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So erreicht Martin Fehrensen mit Mitgliedschaften ein Fachpublikum (Transkript des Steady Growth Talks Podcast)

Dieses Interview war Teil des digitalen Steady Growth Day, einer Serie von Gesprächen mit unabhängigen Medienmacher:innen, die du kostenlos und in voller Länge überall findest, wo es Podcasts gibt.

Im Gespräch mit Steady CEO Dr. Tina Dingel erzählt Martin Fehrensen, wie mit seinem Newsletter sowohl Einzelleser:innen und B2B-Abonnenten erreicht, und warum sein bestehendes Netzwerk dabei eine so große Hilfe war.

Falls du das Interview lieber hören möchtest, findest du es als Podcast-Folge hier bei Podigee (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Lasst mich ganz herzlich Martin Fehrensen begrüßen, der das Social Media Watchblog schreibt und uns freundlicherweise 30 Minuten seiner Zeit schenkt, um zu erzählen, was das überhaupt ist, wie du dahin gekommen bist, was du da machst – und ob und wie Steady dir dabei hilft. Oder auch nicht! Lass uns die Karten auf den Tisch legen. Vielleicht sagst du erst mal kurz – Martin Fehrensen – was hast du gemacht in deinem Leben und warum machst du das Social Media Watchblog?

Was ich gemacht habe in meinem Leben? Also, ich bin gelernter Journalist. Ich habe beim ZDF ein Redaktionsvolontariat absolviert vor zehn, zwölf Jahren, habe dann insgesamt fast sieben Jahre beim ZDF gearbeitet. Dort in verschiedene nachrichtlichen Redaktionen – immer mit einer Schnittstelle zu Social Media – und habe parallel schon ein Blog gestartet: das Social Media Watchblog. Um besser zu verstehen: Was machen soziale Medien mit der Gesellschaft? Was machen sie mit dem Journalismus? Was machen sie mit politischer Kommunikation und dergleichen? Und das ist ein richtig ambitioniertes Hobby-Projekt geworden. 

Mit vielen Kolleg:innen haben wir fleißig das Blog aufgesetzt und dann irgendwann festgestellt: "Na ja, so ein Blog ist ja schön und gut, aber es muss ja irgendwie auch seine Leser:innen finden." Und dann gedacht, es wäre doch viel besser, sich für einen Newsletter zu entscheiden, den die Leute abonnieren können. Sprich: Wir liefern unsere Inhalte zu den Menschen, die Menschen müssen nicht mehr zu uns kommen. Und das hat viele, viele Jahre sehr viel Spaß gemacht. 

Nach einer weiteren Station beim Spiegel, wo ich Bento mit aufgebaut habe, habe ich dann erst mal ein Jahr Elternzeit gemacht und (lacht) mich von dieser Erfahrung erholt. Und dann habe ich überlegt: "Okay, was kann als nächstes kommen?" Da habe ich festgestellt: "Okay, wir haben knapp 10.000 Leser:innen, die unseren Newsletter lesen. Vielleicht gibt es ja die Chance, das Ganze zum Hauptberuf zu machen." Und tja, drei Jahre vorgespult, sitzen wir heute hier und ich darf ein bisschen berichten, warum für uns funktioniert hat.

Vom ambitionierten Side Project zum Hauptberuf

https://steadyhq.com/en/socialmediawatchblog/about (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Seit 2018 betreibt Martin Fehrensen das Social Media Watchblog (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) als bezahlten Newsletter. 

Also, wenn ich das richtig verstehe, hast du das erst mal fünf Jahre lang als Side Project gemacht – also auch ein größeres, wenn ich das richtig höre.

Ja, genau.

Und dann hast du entschieden, einen großen Schritt zu tun und komplett umzustellen, deine Einkommensstruktur. Kannst du da mal reinzoomen und uns erzählen, wie das war?

Genau. Das war wirklich fünf, sechs Jahre lang, wenn man so möchte, so ein ambitioniertes Hobby-Projekt. Das hat schon auch die eine oder andere Tür geöffnet, um zum Beispiel auf einer Konferenz zu sprechen oder um irgendwann Workshops zu leiten. Und auch das hat auch dazu geführt, dass man viele tolle Kolleg:innen aus der Branche kennengelernt hat, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigen, also wirklich Netzwerk aufgebaut. 

