Italien-Tipps zum Anschauen, Hören, Lesen, Fahren
Liebe Newsletter-Abonnentinnen und -Abonnenten,
liebe Mitglieder,
vielen Menschen in deutschsprachigen Ländern schlägt der Januar besonders aufs Gemüt – andere genießen eher, dass der Weihnachts- und Silvesterstress vorbei ist.
Egal, zu welcher Kategorie Sie gehören und ihr gehört: Diese Tipps in dieser Newsletter-Ausgabe sollten dabei helfen, Zeit angenehm zu vertreiben – und zwar mit italienischen Angelegenheiten.
(allen, die die Anspielung erkannt haben, ein bayerisch-italienischer Ehrengruß (Si apre in una nuova finestra)).
Zunächst ein ganz praktischer Hinweis: Seit Mitte Dezember gilt in Italien ein aktualisierter codice della strada. Die Regierungsmehrheit hat der Straßenverkehrsordnung unter Federführung von Verkehrsminister Matteo Salvini ein umstrittenes Update verpasst.
Wer die Neuigkeiten nicht kennt, kann dafür im wahrsten Sinne des Wortes teuer bezahlen.
Der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk ORF hat die wichtigsten Änderungen kompakt zusammengefasst:
https://orf.at/stories/3378963/?utm_source=firefox-newtab-de-de (Si apre in una nuova finestra)Italien war 2024 Gastland der Frankfurter Buchmesse.
Das hat zum Glück italienischen Autorinnen und Autoren eine Bühne verschafft, die im deutschsprachigen Raum noch nicht die Bekanntheit haben, die sie verdienen.
Sechs Autorinnen haben Maike Albath und Shelly Kupferberg im Oktober für die wundervoll tiefgründige Sendereihe “Lange Nacht” (Si apre in una nuova finestra)des Deutschlandfunks getroffen: die schon vergleichsweise bekannte Francesca Melandri – sowie Marta Barone, Francesca Maria Benvenuto, Ginevra Lamberti, Igiaba Scego und Maddalena Vaglio Tanet.
Entstanden ist eine knapp zweieinhalbstündige Lesung zu neuer italienischer Literatur, mit musikalischer Begleitung und unter dem schönen Titel “Verwurzelt in der Zukunft”.
Man kann diese Lesung als Podcast-Episode nachhören, auf der Website des Deutschlandfunks, der DLF Audiothek – und auf allen gängigen Podcast-Playern.
Ich empfehle die Episode allen, die nach frischer Lektüre aus Italien suchen – aber auch jenen, die zu wenig Zeit zum Lesen finden – und trotzdem auf der Höhe bleiben wollen zu dem, was in der italienischen Literaturszene passiert.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-lange-nacht-der-italienischen-literatur-dlf-kultur-8ab2fe94-100.html (Si apre in una nuova finestra)Wer das Italien von heute verstehen will, sollte ungefähr wissen, was im Land zwischen 1992 und 1994 passiert ist.
Ich habe über diese drei Jahre im Verlauf von (Si apre in una nuova finestra) mehreren (Si apre in una nuova finestra) Episoden (Si apre in una nuova finestra) von Kurz gesagt: Italien gesprochen. Ich habe darüber in meinem Buch geschrieben – und erwähne diese Zeit immer wieder, wenn ich mit jemandem über die tieferen Gründe der heutigen italienischen Verhältnisse spreche.
In den Jahren 1992 bis 1994 ist das Parteiensystem des demokratischen Italien nach viereinhalb Jahrzehnten zusammengestürzt unter der Last eines riesigen Korruptionsskandals. In diesen Jahren haben einige Staatsanwälte und viele Medien in Italien aber auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Menschen vorverurteilt und ihre Karrieren ruiniert waren – und Dutzende von ihnen Suizid begingen (Si apre in una nuova finestra). Es waren die Jahre, in denen eine Partei namens Lega Nord zur populistischen Großmacht im Norden aufstieg. Es waren die Jahre, zu deren Abschluss der erfolgreichste Medienunternehmer des Landes die Scherben der alten Ordnung aufkehrte, zum wichtigsten Politiker aufstieg, um diese Stellung gut zwei Jahrzehnte lang zu behalten: Silvio Berlusconi.
