Trinken, rollen, stehen
Servus liebe Leser:innen,
Ich würde mich, seit der vergangenen Landtagswahl erst Recht, als einen der eher unproblematischeren Bayern bezeichnen. Aber trotzdem gibt es ein paar Meinungen, für die ich mich schäme. Und vor ein paar Tagen ist eine davon endlich aus mir herausgebrochen. Es war eine Erleichterung.
Ich war in meiner alten WG zu Besuch, nur etwas die Straße runter vom Oktoberfest. Wir befanden uns also im Epizentrum des bayerischen Biers, MILLIONEN Menschen pilgern dafür aus aller Welt hierher, als mein Mitbewohner plötzlich eine Flasche Heineken aus dem Kühlschrank griff, ich hatte sie ganz hinten in meinem Fach vergessen. Jetzt lachte er in die Runde: Wem gehört die? Ich war ertappt, meldete mich, rechtfertigte kleinlaut in den Raum hinein: Ich mag, wie die Flasche aussieht – und 0,33 ist eine echt gute Menge, das Bier wird nie schal. Ich erwartete Hohn, Spott, mindestens verdrehte Augen. Heineken? Hier in München? Doch zu meiner Überraschung: keine Widerrede, sogar sanfte Zustimmung.
Was zählt, ist die Gemeinschaft, die Bier herstellen kann, nicht das Bier per sé. Das ist auch die Quintessenz aus Lisa Schnells Reportage aus der Oberpfalz. Dort braut in sogenannten Kommunbrauhäusern jedes Dorf für sich ein Bier, den Zoigl. Jeder Zoigl schmeckt anders, je nach Witterung, Ernte, Talent der Braumeister:innen. „Wir müssen es so nehmen, wie es kommt“, sagen sie in der Oberpfalz über ihr Zoigl. Jetzt müssten wir Bayer:innen nur noch genauso liebevoll auf die Menschen aus aller Welt schauen, wie auf unser Bier. Dann wäre viel gewonnen.
Habe die Ehre,
Ihr
Martin Hogger
P.S. Ebenfalls viel Spaß wünsche ich Ihnen mit der neuen Folge unseres Podcasts, den wir zusammen mit der Reportageschule produzieren: Wie haben Sie das gemacht?
Das wohl älteste Craft-Beer der Welt
Bis aus Hannover kommen die Leute in die Oberpfalz, nur wegen eines selbstgebrauten Biers. Nein, es geht um viel mehr. Das beste Zitat aus der Geschichte: „Prost, Prost, Prost, dass die Gurgel ned verrost“.
Lisa Schnell · Süddeutsche Zeitung (€) · 10 Minuten (Opens in a new window)
Lasst es rollen
Was funktioniert immer, wenn sonst nichts funktioniert? Ein Rollator, natürlich. Eine alte Dame hat sogar ein Gedicht über diese unsexy Gehhilfe geschrieben. Warum?
Tilmann Prüfer · ZEIT Magazin (€) · 5 Minuten (Opens in a new window)
Flamingos in der Wüste
Dinge, die sich in Wüsten befinden und wahlweise hin gehören oder nicht, scheinen ein guter Ausgangspunkt für hervorragende Geschichten zu sein. Letztens empfahlen wir nämlich auch schon Usher in der Wüste.
Rocio Puntas Bernet · Reportagen (€) · viele Minuten (Opens in a new window)
Satz der Woche
“Die Biere benennt er nach seinen Helfern, heute könnte es ein Yannik-Bräu werden, den hat er in der Sonne liegen sehen und zum Bierdienst verpflichtet.”
Lisa Schnell · Süddeutsche Zeitung (€) · 10 Minuten (Opens in a new window)
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