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"Die Wiederholung ist nicht mehr getreu, sondern verräterisch, verschoben, verzerrt, enteignet ..." - Zur Nutzung des Archivs in audiovisuellen Produktionen

Was heißt es, in und mit Rundfunkarchiven zu arbeiten - damals wie heute? Welche Tücken ergeben sich beim Einsatz von Archivmaterial in TV-Dokumentationen? Wie produzieren sie Ausschlüsse? All das und viel mehr im heutigen Text am Freitag.

Das Zitat in der Überschrift stammt aus einem Text von Hito Steyerl mit dem Titel "Politik des Archivs"[1] (Öffnet in neuem Fenster). Sie bezieht sich auf Thesen von Gilles Deleuze in dessen Werk "Differenz und Wiederholung". Dieser postuliert, es gäbe 3 Formen der Wiederholung - die des Selben, des Ähnlichen und des Neuen. Letzteres entsteht immer, setzt man Archivmaterialien, sei es Musik, Fotos oder Bewegtbild, in audiovisuellen Produktionen ein. Es handelt sich immer um die Produktion von etwas, das es vorher nicht gab - durch ein Neu-Zusammensetzen des Archivierten. Insofern hat sich ein winziger Ausschnitt der Wirklichkeit danach verändert.

 Solche Produktionen arbeiten am Leitfaden von allen 3 Geltungsansprüchen Habermas': propositionale Wahrheit oder deren Reflektion z.B. in der Fiction, normative Richtigkeit auch im Verzicht auf explizite Urteile, ein selbst ein normativ gehaltvoller Move, und expressiver Wahrhaftigkeit - man meint, was man sagt und zeigt - oder auch dem Spiel rund um Authentizität oder die Zurückweisung ihrer Möglichkeit im Medialen. Zusehende und Produzierende machen Erfahrungen mit den Bildern, die eine andere ist, je nachdem, wie Bild- und Tonfolgen auf der Timeline arrangiert werden. Archiv stellt immer präexistente Ordnungen des Wissens, von Ästhetiken, Modi des Inszenierens und der Interpretation von In-der-Welt-Sein bereit.

ZUR ARBEIT MIT UND IN ARCHIVEN, GESTERN UND HEUTE

 Ich habe unzählige Stunden meines Lebens mit Archivmaterialien verbracht; kaum eine TV-Produktion, an der ich beteiligt war, kam ohne aus. Am intensivsten nutzten wir Archive, vor allem die der ARD-Anstalten, bei der Produktion der am Mittwoch hier im Newsletter thematisierten Dokumentationsreihe "Pop 2000" (Öffnet in neuem Fenster).

 Die Archivare des SFB gingen zeitweise nicht mehr an das Telefon, wenn sie unsere Nummer auf dem Display erkannten. Die damalige Archivzuständige Nicole Kraack schob regelmäßig große Einkaufswagen von schweren Beta SP-Cassette (Öffnet in neuem Fenster)n, ein in den 90ern gebräuc hliches Videoformat, vom WDR-Archivhaus in die Krebsgasse direkt um die Ecke. Dort befand sich unser Büro. Die Bänder verschickten wir auch in großen Kisten nach Hamburg. Dort saß ein anderer Teil der Redaktion.

Man legte die Cassetten  in Bandmaschinen ein, die aussahen wie größere Tape-Decks. Die Bänder hatten in etwa die Größe von Din-A-4, nicht ganz so breit und ungefähr so dick wie eine Zigarettenschachtel mit 20 Stück darin. Man konnte sie auf die Seite, nicht hochkant, hintereinander in Reihen wie Dominosteine auf dem Boden aufstellen; tatsächlich kippten sie auch um wie diese, wenn man gegen das erste Band stieß. Auf dem Laminat des Schnittplatzes in Neu-Ehrenfeld standen viele Reihen dieser Beta-SP-Bänder; man ließ uns mit Originalbändern aus dem WDR-Archiv schneiden, weil die Kopierkosten sonst zu hoch gewesen wären. Klar, wir ließen sie eindigitalisieren. Der Prozess erfolgte damals in Real-Time. Es gibt Fotos, da Nicole Kraack sich auf die lange Reihe auf den Seiten aufrecht aufgestellter BETA-SP-Bänder legt, die Reihe länger als sie, liegend, und dabei posiert wie ein Supermodel.

