Slowenien gegen das “Schweinesystem” – Kulturkampf erreicht die EU-Spitze (Abre numa nova janela)
3. Juli 2021
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? – Slowenien übernimmt den Ratsvorsitz und sorgt für Streit an der EU-Spitze. Der Impfpass tritt in Kraft und führt zu Ärger mit Deutschland. Und dann war da noch eine Agrarreform, die so gar nicht zum “Green Deal” passen will.
Es läuft nicht rund in EUropa. Das Vertrauen der Bürger in die EU schwindet (Abre numa nova janela), Brüssel streitet mit Berlin über das EU-Recht (Abre numa nova janela), das Europaparlament wirft der EU-Kommission Untätigkeit vor (Abre numa nova janela). All wäre das nicht schon genug, ist nun auch noch ein Streit mit Slowenien ausgebrochen. Das kleine Balkanland, das von dem bekennenden Trump-Fan Janez Jansa geführt wird, soll seit dem 1. Juli die Geschicke der Union leiten. Doch schon am ersten Tag ist eine Art Kulturkampf ausgebrochen. Jansa warf der EU-Spitze vor, kleine Länder wie Slowenien zu benachteiligen und ein Zwei-Klassen-System einzurichten. Sein Innenminister behauptete, ein führendes Mitglied der EU-Kommission – gemeint ist wohl der Sozialdemokrat Frans Timmermans – habe sich wie ein “Schwein” benommen, (Abre numa nova janela) weil er das traditionelle Familienfoto boykottierte. Slowenien scheint entschlossen, den Kampf gegen das “Schweinesystem” (also Brüssel) aufzunehmen – und soll doch zugleich “ehrlicher Makler” für alle 27 EU-Länder spielen. Das kann ja heiter werden…
Chaos droht auch im Reiseverkehr. Am 1. Juli ist zwar der neue EU-weite Impfpass in Kraft getreten. Doch die versprochene Reisefreiheit ist immer noch nicht wiederhergestellt. Jedes Land hat seine eigenen Ein- und Ausreisebestimmungen, schon die Planung eines Städtetrips im EU-Ausland wird zum bürokratischen Hürdenlauf (vor allem, wenn man – wie die Mehrheit der EU-Bürger – nur einmal geimpft ist). Den Vogel schoß wieder einmal Deutschland ab (Abre numa nova janela): Kurz vor dem Start des EU-Impfzertifikats verhängte Berlin nicht nur eine Quarantänepflicht über Portugal, sondern sogar noch einen Reisestopp. Vom EU-Recht ist das nicht gedeckt – und politisch ist es ein Affront gegen ein Land, das sechs Monate den EU-Vorsitz innehatte und trotz massiver Probleme mit COVID-19 und der Delta-Variante hervorragende Arbeit leistete. Zum “Dank” hat Deutschland den Portugiesen zum Schluß noch ein Bein gestellt, mußte das wirklich sein? Vermutlich nicht, wenn man sich die Ausbreitung der Delta-Variante auch in deutschen Landen anschaut…
Und dann war da noch eine Agrarreform, die ihren Namen nicht verdient und sogar an den Anforderungen des “European Green Deal” scheitert. Schon seit zehn Jahren schaffen es unsere Landwirte nicht, die CO2-Emissionen zu senken. Auch die Vorbereitungen auf das nächste Einsparziel im Jahr 2030 (“Fit for 55”) kommen nur schleppend voran (Abre numa nova janela). Zum Glück hat die EU-Kommission noch zwei Wochen, um zu beweisen, dass sie es ernst meint. Die Feder führt übrigens just jener Timmermans, der sich gerade so heftig mit dem EU-Vorsitz angelegt hat…
P.S. Dies ist die letzte Wochenchronik vor der Sommerpause. Weiter geht’s am 04. September.
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