Und dann gab es irgendwann diese Situation bei mir, dass ich überlegte: "Okay, was mache ich denn jetzt?" Also das mit dem ZDF, das war große Klasse, gar keine Frage. Das hat mir wirklich das Fundament gelegt für meine berufliche Laufbahn. Spiegel und das Bento-Magazin aufbauen, das war dann sehr kommerziell. Das war nicht so ganz mein Fahrwasser. 

Dann gab es irgendwann diesen Punkt, wo ich überlegt habe: "Okay, gibt es nicht die Chance, das, was wir da for free angeboten haben, kostenpflichtig zu gestalten?" Und nach diversen Auseinandersetzungen mit der Community, also mit den Leser:innen und wirklich der Frage: "Gäbe es die Möglichkeit? Seht ihr, dass das ein Pay-Projekt werden könnte? Was sollte so was kosten? Wie oft müsste es erscheinen? Welche inhaltlichen Schwerpunkte dürfte es haben, sollte es haben?" Und eben auch Feedbackgespräche mit Mentor:innen und Leuten, die mich schon länger begleiten. 

Und dann habe ich dann gedacht: "Na, komm, warum nicht? Einfach mal ausprobieren." Und habe mir jetzt erst mal ein halbes Jahr lang so gestaltet, dass wir freiwillige Zahlungen über Steady angenommen haben, so als Testballon. Da haben wir geschaut: "Okay, was passiert dann?" 

Und in dieser Zeit ist schon ganz viel passiert. Erst mal sind gleich 300, 400 Leute der Idee gefolgt und haben gesagt: "Jawoll, das abonniere ich für 5 Euro. Ist doch super." Das heißt, wir hatten erstmal so ein gewisses Grundrauschen. Damit kann man noch nicht hauptberuflich arbeiten, aber es war irgendwie das Signal: "Hey, da ist Musik drin, da scheinen wir den richtigen Riecher zu haben." 

Gleichzeitig gab es von drei, vier Institutionen den Hinweis: "Mensch, eigentlich wäre das interessant, das für unsere Mitarbeiter:innen einzukaufen." Das war damals die Deutsche Welle, das ZDF und Vice. Und das hat mir überhaupt erst signalisiert: "Hey, es könnte ja vielleicht wirklich so eine Art B2B-Projekt auch sein." Also gar nicht so sehr B2C, sondern eben wirklich an ein Fachpublikum gerichtet. Genau. Und dann haben wir irgendwann gedacht: "Entweder – das ist so viel Arbeit, das muss weg – oder es wird jetzt mein Job." Und dann hat es zum Glück geklappt.

Mitgliedschaften als B2B-Modell: Zielgruppe Fachpublikum

Aktuell arbeiten Martin Fehrensen und Simon Hurtz zu zweit am Social Media Watchblog, sie sind aber auf der Suche nach weiteren Kolleg:innen.

Also du beschreibst da zwei Kanäle: Einmal tatsächlich deine Leser:innen, die das direkt einfach so für sich im Abo abonnieren. Und dann eben diese Entwicklungen eines B2B-Kanals, wo du an Firmen – wahrscheinlich über eine Lizenz? – so und so viele Nutzerplätze vergibtst, oder wie auch immer du das gestaltet. Ich nehme an, das machst du außerhalb von Steady und direkt mit diesen Unternehmungen?

Ja, genau.

Ich würde auch sagen, das hat sich so organisch entwickelt. Du wurdest eigentlich angesprochen, ob das möglich wäre, oder?

Ja, genau. Das hat sich alles organisch entwickelt. Also wir sind weder auf Werbetour gewesen, mit Facebook, Google oder dergleichen Anzeigen, noch haben wir bei irgendwelchen Unternehmen vorgesprochen und gesagt: "Hey, wir haben dieses Produkt." Sondern es ist wirklich nur Word-of-Mouth. Sprich: Leute haben unseren Newsletter an Kolleg:innen empfohlen und dann haben sie sich in einem Unternehmen – vielleicht bei einer Kaffeepause – mal getroffen und gesagt: "Ach, du liest das auch, ist ja spannend. Ja, vielleicht können wir es für die ganze Abteilung holen." Und so gab es entsprechenden Bedarf. 

In der Tat ist es dann für uns aber auch einfach wichtig, Steady einfach einerseits als einen Pfeiler zu haben, um Leuten direkt dieses Abo zu verkaufen. Und auf der anderen Seite aber Institutionen zu haben, die uns da auch helfen, ein Stück weit unabhängig auch von Steady zu sein. Für mich als Unternehmer ist es natürlich immer interessant, zweigleisig zu fahren.

