Das Schreiben im Ernstfall (Oktober-Logbuch)
Ich beginne dieses Logbuch während meines allerersten Schreiburlaubs. Das ist etwas, was ich schon seit Jahren mal machen will und nie getan habe, weil es so vielleicht leichter ist, Gründe gegen etwas zu finden. Dabei hat mir mein Körper diesen Monat wieder überdeutlich signalisiert, dass er eine Pause braucht, die ich ihm nicht geben konnte. Oder nicht wollte? Hm, verbuchen wir es als sprachliche Feinheit.
Wird schon passen
So wenig Wörter wie im Oktober habe ich seit Monaten nicht geschrieben, wobei das nicht ganz richtig ist. Ich habe zwar keins meiner aktuellen Projekte vorangebracht, bin dafür aber erst in der Überarbeitung von JUNI, dann im Lektorat meines nächsten Romans versunken.
Angesichts des September-Chaos war es fast ein bisschen witzig, wie strukturiert ich dabei vorgegangen bin. In dem Fall hatte ich schlichtweg keine Wahl, denn hätte ich das große Ganze gesehen … uff, dann wäre es ziemlich schnell vorbei gewesen. Hör mir auf mit Veröffentlichung, das Ding landet in der Schublade! Da isses gemütlich! Und warum braucht JUNI überhaupt eine Überarbeitung? Ach ja, deswegen.
Ich hatte zwar durchweg das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen, aber im Nachhinein sehe ich, dass das nicht stimmt. Im Gegenteil. Ein bisschen stolz drauf bin ich dann doch, wie ich mich durch Szenen gewühlt habe, die ich vorher mit einem leichtfertigen “Mhja, wird schon passen” (nee, du Fauli, es passte eben nicht) abgehakt hatte, und dass ich nun zwar immer noch ein ganzes Stück vor mir habe, aber mit sehr viel mehr Sicherheit in diese Selfpublishing-Sache gehen kann. So in ein, zwei Jahren … Das war ein Witz! Ein Witz!! (hoffen wir mal)
Herz-Kopf-Balance
Ein Gedanke, den ich sehr oft hatte: Das Schreiben fühlt sich gerade nach echter Arbeit an. Das war es natürlich vorher schon. Aber diesen Monat habe ich das sehr gefühlt, und gar nicht im negativen Sinne. Vielleicht lag das daran, dass ich mich mit fertigen Manuskripten beschäftigt habe und dieser Überarbeitungsprozess viel konstruktiver ist, als ich bei meinen ersten Entwürfen vorgehe. Erste Entwürfe sind wild, und das ist auch gut so. Ich habe erst kürzlich wieder festgestellt: Es hat niemand etwas davon, wenn ich das Schreiben mit dem Kopf angehe. Das Herz muss am besten voraus-, aber mindestens mitlaufen, sonst wird es Murks, den nicht einmal ich selbst lesen will.
Deshalb habe ich auch gerade mein aktuelles Projekt umgeschrieben und mehr von mir hineingegeben. Es ist mein persönlicher Running Gag, dass ich behaupte, ich hätte keine Fantasie, ich könne nur über das schreiben, was da ist. Stimmt so natürlich nicht. Was ich eigentlich meine, ist, dass ich besser schreibe, wenn ich einen Bezug habe.
Mein größter Gewinn als Autorin ist, dass ich dabei voll und ganz ich selbst sein kann - ob ich nun in Figuren schlüpfe oder die eigene Seele aufs Papier kotze (tut mir nicht leid, aber so fühlen sich meine Texte eben an), es steht und fällt damit, ob ich etwas zu sagen habe, was mir wichtig ist.