Der vermutlich unterhaltsamste Weg, sich mit den italienischen Jahren zwischen 1992 und 1994 zu beschäftigen, ist eine italienische Fernsehserie aus drei Staffeln: Die Staffeln dieser Serie heißen 1992, 1993, 1994.
Im Buchkapitel zum unübersetzbaren Wort Papeete habe ich die Serie schon empfohlen.
In 1992, 1993, 1994 erzählt Regisseur Giuseppe Gagliardi die Geschichte mehrerer fiktionaler Menschen, die sich inmitten der tatsächlichen Ereignisse der Zeit durch ihr Leben kämpfen. Die Serie ist mit fantastischen Schauspielern besetzt: unter anderem (der aus den ersten Minuten der Episode Mottarello (Si apre in una nuova finestra) bekannte) Stefano Accorsi, der den Werber Leonardo Notte spielt – und Miriam Leone als zu allem entschlossene Fernsehpersönlichkeit.
Die Serie zeichnet meiner Meinung nach aus, dass sie die oft brutalen Widersprüche der Zeit schonungslos nachzeichnet – ohne moralisch erhobenen Zeigefinger, ohne Wertung, wer in dieser schrecklich komplizierten italienischen Geschichte gut oder böse ist.
Wer die Hintergründe zu dieser Zeit noch nicht kennt, kann sich in der Serie leicht verloren fühlen. Aber wer die Kurz gesagt: Italien-Episoden Papeete, Magnamagna und Berlusconismo nachhört, dürfte gut gerüstet sein. :)
Die Serienstaffeln 1992, 1993 und 1994 sind noch bis Ende Oktober 2025 in der Mediathek des öffentlich-rechtlichen Kultursenders Arte.
Wärmste Empfehlung an alle, die beginnen wollen, diese für Italien entscheidenden Jahre zu verstehen – aber auch für alle, die schon viel wissen über die Zeit.
https://www.arte.tv/de/videos/RC-025752/1992-1993-1994/?utm_source=ios&utm_medium=share&utm_campaign=RC-025752 (Si apre in una nuova finestra)Neben der Zeit um 1992 ist Essen eines der Themen, mit denen ich mich bei Kurz gesagt: Italien immer wieder beschäftige.
Genauer gesagt: Immer wieder schreibe oder spreche ich über die Mythen um das italienische Essen, über die Erzählungen um die jahrhundertealten Traditionen von Pizza, Pasta oder Antipasti, die so sagenhaft falsch sind (siehe etwa hier (Si apre in una nuova finestra), hier (Si apre in una nuova finestra) und hier (Si apre in una nuova finestra)).
Kaum jemand hat sich der Geschichte der italienischen Küche (und den vielen falschen Erzählungen um sie) mit so viel Tiefgang, wissenschaftlicher Methoden und gleichzeitig wundervollem Humor genähert wie der britische Historiker John Dickie. Dickie hat in den Nullerjahren ein Buch über die Geschichte der italienischen Küche geschrieben, das im englischen Original unter dem Titel Delizia erschienen (Si apre in una nuova finestra) und später auch auf Italienisch (Si apre in una nuova finestra) und Deutsch (Si apre in una nuova finestra) übersetzt worden ist.
2024 war John Dickie zu Gast im besten englischsprachigen Geschichts-Podcast, den ich kenne: “The Rest Is History”, von Dominic Sandbrook und Tom Holland. Titel der Episode “The Food that Changed the World”, es geht, natürlich, um italienisches Essen.
Allen, die Englisch leidlich gut können, empfehle ich die Episode auf das Wärmste: Es geht um die überraschend industrielastige Erfolgsgeschichte der Tortellini. Es geht darum, wie Pizza und Pasta erst in den USA zu italienischen Gerichten wurden – und warum Historiker Dickie trotz all der falschen Erzählungen sagt: Ja, es gibt eine italienische Küche.
A presto
Sebastian