Und dann gibt es eine Frage aus einem Chat: "Wie viele Leute seid ihr?"

Aktuell sind wir zu zweit. Ich mache das hauptberuflich, Simon Hurtz hat eine, wenn man es so möchte, halbe Stelle. Sprich, er schreibt bei jeder Ausgabe ganz regulär mit, hat ansonsten aber ebenfalls mit der Süddeutschen Zeitung hauptberuflich zu tun. Und das ist der Stand jetzt. 

Wir stehen aber gerade an der Schwelle, uns auch nach weiteren Kolleg:innen umzuschauen. Mehr Leute kriegen noch mehr gewuppt und man hat im besten Fall, wenn man es schlau anstellt, vielleicht etwas mehr Luft zum Atmen und nicht ganz so viel zu tun. 

Weil, völlig klar, so dieser Solopreneur oder diese Creator Geschichte, die über Steady toll funktioniert und angeschubst werden kann und überhaupt das ermöglicht, ist einfach auch mit sehr viel mehr Aufgaben verbunden, als wenn man irgendwo angestellt ist. Oder wenn man auch vielleicht nur freier Autor ist für ein Magazin. Man ist ja gleichzeitig Service-Mitarbeiter, Marketingchef, Vertriebler, Herausgeber. Man nimmt Events wie dieses mit wahr, wo man darüber sprechen darf und muss aber gleichzeitig zusehen, dass zweimal die Woche dieses Briefing steht und ausgeliefert wird. Und das sind viele Hüte, die man da auf hat und viele Herausforderungen. Das ist jetzt gerade für uns ein Punkt, zu sehen – vielleicht ist es schlau und schön, sich noch weiter zu öffnen und neue Leute mit an Bord zu holen.

Du hast ja deinen Blog fünf Jahre geschrieben – auch zusammen mit anderen, oder? Hattest du schon einen Newsletter, bevor du dich entschieden hast, das dann über Steady zu monetarisieren? Wie viele Subscriber hattet ihr da?

Also wir hatten über die Jahre – sprich von 2013 bis 2018 – ein Kollektiv von insgesamt fünf Journalist:innen, die daran mitgewirkt haben. Pi mal Daumen hat das über die Jahren 10.000 Newsletter-Abonnent:innen generiert. Das heißt nicht, dass es zu dem Zeitpunkt 2018 wirklich 10.000 aktive Leser:innen da waren. Das waren, glaube ich, 6.000 Pi mal Daumen. Aber wir hatten ein Grundrauschen, ein Grundnetzwerk von rund 10.000 Kontakten über die Jahre aufgebaut. 

Das heißt also, zu dem Zeitpunkt, als wir es dann auf Paid umgestellt haben, was das nicht aus dem leeren Raum heraus, sondern mit einem wirklich solide bestehenden Publikum, mit einer treuen Leserschaft. Auch mit einer wirklich sehr tollen Community, die eben nicht nur als Leser:innen von uns gesehen wurde, sondern ein Stück weit auch als erweiterte virtuelle Redaktion: um Feedback einzuholen, was die Inhalte und mögliche Paid-Pläne betraf. Dementsprechend sind wir nicht bei Null gestartet, sondern mit soliden Hinweisen, dass das funktionieren könnte.

Ja, und dann hast du gesagt, habt ihr am Anfang so 300, 400 zahlende Abonnent:innen über Steady gehabt. Wie viele sind es heute? 

Es sind über Steady aktuell, glaube ich, ungefähr 1.600, die uns darüber lesen. Insgesamt sind es knapp 5.000 individuelle Leser:innen. Die anderen kommen über die institutionellen Kunden.

Kannst du eine Verteilung des Einkommens des Social Media Watchblogs zwischen institutionellen und privaten Leser:innen teilen?

Ja, das sind so 60/40 – also Steady 40, institutionell 60.

Ich hab dich aber auch sagen hören, das ist nicht unbedingt das, was du erwartet hast zu Beginn.

