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Loblied auf den letzten Drücker

Schnell! Ich brauche einen Reim auf Maschine! Sonst kann ich mich hier im Dorf nicht mehr blicken lassen!

Um eins klarzustellen: Es ist nicht so, dass man mich gezwungen hat, den Text für Nachbarin Gabis Geburtstagslied zu schreiben.

Es ist so, dass ich mich darum gerissen habe.

Durch das gekippte Fenster meines Arbeitszimmers kann ich sie hören. Fröhliche Lacher. Klirrende Sektgläser. Gabis Motorradclique ölt schon mal die Gesangsstimmen.

Ich dagegen sitze mit reifengroßen Schweißflecken unter den Armen am Schreibtisch und hab den Liedtext noch nicht fertig. Obwohl ich seit Jahren weiß, dass Gabi heute fünfzig wird. Obwohl ich seit Monaten den Auftrag habe.

(Blöd nur, dass sie Gabi heißt. Und nicht Sabine. Oder Wilhelmine. Dann hätte ich einen Reim auf Maschine.)

Schon in der Schulzeit war das so. Ich erinnere mich an das große Kunstprojekt in der neunten Klasse. Den Bau einer mittelalterlichen Burg aus Streichhölzern hatte ich mir ausgesucht. Zeit: sechs Wochen. Was sechs Stunden vor Abgabe fertig war: die Bodenplatte. Mit Hilfe von Bruder und Schwägerin und zusammengeschnorrten Streichholzvorräten, mit einer noch nicht durchgetrockneten Zugbrücke und verheulten Augen konnte ich das Werk am nächsten Morgen abgeben.

Total fertig. Aber: glücklich. Blitzlebendig. Die Glückshormonsplitter flogen mir nur so um die Ohren.

Es soll Menschen geben, die nach diesem Gefühl süchtig sind. (Si apre in una nuova finestra) Die sich immer wieder auf dem Last-Minute-Snowboard in die Schlucht des Versagens stürzen und in letzter Sekunde gerettet werden. Von Brüdern. Schwägerinnen. Oder von einem Reimlexikon.

(Oh! Lawine? Reimt sich auf Maschine. Aber passt nicht. Gabi hasst Schnee.)

Nee, süchtig bin ich nicht nach dem letzten Drücker.

Klar wäre es vernünftig gewesen, rechtzeitig anzufangen und jeden Tag ein bisschen was zu schaffen.

Aber vernünftig kann keine Endorphine.

ENDORPHINE! Passt perfekt! Siehstewoll! Papier nachfüllen, drucken, schicke Schühchen an, schnell schnell schnell, raus zu Gabi, uuund eins, zwo, eins zwo drei vier:

Was wirst du heute auf den letzten Drücker tun?

 🎵 Moop Mama: Prokrastination 🎶

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