 Heute bekommt man kurze und lange Filmchen per Datentransfer zugeschickt oder kann direkt im ZDF-Archiv sich das digitalisierte Material anschauen. Damals sichteten wir auch noch ältere Videoformate wie z.B. U-Matics, in den 80ern gebräuchlich, deren Bilder allmählich zerfielen, "krisselten", sich auflösten. Anders als die Filmrollen mit Aufnahmen aus den 60er Jahren, die uns zum Teil erst noch auf Video überspielt werden mussten. Im DRA-Archiv in Babelsberg legte mir eine wundervolle Frau diese Filmrollen aus DDR-Zeiten direkt in die Apparaturen ein. Ihr Vater hatte einst die aufwändigen Puppen-Animationen für das DDR-Fernsehen inszeniert. Da konnte ich auch eine dieser liebevoll gestalten Trickfilm-Produktionen zu "Mr. Patton aus Manhatton" anschauen, einer realsozialistischen Adaption von Bill Haleys "See you later, Alligator".

 Im WDR-Archiv fand ich, als ich eigentlich nach "Halbstarken" suchte, Erstaunliches: eine ganze Reihe von Filmen über Messerstecher. Damals stachelten nicht etwa "Asylbewerber" die Empörung an. Das Ziel bildeten "Südländer", Italiener, mit ihrem "überschäumenden Temperament"; sinngemäß. Menschen, die sich nicht so unter Kontrolle hatten wie, die zum Teil direkt oder indirekt zum außerordentlich diszipliniert organisierten und exekutierten Holocaust beigetragen hatten. Italiener selbst kamen kaum zu Worte. Sie dienten als Objekt der Berichterstattung einer sich selbst als sauber, ordentlich und anständig behauptenden Mehrheitsgesellschaft - fast identisch mit den heutigen Debatten. So wiederholt sich, Deleuze folgend, oft auch das Ähnliche - wenn nicht gar dasselbe.

DIE LOGIK DER ARCHIVE UND DER ARBEIT MIT IHNEN

 Michel Foucault fasst in seinem Werk "Die Archäologie des Wissens" das Archiv "als das allgemeine System der Formation und der Transformation von Aussagen". Setzt man, was sehr reizvoll sein kann, historische Off-Texte ein in neue Arrangements auf Timelines, so nutzt man diese Funktion des Archivs. Die Bilder als solche zeigen nur etwas; etwas, das gerade zu Zeiten des Films vor der Erfindung der Schmalspurkameras selten situativ, immer schon inszeniert war. Der Aufwand rund um das Material Film, auch die Kosten, hätten solche Bilderfluten gar nicht ermöglicht, wie sie heute in sozialen Medien zirkulieren. Die Bilder zeigen somit auch Vorinterpretationen im "Mise-en-scène".

 Sie in neue Arrangements einzufügen, interpretiert dann die Interpretation - als Beleg, als ästhetisch anregend Eigendynamik entfaltend, als Illustration einer Aussage. Der Wahrheitsgehalt entsteht erst, wenn gesagt wird "das ist wahr"; also dann, wenn sprachlich eine Relation zwischen Satz und Sachverhalt hergestellt wird und verschiedene Modi der Verifizierung und Rechtfertigung mobilisiert werden.

 Oder auch nicht. Manche checken ihre Quellen gar nicht - es finden sich in öffentlich-rechtlichen Produktionen z.B. Ausschnitte aus Spielfilmen zur Judenverfolgung im 3. Reich, die Filme als Originalquellen aus der Zeit behaupten. In lockeren, mit dramatischer Musik unterlegten Passagen. Die immer wieder neu eingesetzt werden. Weil sie irgendwann in einer Dokumentation nicht als "Real Footage" ausgewiesen sich präsentierten und in endlos recyclenden Dokus erneut auftauchen.

 Dass diese Bilder Vor-Interpretationen sind, gerade Sequenzen aus dem Nationalsozialismus, die auf propagandistische Wirkung zielten, reflektieren die sie Nutzenden oft nicht. Es existiert eine ARTE-Doku zu Hannah Arendt, in dem als Beleg für die Propaganda totalitärer Systeme Reden von führenden Nazis in erstaunlicher Länge hineingeschnitten werden. Unkommentiert. Sie sollen von selbst erschreckend wirken. Wie viele Menschen längst wieder bereit sind, den Aussagen zuzustimmen, wird dabei völlig ignoriert.