Ich habe es gar nicht verstanden. Ich hatte es als Idee vielleicht schon mal formuliert gehabt. Ich habe viele Vorbilder aus dem angelsächsischen Raum – also allen voran Leute wie Ben Thompson, der "Stratechery" schreibt – die so ein Paid-Membership-Modell schon erfolgreich aufgesetzt und vorgelebt hatten. Und da habe ich gedacht: "Na, das ließe sich ja vielleicht auch in kleinerem Umfang, eben nur deutschsprachig, aber doch irgendwie auch ein Stück weit hier im Raum DACH organisieren oder hinbekommen." 

Ich hatte aber natürlich keinen Einblick, wie viele Unternehmenskunden er hat. Oder wir nennen das Team-Abos, wie viele Team-Abos er verkauft. Und das wurde, weil man so möchte, wirklich an mich herangetragen. Einfach diese Idee: Ist doch vielleicht für die Buchhaltung in den einzelnen Firmen – auch ein interessantes Feedback für euch – schwierig, für 72 Mitarbeiter:innen ein einzelnes Steady-Abo einzukaufen, weil dann sagen sie immer: "Fünf mal 72 mal 5 Euro im Monat, wo sollen wir das eintragen, in welcher Exceltabelle?" Und dementsprechend haben wir das dann bilateral oft gelöst.

Für uns ist das einfach eine zusätzliche Sicherheit, vor allem für mich als Unternehmer. Eine kleine Anekdote dazu: Wir haben es zum 01.09.2018 damals scharf gestellt, die Paywall auf dem 31.08. Einen Tag vorher habe ich geheiratet! Ich hab gesagt: Es kann uns nichts passieren, ich bin Blogger, lass uns loslegen. (lacht) Und so hat das alles seinen Lauf genommen.

Also halten wir fest, dass du das erst nach der Eheschließung gemacht hast (lacht). Hier noch eine Frage aus dem Chat, und zwar von Alexandra, die gerne wissen möchte, ob sich euer B2B- und B2C-Angebot inhaltlich unterscheidet.

Es gibt gar kein B2C-Angebot in dem Sinne. Wir haben einfach über die Jahre festgestellt, dass wir tatsächlich, wenn man so möchte, wie so eine Fachpublikation sind. Das sind 80, 90 Prozent Menschen, die hauptberuflich mit sozialen Medien, sprich mit Kommunikation zu tun haben. Und es gibt auch den einen oder anderen Hochschulprof, der sagt. "Das ist ja anscheinend auch wichtig und spannend, was sie da schreiben, dann lese ich das." Aber wir sind nicht so sehr auf Masse aus, sondern wirklich auf Leute, die das irgendwie hauptberuflich tangiert. Aus Wirtschaft, aus Politik, aus Medien und dergleichen.

Es war von uns eigentlich mal gedacht, dass wir versuchen, ein Ort zu werden, um sozialen Medien stärker ... gar nicht zu kontrollieren, sondern einfach ein stärkeres Bewusstsein dafür zu entwickeln, was diese Plattformen für Macht haben, was sie für Power haben und warum sie so wichtig sind in unserem medialen Alltag. Und dann haben wir festgestellt: Naja, das eigentliche Geschäftsmodell liegt aber womöglich darin, eben Leuten, die damit hauptberuflich viel zu tun haben, diese Information aufzubereiten, damit zweimal die Woche einen Newsletter zu schicken, der sie in Kenntnis setzt, damit sie selber nicht die ganze Zeit "on" sein müssen, die ganzen News selber für sich erarbeiten müssen, sondern da eine Handreichung bekommen – ein Briefing.

Ja, super. Jetzt wird es ein bisschen technisch-nerdig. Hier gibt es Menschen, die würden gerne wissen, wie ihr das mit dem Team-Abo macht. Es ist ja schön, dass du institutionellen Leser:innen einen Zugang verkaufst, aber dann hast du diese 72 Mitarbeiter:innen dahinter. Wie geht das?

Das ist relativ einfach. Wir verschicken unser Newsletter über Mailchimp. Und bei Mailchimp gibt es die Möglichkeit, die Subscriber zu ver-"tag"-en. Also ihnen einen kleinen Stempel aufzudrücken und zu sagen: "Hey, die kommen von einer Deutschen Welle." Oder: "Hey, die kommen vom Auswärtigen Amt." Und dergleichen. Oder: "Hey, die kommen von Steady, wie schön." Und dann haben wir eben die Möglichkeit, auch diese Menschen noch mal zielgerichtet onzuboarden. Also nochmal gemeinschaftlich zu begrüßen, zum Beispiel immer zu schreiben: "Hey, cool und wusstest du überhaupt? Du bist nicht alleine. Es gibt schon 276 Leute vom Auswärtigen Amt, die uns auch lesen." 

