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Sport ist Mord - oder Lebensretter

Mein Erfahrungsbericht nach ein paar Wochen Sport: Über Leid, Liegetanzparties, Muskelfotos, Respekt vor sich selbst und den Mut, Depressionen als Teil seines Lebens zu begreifen.

Ein dunkler Ort

Den Großteil der letzten zwei Jahre habe ich an einem sehr dunklen Ort zugebracht. Das habe ich zwar oft genug hier thematisiert, aber wie dunkel dieser Ort wirklich war, habe ich niemandem gesagt. Ich habe überlegt, wie ich verschwinden kann, ohne dass das Katzi allein zurückbleibt, ich war ohne jede Hoffnung, dass die finanziellen Probleme, die mich in diesen dunklen Ort geworfen haben, jemals gelöst werden könnten. Diese Gedanken haben mir mehr Angst gemacht als alle Krisen und depressiven Episoden der letzten dreißig Jahre zusammen, denn trotz aller Belastungen, die ich in meinem Leben schon durchgemacht habe, habe ich meinen eigenen Tod nie ernsthaft in Erwägung gezogen, ich war nie suizidal.

Ich habe viele Krisen in meinem Leben überstanden, auch finanzielle, ich bin ein Stehaufmädchen: in schwierigen Situationen den Mut zu finden, die Richtung zu ändern, mich neu zu erfinden, ins kalte Wasser irgendeiner Herausforderung zu springen - all das war immer meine Stärke. Und all das war weg, ich stürzte ungebremst in einen Mahlstrom aus Verzweiflung.

In der Situation habe ich das einzig Sinnvolle getan und 1.) mein Antidepressivum auf eine neue Rammgeschwindigkeit hochdosiert und 2.) meine Therapeutin kontaktiert. Sie hat mir wie beim letzten Mal auch hervorragend geholfen, mir Platz für eine Therapie eingeräumt und mich durch diese Hölle begleitet. Ich bin jetzt raus aus den Gedanken und lebe wieder gerne, es gibt also keinen Grund, sich rückwirkend Sorgen um mich zu machen, ich bin nicht in Gefahr.

Go go, Gadget-O-Münchhausen

Aber die Schwere der Krise, die absolute und vollständige Unfähigkeit, auch nur eine konstruktive Idee zu entwickeln, einen Plan, der mir aus den finanziellen Problemen heraushilft, und der Verlust jeglichen Selbstvertrauens haben mir sehr zu denken gegeben, als es mir wieder besser ging. Ich brauchte irgendeine Form von Prävention, die verhindern kann, dass ich überhaupt wieder so tief da hineingerate.

Eine Weile dachte ich, es könnte helfen, mir ein reales Sozialnetz aufzubauen, quasi als Früherkennung. Menschen, die ich regelmäßig sehe, und denen es auffallen würde, wenn ich zum dritten Mal abgesagt habe, weil mich die Kraft verlassen hat. Aber ich bin so verflucht beschissen in realen Sozialkontakten. Ich habe mal einem Bekannten gesagt: “I don’t know how to friend” und das ist die Wahrheit. Ich schaffe es nicht, von mir aus regelmäßige Treffen anzuberaumen, an Geburtstage zu denken, die normale Halbdistanz einer Freundschaft aufrechtzuerhalten. Ich kann nur extreme Nähe oder ganz allein sein, in beidem fühle ich mich in verschiedenen Situationen pudelwohl. Mehr Realkontakte waren nicht meine Lösung, ich bin Einzelgängerin mit Leib und Seele.

Sport kam mir nicht als erstes in den Sinn, wirklich nicht. Ich bin vielleicht die unsportlichste Person von der Welt, ich habe nie Sport getrieben, hatte beim Schulsport immer eine Ausrede parat, rauche mit Unterbrechung seit 25 Jahren, mein natürlicher Aggregatszustand ist Rumliegen und mehr als alle paar Jahre mal drei Wochen am Stück ein bisschen Fitness und Hanteltraining für die Optik waren nicht drin. Dabei soll ja Sport so gut für die psychische Gesundheit (Opens in a new window) sein. Na ja, wer’s glaubt. So dachte ich.

Als ich im Frühsommer dieses Jahres nach einem letzten Aufbäumen der Depression wieder Lust bekam, meine drei Wochen Fitness zu absolvieren, erwartete ich nicht mehr als genau das: meinen Körper wieder optisch ein bisschen schöner machen nach der Depression.

Über Stärke

Aber dann passierte mehr als das. Ich begann, mich stärker zu fühlen.

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Topic Psychische Gesundheit

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