 Insofern ist das Archiv als System von Aussagen im Sinne Foucaults und deren Transformation auch im Falle von Bildern nicht nur falsch. Weil die kommunikativen Prozesse im Kontext ihrer Produktion in ihnen sichtbar bleiben oder indirekt erschlossen werden können. Dennoch führt die Reflektion ihres Einsatzes zu Transformationen anhand rationaler Kriterien; solchen, die häufig allerdings auch ausbleiben.

 

HISTORISCHES ARCHIV ZEIGT DIE OFT SICHT VON DOMINANZKULTUREN

 Dieses Neuarrangieren von Archivschnipseln, mit oder ohne interpretierenden und so oder so ästhetisierenden Musikeinsatz, findet Eingang in "Mainstream-Medien" ebenso wie in die Kunst. Die eingangs zitierte Künstlerin Hito Steyerl arbeitete viel mit Archivmaterialien und reflektiert diesen Materialeinsatz theoretisch belehrt in vielen Essays rund um ihr Werk. Einer dieser Texte, "Paläste der Erinnerung. Dokumente und Monumente - Politik des Archivs"[2] (Öffnet in neuem Fenster), widmet sich "History & Memory" von Rea Tajiri (1991). Ein Film über die Internierung japanischstämmiger Amerikaner in den USA zu Zeiten des 2. Weltkriegs. Der Film konfrontiert die offizielle Produktion von Geschichte in audiovisuellen Produktionen mit dem individuellen Gedächtnis derer, die zu ihrem Objekt gemacht wurden. Wie die Italiener in den "Messerstecher"-Berichten des WDR in den 60ern. Auch die Eltern von Rea Tajiri wurden interniert. Sie arrangiert in ihrem Film allerlei populäre Quellen, Wochenschauen, die über die Internierungen berichten - Propaganda- und Spielfilme wie jene von John Ford und Krimis mit Spencer Tracy, auch "patriotische Musicals". In all diese dringen Interpretationen von Japanern als "enemy aliens" ein. Die befragten Zeitzeugen haben manches lieber gelöscht aus dem eigenen Gedächtnis:

 "Während die Zeugen an Amnesie leiden, wird kollektive Gedächtnis durch Kriegspropaganda verzerrt. Beide Formen von Gedächtnis widersprechen einander nicht nur, sie bilden auch kein kohärentes Ganzes".[3] (Öffnet in neuem Fenster)

 Mir fielen einige aktuelle Beispiele der Bildproduktion wie auch des Arrangements von Archivquellen ein, in deren Fall Erinnerungskämpfe in publizistischen und tatsächlichen Schlachten toben, wer nun bestimmt, was kohärent sei und welche Bilder dabei legitimerweise Einsatz finden dürfen.

 

EXKLUSION DURCH ARCHIVE

 Foucault Thesen zu durch das als Archiv als System ermöglichten Folgeaussagen erweist sich hier als insofern zutreffend, dass das Fehlen von sie stützenden Bildern in Archiven bestimmte Aussagen auch gar nicht erst zulassen. Die immense Bedeutung von James Baldwin, René Aguigah arbeitet das in "Der Zeuge" hervorragend heraus (Öffnet in neuem Fenster), verdankt sich auch dem, dass Interviews mit ihm und Dokumentarfilme über ihn relativ früh produziert wurden und somit audiovisuelle Quellen existieren, auf die Bezug genommen werden kann. Hannah Arendts Ruhm verdankt sich auch dem legendären Interview mit Günther Gaus. Eine aktuelle Absurdität der Wirkung und auch Wirkmacht audiovisueller Quellen zeigt sich darin, dass viele Autor*innen, allen voran Susan Neiman, ganze vermeintliche "Beweisführungen" in der Kritik darauf stützen, dass sie sich eine Diskussion zwischen Michel Foucault und Noam Chomsky auf Youtube angesehen haben.