Verkaufen tun wir das ganz simpel über eine Honorarrechnung, Zeitraum ein Jahr. Das machen wir nicht monatlich, weil dann würden wir verrückt, sondern es ist dann immer für ein Jahr die Verabredung. Leute x, Summe y und hier ist die Rechnung. Dann tragen wir die Kolleg:innen ein mit den ganz großen Team-Abos – und da sprechen wir wirklich über die großen Häuser, wie schon genannt Auswärtiges Amt oder die mehrere hundert Leute bei uns haben – die haben einen eigenen Zugang zu dem Netzwerk, wo sie sich für die Liste eintragen können. Das heißt, das müssen wir nicht verbreiten, sondern das ist dann intern bei denen hinterlegt und dann können die einfach ihre Mitarbeiter bei Mailchimp neu eintragen oder wieder austragen.

Super, vielen Dank für den kleinen Deep Dive. Eine Frage aus dem Chat von Raul Krauthausen: Wie stimmt ihr euch ab, welche Inhalte relevant sind? Es gibt ja eine Flut an Informationen. Wie wählt ihr aus?

Hi Raul, vielen Dank für deine Frage, total wichtig, Simon und ich haben darüber auch gesprochen. Wie machen wir das eigentlich? Gibt es eine Art Checkliste oder so? Im Moment wissen wir das noch nicht. 

Aktuell ist es einfach wirklich die jahrelange Auseinandersetzung mit diesen Themen. Also, dass wir auf ein Thema gucken und sagen, das ist relevant, das müssen wir im Auge behalten, das muss irgendwie sofort mitgenommen werden in einem der nächsten Briefings. Oder das ist etwas, was wir erst mal beobachten und dann vielleicht in einem größeren Zusammenhang mal mit erklären. Es ist einfach, wirklich, es ist einfach tatsächlich ein Stück weit journalistische Erfahrung. Wir schauen jetzt beide seit über zehn Jahren auf dieses Thema und lesen jeden Tag dazu extrem viele Quellen und haben dann einfach ein sehr, sehr gutes Bauchgefühl dafür entwickelt. 

Aber – und darum auf jeden Fall gut, Raul, dass du das fragst – um jemand Dritten jetzt an Bord zu holen, müsste man das mal aufschreiben, definieren und festzurren. Sonst wäre ein Onboarding für weitere Kolleg:innen total schwierig, weil sich das nicht erschließt. Eigentlich braucht es da schon eine Form von Kategorisierung und von daher: Vielen Dank für diesen Hinweis.

Also eine Aufgabe, die es anzugehen gilt, spannend.

Netzwerk, Community und Einzelverkäufe 

Überlegst du auch, ein Steady-Projekt zu starten? Dann informiere dich hier: 

Jetzt eine Frage von Robert. Der möchte gerne wissen: "Wenn ich nur einzelne Infos kaufen möchte und nicht ein-, zweimal die Woche ein großes Briefing – da gibt es die Möglichkeit nicht. Schade. Warum nicht?"

Auch ein guter Hinweis. Gibt es so in dieser Form bei uns noch nicht. Also meistens machen wir es so, wenn dann jemand uns eine Mail schreibt und sagt: "Das und das interessiert mich, aber jetzt gerade gar kein Bock euch darauf zu lesen." Dann schicken wir ihnen eben den Newsletter. Dann kriegt er den einfach, kriegt sie den einfach. Das heißt, den verkaufen wir ihn an der Stelle gar nicht. Und es ist in der Tat technisch auch an dieser Stelle für uns nicht ohne Weiteres darstellbar. Solche Newsletter, oder sogar einzelne Themen aus einem Newsletter, gesondert zu verkaufen. Das ist eine technische Herausforderung, die wir so noch nicht gelöst bekommen. 

Wenn es eine einfache Lösung gäbe, wie jetzt eben mit Steady, eine Paywall vorzusetzen oder Steady-Abos zu verkaufen, würde das von uns implementiert werden.

