weiß man aber doch. Vorher aber eine kurze Definition. Was ist Eifersucht überhaupt?

Wissenschaftler:innen schaffen es, alltägliche Gefühle sehr kompliziert auszudrücken. Demnach (Öffnet in neuem Fenster) ist Eifersucht „eine Wahrnehmung der Bedrohung durch den Verlust einer geschätzten Beziehung zu einem realen oder eingebildeten Rivalen, die affektive, kognitive und verhaltensbezogene Komponenten umfasst.“ Ich würde sagen: Wir haben Angst davor, jemanden zu verlieren. Und das fühlt sich richtig scheiße an.

Auch wenn wir bei Eifersucht meistens an romantische Beziehungen denken, ist das Gefühl nicht auf solche beschränkt. Schon kleine Kinder im Alter von sechs Monaten werden ungehalten, wenn ihre Mutter sich anderen Babys widmen. In einem Experiment (Öffnet in neuem Fenster) ließen Forscherinnen der Texas Tech University in Lubbock Mütter eine realistische Puppe streicheln, ihre Babys mussten zugucken. Die ignorierten Kinder weinten und verzogen das Gesicht. Wenn die Mütter lediglich ein Buch lasen, kam es deutlich seltener zu Wutanfällen der Babys.

Die allermeisten Studien zu den neurobiologischen Vorgängen der Eifersucht wurden bisher an Präriemäusen durchgeführt. Das sind sozial monogame Nagetiere. Und ein Großteil der im Westen lebenden Menschen lebt eben genauso: monogam. Um näher an die Gehirnstrukturen des Menschen heranzukommen, untersuchten Wissenschaftler:innen stattdessen die Auswirkungen von Eifersucht bei Primaten. Genauer gesagt bei Kupfertitiaffen – einer monogamen Spezies, die eine ähnliche Einstellung zu romantischen Beziehungen hat wie der Mensch.

Eifersucht ist sozialer Schmerz im Gehirn?

In ihrem Experiment (Öffnet in neuem Fenster) machten die Wissenschaftler:innen männliche Titi-Affen eifersüchtig, indem sie ihre Partnerinnen in Sichtweite neben ein unbekanntes Männchen stellten. Die Partnerinnen in der Kontrollgruppe wurden einfach neben andere weibliche Affen gesetzt. Dann haben sie alle Interaktionen 30 Minuten lang gefilmt und anschließend Gehirnscans und Hormonmessungen durchgeführt.

Sie fanden heraus, dass die männlichen Affen in der „Eifersuchtsbedingung“ eine erhöhte Aktivität im cingulären Kortex aufweisen. Beim Menschen wird diese Region mit sozialem Schmerz in Verbindung gebracht. Außerdem war das laterale Septum aktiv, das beim Menschen mit der Paarbindung in Verbindung gebracht wird. Es sieht so aus, als ob das Gefühl der Eifersucht stark mit dem Gefühl der sozialen Ablehnung verbunden ist. Und die wiederum ähnelt im Gehirn sehr die Reaktion auf tatsächlichen, physischen Schmerz. Eifersucht tut also weh, buchstäblich.

Die eifersüchtigen Männchen wiesen auch erhöhte Werte der Hormone Testosteron und Cortisol auf. Cortisol ist ein Indikator für sozialen Stress. Das Level war bei denjenigen am höchsten, die die meiste Zeit damit verbrachten, ihre Partnerin neben einem fremden Mann zu beobachten.

Gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen?

Zurück zum Menschen. Wie so oft in der Hirnforschung hilft es, Gehirne von Patient:innen anzuschauen, bei denen bestimmte Hirnregionen verletzt wurden. Es gibt Berichte (Öffnet in neuem Fenster) über Schlaganfallpatienten, die eine besondere Form der Eifersucht entwickelt haben, das sogenannte Othello-Syndrom, benannt nach einem Shakespeare-Stück. Bei diesem Syndrom beschuldigen Menschen ihren Ehepartner fälschlicherweise der Untreue. Alle Patienten, die das Othello-Syndrom hatten, hatten zuvor Schlaganfälle und eine anschließende Funktionseinschränkung des rechten frontalen Kortex.

Welche Hirnregionen bei Eifersucht im Gehirn aktiv sind, hängt offenbar aber auch vom Geschlecht ab, wie japanische Forscher:innen 2006 herausfanden. Und deshalb scheint es auch Unterschiede darin zu geben, wie Männer und Frauen auf Eifersucht reagieren.

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