 Die Selektion dessen, was überhaupt in Archiven auftaucht, weil es als relevant und zeigbar galt, reproduziert immer neue Ausschlüsse. Weil im schlimmsten Fall auch noch die Quellen derer, die herabwürdigten, quälten und ggf. vernichteten, die einzigen sind, die es überhaupt gibt. Wiederum mag das "3. Reich" hier als Beleg dienen, und die ganzen blau- und cognacfarbenen Reenactments in Knoops Filmen zu Hitlers Helfern, Frauen und Hunden haben da auch nichts verändert. Die fiktionale Reihe "Holocaust" schon.

 Eine Public Domain-Quelle mit vielen Bildern aus der Zeit, die auch "History and Memory" schildert, wie auch bis in die 70er Jahre hinein ist das Prelinger-Archiv. Zumindest kann ich von mir behaupten, zur Avantgarde jener zu gehören, die solche zeitgeschichtlichen Quellen mit Musikgeschichte in Dokumentationen verwoben haben. Zu Zeiten von "Pop 2000" war das noch nicht üblich.

 Bestimmte Bilder aus dem Prelinger-Archiv haben wir häufig eingesetzt, z.B. zu Martin Luther King oder "Race Riots" wie auch zum Greenwich Village in den 60ern fanden wir dort. Viel mehr existiert oft auch gar nicht.

 So taucht regelmäßig in Dokumentationen über Queers vor Stonewall ein fürchterlich homophober Film aus dem Prelinger-Archiv als einzige Quelle aus der Zeit auf (Öffnet in neuem Fenster).

Als habe es nicht auch James Bigood gegeben, den zu lizensieren allerdings viel Geld kostet, oder Kenneth Angers "Scorpio Rising (Öffnet in neuem Fenster)", vielen vermutlich zu radikal. Nicht zu vergessen die Erotik-Filme von Bob Mizers (Öffnet in neuem Fenster)"Athlethic Model Guild". Dazu gibt es aber eine sehr schöne Dokumentation mit dem Titel "Beefcake".

 

OUT OF THIS WORLD

 Für eines meiner aktuellen Filmchen bei Youtube (Öffnet in neuem Fenster) - die Texte hier sollen ja mit den Filmen dort und bei TikTok einen wechselseitigen Kommentar ergeben - habe ich einen scheinbar harmlosen Werbefilm von General Motors aus dem Prelinger-Archiv recyclet. Dieser heißt "Out of this world" (Öffnet in neuem Fenster) und tarnt sich als eine Zukunftsschau, die einer "anständigen Hausfrau" in einem Kino präsentiert wird. Der Film beginnt mit scheinbar visionären Darstellungen technischer Errungenschaften und ihrer Möglichkeiten - die wirtschaftliche Nutzung des Meeresbodens, der Antarktis, des Weltraums, die Bewässerung von Wüsten für in Luxus lebende Städter.

 Die Bilder sehen teilweise aus wie aus der Serie "Twilight Zone (Öffnet in neuem Fenster)", aber in Farbe, oder Science Fiction-Produktionen aus jener Zeit. Der Film endet in der Küche. In die Frauen zu jener Zeit als eben dort hin gehörig behauptet wurden; der Ofen, ein Quell der Freude, um Gatte und Kinder zu bespaßen. Das Verhältnis zu den Küchengeräten präsentiert der Film als latent erotisch aufgeladen. Ich habe versucht, diesen seltsamen Kontrast aus in eigentümlicher Ästhetik inszenierten Zukunftsvisionen und der Absurdität der Traumküche für die beglückte Ehefrau herauszuarbeiten. Um sie zugleich, teils unter Zurhilfenahme von Quas-KI (richtige ist es nicht, weil sie nicht lernt) aus der Musikproduktionssoftware Logic Pro 11, sie realisiert, das, was einst als Zukunft galt, mit eigener Musik zu unterlegen. Aus Bastelfreude und auch Erstaunen angesichts der Originalquelle.

