Wie sich dein Schlaf auf dein Gewicht auswirkt
Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: Warum schlechter Schlaf uns zu impulsgesteuerten Vielfraßen machen kann.
Ich schlafe schlecht und das seit Jahren. Ich wache morgens viel zu früh auf und fühle mich oftmals nicht erholt. Und ich ernähre mich ungesünder, als ich es gerne würde. Zu oft stehen Pizza oder Burger auf meinem Speiseplan statt Brokkoli und Reis. Das erzähle ich euch beides aber nicht, um hier mitleidig vor mich hin zu meckern. Sondern, weil beides miteinander zusammenhängen könnte. Warum ich das denke?
Nun, das liegt an dieser Studie (Abre numa nova janela): Wissenschaftler:innen an der Columbia University teilten ihre Versuchspersonen nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zu. Die erste Gruppe durfte fünf aufeinanderfolgende Nächte lang neun Stunden im Bett bleiben. Die zweite Gruppe wurde nach vier Stunden aus dem Bett geholt. Das ist fies. Aber in der zweiten Phase des Experiments tauschten die Teilnehmer:innen die Gruppen.
Beide Gruppen schliefen und aßen während dieser Zeit im Labor, damit die Forscher:innen sie genau überwachen konnten. Und sie haben ihre Gehirnströme und andere Faktoren ihres Schlafes aufgezeichnet.
Was war das Ziel dieser Studie? Die Wissenschaftler:innen wollten herausfinden, wie sich der Schlaf auf das Essverhalten auswirkt. Genauer: Was passiert, wenn man zu wenig schläft? Am fünften Tag der Studie wurden die Teilnehmer:innen aus dem Labor entlassen und durften essen, was sie wollten. Einzige Bedingung war, dass die Forscher:innen alles wiegen und aufzeichnen durften, was sie sich ausgesucht hatten. Das Ergebnis: Wenn die Teilnehmer:innen unter Schlafentzug litten, nahmen sie fast 300 Kalorien mehr zu sich pro Tag, als wenn sie neun Stunden schlafen durften. Die Autorin der Studie fasst ihre Ergebnisse so zusammen: „Unserer Erfahrung nach erhöht Schlafmangel die Nahrungsaufnahme. So einfach ist das.“
Aber, warum ist das so? Darum geht es heute.
Wer zu wenig schläft, ist kognitiv nicht ganz auf der Spur
Ein Teil der Antwort ist relativ simpel: Wenn du zu wenig schläfst, signalisiert dir dein Gehirn, dass dir Energie fehlt. Und wie sorgt der Körper dafür, dass er mehr Energie bekommt? Er nimmt Nahrung zu sich. Das ist aber natürlich nicht die ganze Antwort.
Kurze Zwischenfrage: Kennst du diese Ausgaben schon?
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Dein Körper weiß vor deinem Gehirn, wie du dich entscheiden solltest (Abre numa nova janela)
Schauen wir zunächst darauf, was Schlafmangel noch für Auswirkungen auf das Gehirn haben kann. Dass er überhaupt Auswirkungen auf unsere geistige Leistungsfähigkeit hat, liegt auf der Hand: Praktisch jeder lebende Organismus lebt auf irgendeine Weise in einem Wechseln zwischen Spannung und Entspannung. Die Erholungsprozesse, die während des Schlafs ablaufen, sind für das optimale Funktionieren des Gehirns äußerst wichtig, und wenn diese Prozesse gestört werden, führt das zu einer verminderten Leistung zahlreicher Gehirnfunktionen.
Ein Beispiel liefert David Dinges, ein Schlafforscher an der University of Pennsylvania. In einer (Abre numa nova janela) seiner Studien ließ er Freiwillige zwei Wochen lang entweder acht, sechs oder vier Stunden pro Nacht schlafen. Die Teilnehmer:innen mussten zwei Stunden nach dem Aufwachen immer eine Reihe von Tests absolvieren, mit denen verschiedene Aspekte der kognitiven Leistungsfähigkeit gemessen werden sollten: Reaktionszeit, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Grundrechenarten.
Die Ergebnisse: Wer weniger schlief, schnitt bei den Tests deutlich schlechter ab. Interessant ist, dass den Teilnehmer:innen nicht mal bewusst war (Abre numa nova janela), dass sie schlechter abschnitten. Es könnte also sein, dass dieser Newsletter eigentlich noch viel, viel geiler wäre, wenn ich mehr schlafen würde (naja).
Da stimmt was nicht mit der Kosten-Nutzen-Rechnung
Zurück zum Experiment vom Anfang. Die Wissenschaflter:innen machten auch fMRT-Aufnahmen der Gehirne ihrer Teilnehmer:innen. Die Bilder deuteten darauf hin, dass der Schlafentzug dazu führt, dass die Teilnehmer:innen eine stärkere Reaktion (Abre numa nova janela) auf Fastfood wie Pizza oder Donuts zeigten. Regionen, die mit der Belohnung durch Essen in Verbindung gebracht werden, einschließlich des ventralen Striatums, waren bei den Proband:innen mit Schlafentzug aktiver.
Wenn wir ungesundes Lebensmittel zu uns nehmen, macht unser Gehirn eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf. Der Nutzen ist die unmittelbare Belohnung (Abre numa nova janela), die wir durch den Verzehr von etwas Leckerem erhalten, die Kosten sind die langfristigen Auswirkungen auf unser Gewicht und unsere Gesundheit. Schlafentzug scheint da etwas durcheinander zu bringen. Wie eine meiner Lieblingsstudien zu diesem Thema nahelegt.
In dieser rekrutierten Wissenschaftler:innen fünfzig Freiwillige, die glaubten, sie hätten sich für eine Studie über die Auswirkungen von Schlafmangel auf die kognitiven Funktionen angemeldet. Sie wurden in sieben Gruppen eingeteilt, und jede Gruppe wurde angewiesen, in der Nacht vor dem Experiment eine unterschiedliche Zeit im Bett zu verbringen. Diese vorgeschriebenen Schlafzeiten reichten von 60 bis 130 Prozent der üblichen Schlafdauer. Sieben Tage vor der Änderung der Schlafzeit unterzog das Team jede Person einer Reihe von Tests, um ihr typisches Maß an Wachsamkeit und Schläfrigkeit zu ermitteln. Am Tag nach der Änderung der Schlafenszeit wiederholten sie dieselben Tests.
Doch die Wissenschaftler:innen waren ausgefuchst. Das eigentliche Experiment fand statt, ohne dass die Teilnehmer:innen es wussten.
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