Und genau deswegen schreibe ich mir JUNI zurück ins Herz. Ich habe entschieden, das nicht groß zu thematisieren, aber ich muss an dieser Stelle trotzdem mal festhalten, wie froh ich darüber bin, dass es nicht nur wieder mir gehört, sondern sich auch nach mir anfühlt - jetzt noch mehr, denn meine Erzählstimme hat sich verändert und ich bin dankbar für die Chance, das angleichen zu dürfen und wortwörtlich ein neues Kapitel einzuleiten. Eventuell hat es mir kurz in den Fingern gejuckt, dabei auch gleich das Ende anders zu gestalten. Falls an dieser Stelle jemand Schnappatmung bekommt: Es ist alles gut! War nur ne Idee! (schauen wir mal)
Es muss nicht leicht sein, nur richtig.
Ich werde öfter mal gefragt, wie ich das alles unter einen Hut bekomme - Arbeit, Familie, Schreiben, Hobbys … Okay, Hobbys hab ich zum Glück keine, dieses Konfliktpotenzial ist also recht einfach aufzulösen. Was den Rest betrifft, nun ja. Es ist selten so leicht, wie es aussieht. Das ist ein Standard-Satz, den irgendwie trotzdem niemand zu glauben scheint.
Tatsache ist, dass immer etwas auf der Strecke bleibt. Jetzt gerade ist es wieder einmal die Gesundheit, letzte Woche war es die Familie, oft genug ist es auch das Schreiben selbst, weil mich der Job vereinnahmt, der Alltag mich auffrisst, oder einfach nur, weil ich zu viel gleichzeitig zu machen versuche. Und ob das nun ein erstrebenswerter Zustand ist, mit einem dauervollen Kopf rumzulaufen, wo ständig drei Plots, die aktuellen Lieblingssongs und das letzte Streitgespräch parallel laufen, lasse ich mal offen. Kurz: Die Frage, wie ich das alles hinbekomme, ist eine zutiefst unbefriedigende. Was bringt es dir, dich zu vergleichen? Und willst du meine Wahrheit wirklich hören? Denn Vorsicht, sie könnte weitaus weniger schillernd sein, als es den Anschein macht.
Das ist in etwa so wie mit diesem Bild. Mega Wetter, oder? Aber siehst du auch, dass ich wegen des Sturms kaum stehen konnte, in meinen zwei Jacken gebibbert habe und froh war, als ich endlich wieder ins Auto durfte?
Am Ende hat jede Medaille zwei Seiten. Chaos und Licht, weißt du noch? Es gibt das eine nicht ohne das andere. Für mich ist das in Ordnung, ich kenne es nur so. Und ich will nicht lügen, es ist definitiv kein Selbstläufer - aber das Schreiben aufzugeben, wäre eine Entscheidung gegen mich selbst.
Episch können wir
Und dann gab's ja noch den Plottwist, dass Trisha Brown und ich nach drölfzigtausend Absagen einen Vertrag bei Between Pages by Piper unterschrieben haben! Ich meine, what the fuck?! (eines Tages kann ich dabei cool bleiben, aber jetzt noch nicht)
Was für eine Lovestory! Und die Geschichte, die wir geschrieben haben, ist auch ganz gut.
Unsere New Adult Romance erscheint im Frühjahr 2026, also in einer halben Ewigkeit, die erfahrungsgemäß mit einem Fingerschnippen weg sein wird. Ich möchte dabei an folgende uralte Weisheit erinnern: One Meme a day keeps the Wartezeit away.
Jetzt aber Konzentra… Guck mal, ein Buch!
Weiß du noch, wie ich im September an drei Manuskripten gleichzeitig gebastelt habe? Ich mache das nicht mit Absicht, wirklich! Genauso wie ich auch nicht absichtlich … Moment, muss kurz zählen … sieben Bücher anfange und das achte unterschlage, haha. Wobei ich sagen muss, dass ich diese Art zu lesen fast lieber mag, weil es keinen so schlimmer Kater verursacht, wie wenn ich ein Buch am Stück durchsuchte.