 Bezeichnend ist auch bei diesem Film, was fehlt. Es gibt keine schwarzen Menschen (und wenn, würden sie als Personal auftauchen). Die Technik dient der heterosexuellen Kleinfamilie in ihrer sauberen Vorstadt. Alles blitzrein, kein Elend, keine Armut, aber ein prall gefüllter Kühlschrank. In den Zukunftsvisionen fehlen Menschen. Das sieht man Satelliten und Fahrzeuge in der Antarktis, Apparaturen am Meeresboden, aber niemand, der arbeitet. Würden heute in ähnlichen Produktionen solche Themen behandelt, dann sähe man vermutlich diverse, aber schick gekleidete und gut frisierte Menschen mit Computern, Messgeräten oder Reagenzgläsern hantieren. Die Stock-Footage-Datenbanken sind voll davon. Aber bestimmt nicht jene, die in Minen Rohstoffe gewinnen oder die Ikea-Küchen herstellen.

DAS ABWESENDE IN DEN BILDERN

Medien muss man auch ohne jede Verschwörungstheorie, da erscheint das auch, immer auf das abklopfen, was abwesend in ihnen ist, will man die Wirklichkeit verstehen.

 Hito Steyerl gehört zu den Pionier*innen derer, die dazu audiovisuelle Gegendiskurse starteten. Mark Terkessidis arbeitet das in einem aktuellen Text treffend heraus. Er beschreibt, wie in den 90er Jahren viele sich mühten, alternative Archive anzulegen.

 "Für die Forschung zu Rassismus etwa gaben die historischen Archive kaum etwas her; sie hatten kein Wissen über Rassismus; die Dokumente waren in völlig anderen Rubriken zu finden oder die entsprechende Archivierung oder Sammlung war gar nicht geleistet worden. Diese Arbeit des alternativen Dokumentierens war Tätigkeit im eigentlichen Sinne, ein schwieriger Vorgang des Verbindens, Suchens und Ordnens. Hito Steyerls frühe Filme sind solche alternativen Dokumentationen. (...) In DIE LEERE MITTE betont Steyerl, sie wolle eine „Tradition verlorener Prozesse begründen“ und „dem Namenlosen einen Namen geben“." (Öffnet in neuem Fenster)

DIE LEERE MITTE ist ein 70minütiger Film über den Potsdamer Platz. Er thematisiert all die getilgte Historie rund um und inmitten dieses Platzes in den verschiedenen Phasen seiner Historie:

"[Hito Steyerl] behandelt nicht nur die vielschichtigen nationalen und ethnischen Grenzen- und Grenzziehungen, die hier verhandelt und wahr wurden, sondern sie folgt einer Linie von Macht- und Ausbeutungsverhältnissen quer durch die deutsche Geschichte. Von den frühen Zollgrenzen Berlins über Bismarcks Reichsgründung zur Kongokonferenz von 1884 bis in die sogenannten goldenen 1920-Jahre, überall findet die Künstlerin anschauliche Beispiele dafür, dass ständig Grenzen entstehen oder dass dort, wo Grenzen fallen, sofort neue aufgebaut werden. Nicht zuletzt geht es ihr um die vielen unsichtbaren Grenzen, die in Diskriminierungen, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zum Ausdruck kommen." (Öffnet in neuem Fenster)

Ein Nicht-Ort in geschichtsvergessener Architektur entsteht, der all dieses zum Verschwinden bringt ...

 In anderen Erzählformen, so gar nicht künstlerisch credible, wie ich an der HfBK erfahren durfte, versuchten wir in vielen Produktionen, TV-Dokumentationen, dieses Schweigen, dieses Zwingen in die Unsichtbarkeit, produziert auch durch das Archiv als Möglichkeitsbedingung audiovisueller Geschichtsschreibung, aufzubrechen. Dann, wenn die Sender-Redakteur*innen uns ließen - in "Sex'n'Pop", "Soul Power", "Birth of ...", in TRACKS, auch "Pop 2000". Ich hoffe, es ist gelungen, die skizzierten Tücken im Umgang mit dem Archiv dabei zu reflektieren.

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[1] (Öffnet in neuem Fenster) Steyerl, Hito, Politik des Archivs, in dies., Jenseits der Repräsentation, Berlin 2016, S. 35

[2] (Öffnet in neuem Fenster) Steyerl, Hito, Paläste der Erinnerung, in dies., Die Farbe der Wahrheit, Wien 2008, S. 27 ff.

[3] (Öffnet in neuem Fenster) Ebd., 31

Kategorie Medien

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