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Wie ein altes Kartenspiel

Es war irgendwann in meiner Teenagerzeit, in der berüchtigten Müffelphase. Da habe ich den Spruch zum ersten Mal gehört, ich weiß nicht mehr von wem.

„Wiebke, du riechst wie ein altes Kartenspiel.“

Beleidigt war ich deswegen nicht. Es klang ja auch viel netter als „Wiebke, du müffelst“. Ich habe mich zügig unter die Dusche begeben und das mit dem Kartenspiel so hingenommen, ohne jemals wieder darüber nachzudenken.

Bis vor ein paar Jahren.

Da hab ich den Dachboden meines Elternhauses entrümpelt. Erinnerungen abgestaubt, geplatzte Träume zusammengefegt, nie gelegte Puzzles weggeworfen. Und da, unter dem zerfledderten Monopoly-Karton, lag es. In einer Zigarrenkiste aus Blech. Das alte Kartenspiel von Oma.

Französisches Blatt, die Rückseiten hellrosa und hellblau mit Blümchenmuster, an den Rändern das Gelb der vergangenen Zeit.

Ich konnte nicht anders, ich musste daran riechen.

Muffig. Eine Spur Rauch. Und irgendwie – ja, ranzig.

Aber da war auch etwas anderes. Ich roch nochmal. Und plötzlich zogen sie durch meine Nase direkt ins limbische System. Die Erinnerungen. An Canasta-Partien mit Oma, bei denen mir die Kinderhände wehtaten, weil sie so viele Karten hielten. An Rommé-Niederlagen mit kinskiartigen Wutanfällen meinerseits, die Oma ungerührt über sich ergehen und mich beim nächsten Mal trotzdem nicht gewinnen ließ. An endlose Patiencen, um die ebenso endlosen Sommerferien rumzukriegen.

Das habe ich gerochen. Bis der Tränenrotz mir die Nase dichtgemacht hat.

Danke, altes Kartenspiel. Du kleiner Stinker.

🎵 Have Mercy: Cigarettes and Old Perfume 🎶

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