In dem Sinne hat sich das Lesen in diesem Monat sehr sanft angefühlt, ich habe mich null gestresst (und tatsächlich auch weniger Bücher gekauft) und es ist voll okay für mich, dass ich nur drei dieser Bücher beendet habe. Nämlich:
A Joyful Summer von Trisha Brown (gar nicht so schmerzhaft wie befürchtet, warum wieso weshalb - möchte ich noch in Worte fassen, das wollte ich auch schon längst gemacht haben, aber … ach, muss ich das echt noch erklären?),
Sense of Love von Marina Neumeier (es gibt ne grumpy Protagonistin und nen süßen, Opern-singenden Gondoliere, was willste mehr?),
Papercut Feeling von Tarah Keys (Rezi-Exemplar aus der Lovelybooks-Leserunde, und wie schön ist es bitte, statt dieses ganzen Gekribbels mal voll auf Geborgenheit zu setzen?).
Jetzt freue ich mich darauf (ja, echt), den Rest im November “aufzulesen”, bevor ich meine Weihnachtsbücher aus dem Regal hole. Letztes Jahr bin ich an diesem Vorhaben grandios gescheitert, weil Dezember ja meist völlig überraschend gar nicht so gemütlich ist, wie man sich das vorstellt, und ich eh nicht so der übelst weihnachtliche Typ bin. Tja, ich weiß doch auch nicht. Ich stell’s mir trotzdem weiter vor, den Rest regeln die Lichterketten.
Warum du kein Haus am See brauchst
Apropos Vorstellungen: Kennst du diese Illusion vom Schreiben im Haus am See? Wahlweise am Waldrand (watching you!), du weißt bestimmt, was ich meine. Ich hab darüber mal einen Text geschrieben, dessen Titel lautet “Ach, der Herr Autor!” (gibt’s in “Chaos und Licht” (Abre numa nova janela) zum Nachlesen), und darin geht es im Grunde darum, dass das Haus am Waldrand nicht funktioniert.
Das ist natürlich eine Metapher (nee, was? das kam unerwartet) für den großen Traum vom Schreiben, der so gern überhöht wird und genau deshalb extrem frustrierend sein kann. Wäre ich der Vorstellung gefolgt, die ich früher vom Autorinnenleben hatte, dann hätte es wohl nie ein Buch von mir gegeben, oder aber meine erste Veröffentlichung wäre JUNI gewesen, mit dem selben Ergebnis: Ich würde jetzt wie Gideon Goldberg im Gemüsebeet knien und mich meiner prächtigen Rüben erfreuen.
Lass mal lieber Bude bauen. Sieht vielleicht nicht so schick aus, ist aber, wenn du dir am Ende die Blätter aus den Haaren sammelst und die Hände an der Hose abwischst, sehr viel befriedigender. Glaubst du nicht?
Wir üben das jedenfalls in der nächsten Schreibpause am 8. November. Die findet nun wieder 19 Uhr über Zoom statt. Anmeldung ist wie immer per Mail an hej@karla-eklund.com (Abre numa nova janela) möglich. Kostet in etwa so viel wie ein Buch. Nein, das ist kein Zufall. Mittlerweile gibt es dazu auch ein Q&A auf meiner Website (Abre numa nova janela), das ist noch ausbaufähig. Fragen nehme ich gern entgegen, per Mail, per Brieftaube (nein, bitte nicht), für Feedback zum Kurs (also nur, wenn du teilgenommen hast) gibt’s übrigens beim nächsten Mal Rabatt.
Nervt das eigentlich, wenn ich dafür Werbung mache? Ich bin da momentan ein bisschen planlos. Instagram ist tot, TikTok spamt mit Bots, Threads macht manchmal Laune, ist aber meistens Shitstorm-Plattform Nr. 1. Weiß irgendwer noch, was wir da tun? Weiß irgendwer jemals, wie das geht, dieses Leben?
Schreib mir gern, wenn du eine Antwort hast. Ansonsten lesen wir uns dann beim nächsten Mal (vielleicht hab ich bis dahin auch eine gefunden, halte ich aber für unwahrscheinlich). Schön, dass du hier bist.
Danke für deine Zeit!