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Grenzen setzen

Bild: Chiara Doveri

Hier auf Steady teile ich anonymisiert eure Elternfragen und meine Antworten darauf. Ich bemühe mich um einen klaren und pragmatischen, aber einfühlsamen Ton. Ich bin kein Coach und keine Psychotherapeutin und würde euch bei entsprechenden Fragen bitten, Fachpersonal zu konsultieren. Wenn es bei euch im Alltag an kleinen Dingen hakt und ihr gern meine Einschätzung hättet, schreibt mir gern an anna [punkt] brachetti [at] posteo [punkt| de.

Liebe Anna,

Ich würde behaupten, dass meine Tochter und ich wirklich eine enge, gute Bindung haben. Ich bin absolute Nummer 1 für sie. Sie ist die Erstgeborene und sehr wichtig für mich. Irgendwann als Kleinkind hat sie sich ein Leberfleck in meinem Gesicht gesucht und zum knubbeln benutzt. Zur Beruhigung bzw immer wenn sie an meiner Seite war. Das wurde so heftig und belastend für mich, dass ich den Leberfleck auf eigene Kosten habe wegoperieren lassen. Sie hat daraufhin ein anderes gefunden und findet immer wieder etwas an mir zum Knubbeln. Alle Alternativen nutzten nichts (zB ein Kuscheltier mit aufgenähten knubbeln. Pflaster über meine Stellen. Reden...).
Ich kenne diesen Tick von mir selbst. Ich liebe es an abstehenden Fäden zu drehen usw. Aber meine Tochter raubt mir damit wort wörtlich den Schlaf. Sie kommt jede Nacht noch ins Bett und liegt zu 80% neben mir. Dann schlafe ich schlecht, weil sie meine Nähe sucht, knubbelt, in shrit schlupft und streichelt etc.
Es belastet mich sehr. Ab und zu reagiere ich auch sehr schroff und stoße sie weg, schreie rum, dass sie es lassen soll. Sie macht es ja auch tagsüber! Knubbeln und intensives streicheln an einer Stelle.
Was kann ich tun, um es ihr abzugewöhnen?

Dann möchte ich gern noch über meinen Sohn schreiben. Es sind Zwillings-Jungs. Zweieiig und durchaus unterschiedlich. 3 Jahre alt. Der jüngere ist sehr aufbrausend, emotional. Haut, beist, kratzt und ist allgemein seh fies zu seinen Mitmenschen. Stößt Türme absichtlich um. Fegt im Vorbeilaufen Dinge vom Tisch. Weigert sich sie aufzuheben. Spuckt. usw.
Es ist ein richtiger Lausbub in der Autonomiephase.
Aber ich frage mich, ob da mehr dahinter ist und ob wir darauf schon achten bzw gegenwirken sollten? ADS und ADHS sind in unser beider Familien vertreten (Mein Neffe aus meiner Familie hat ADS. Von der Seite meines Mannes gib es seine Schwester mit frischer Diagnose und auch deren zwei Kinder.) Oder gehört er zu den "Neurodivergenten" Menschen, die Nora Imlau umschreibt in einem Post?
Wir wissen, dass unser Bub viel Bewegung und Zeit zum Auspowern braucht. Wir gehen jeden Tag raus soweit es geht! Fahren Rad, gehn spazieren und flitzen durch den Garten. Auch die Schwiegereltern nebenan unterstützen viel! Sie gehen beide noch in die Krippe, da im Kindergarten erst zu September Platz wird. Ich hoffe, dass es ab September dann besser wird und er dort Tagsüber mehr ausgelastet wird (Aber dann wird auch die Tochter ein Schulkind).
Ich hab Angst vor der Zukunft mit so einem Kind. Ich bin dem - vor allem aktuell - nicht gewappnet. Ich weiß, dass man in so jungen Jahren noch keine ADS/ADHS Diagnose stellen kann. Aber wir brauchen Hilfe, Ideen...

Ich danke dir für deine Zeit.

Liebe Grüße
Jekaterina*

Hallo liebe Jekaterina*,

Vielen Dank für dein Vertrauen!

Du hast ja schon einiges versucht, um das Verhalten deiner Tochter zu verändern. Bisher hat nichts nachhaltig funktioniert und ihr seid wieder in die alten Muster gefallen. Ich will auf keinen Fall in diese üblichen „Die tanzt dir auf der Nase herum“-Kerbe schlagen, aber es ist schon so, dass Kinder ein Verhalten, das ihnen etwas bringt (hier: Beruhigung) weiter machen werden, wenn es nicht klar unterbunden wird. Also wenn sie das Gefühl bekommen, dass es nicht so toll ist, aber das nicht ganz klar unterbrochen wird, dann machen sie weiter. Nicht weil sie uns Eltern ärgern wollen, sondern weil sie einfach nicht erfahren können, wie es anders geht, weil sie die bequemste Lösung bevorzugen und auch merken: Wenn ich es trotzdem mache, ist Mama vielleicht irgendwann sauer, aber ich kann trotzdem weiter machen. Das passiert alles unbewusst und ist völlig normales menschliches Verhalten. Erwachsene fahren ja auch meist mindestens so einen kleinen Tick über dem Tempolimit, wenn nirgends ein Blitzer ist.

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