Die Frage kriegen wir auch immer wieder, warum wir das nicht haben als Feature, und wir diskutieren das auch im Team. Aber das ist eigentlich nicht das, was wir anbieten wollen. Denn wenn es die Möglichkeit gibt, immer sich nur die einzelnen Aspekte herauszupicken, dann haben Publisher – vielleicht ist das bei dir schon anders, ob deiner Reichweite, weiß ich gar nicht – aber Kleinere einfach nicht die Möglichkeit, daraus genug Geld zu generieren, um die Gesamtarbeit zu finanzieren.

Ein Nachsatz dazu auch noch. Damals, als wir die Paywall eingezogen haben, war der Anteil, also Leute, die gesagt haben: "Na gut, da gehe ich nicht mit." – der war echt gering. Also wir haben, als es damals for free war, 6.000 Leser:innen gehabt. Jetzt haben wir knapp 5000, wo es kostenpflichtig ist. 

Klar ist nicht einer einfach von einen Tag auf den nächsten direkt gefolgt, sondern viele sind dann auch über die Monate, über die Jahre wieder zu uns zurückgekommen. Aber ein Stück weit auch, weil sie nicht nur das Projekt irgendwie wichtig für ihre Arbeit finden, sondern weil sie es auch unterstützenswert finden. Viele begleiten mich, Martin und Simon schon lange auf Social oder wir kennen uns von Konferenzen, oder aus anderen Zusammenhängen. 

Und dann ist es eben auch nicht nur ein Briefing, sondern auch ein Zugang zur Community bei uns. Also wir haben eine Slack-Community mit über 800 Kolleg:innen, die da jetzt mittlerweile sich vernetzen. Und dieser Zugang zu dieser Slack-Community steht und fällt eben auch mit dem Abo. Darüber hinaus haben wir einmal im Monat eine Lecture, also eine kleine Vorlesung von einem unserer Leser:innen, die dann aus ihrem eigenen Bereich etwas vortragen. Im Januar spricht zum Beispiel Dirk von Gehlen. Im Februar ist Daniel Fiene mit dabei, im März sind zwei Kollegen vom WDR, die zu Generation Alpha was erzählen. 

Der WDR ist auch als Team-Abo mit an Bord. Und da versuchen wir unter dem Motto "Each One Teach One" immer monatlich auch etwas Input von anderen, von unser Leser:innen mit ins Haus zu holen. Und das ist alles ein Gesamtpaket. So ist das Briefing mehr ein Fundament. Aber von daher sind Einzelverkäufe für uns auch nicht so interessant.

Super, vielen Dank, dass du das nochmal im Gesamtpaket so aufgespannt hast. Frage noch mal kurz zum Pricing. Einzelabonnenten versus institutionelle Abonnenten – müssen B2B-Kund:innen mehr zahlen?

Nein, nicht wirklich. Es gibt aber eine Deckelung für B2B-Kund:innen. Dadurch zahlen sie am Ende sogar weniger. Sprich das Auswärtige Amt – wenn die mit 300 Kolleg:innen dabei sind, dann zahlen die nicht 60 Euro im Jahr. Das wäre schön – 300 mal 60 Euro im Jahr, da wäre ich meinem Haus in Südfrankreich schon sehr viel näher. Stattdessen ist der Preis gedeckelt. Das heißt, wir haben immer irgendwo eine Grenze eingezogen, gesagt: "Hey, wenn ihr so und so viele Leute habt, die es bei euch lesen wollen, dann gibt es den und den Preis fix. Darüber hinaus könnt ihr on top so viele setzen wie ihr wollt." Das ist ein Preis, mit dem wir gut arbeiten können. 

Zum Thema Pricing, sprich Preisfindung ... auch das ist ganz witzig. Wir haben am Anfang diese Team-Abos zu einem Preis aufgesetzt, der, wo wir nach einem Jahr festgestellt, oder schon im Laufe des Jahres: "Nein, das funktioniert so nicht." Und mussten dann nachsteuern und mussten es dann im Jahr darauf 150 Prozent teurer verkaufen. Das waren interessante Gespräche: "Wir haben uns wirklich verkalkuliert und das ist total cool, dass ihr an Bord seid, aber so funktioniert es nicht." Also es ist einfach jung. Wir lernen. Es ist eine komplett neue Art des journalistischen Wirtschaftens auch, Preisverhandlungsfragen. Und eigentlich sind alle mitgezogen. 

Viele – das mussten wir am Ende des Tages feststellen – wissen selbst nicht so richtig, wo sie es verbuchen sollen. Also es ist dann einfach noch günstig, weil wir sind einfach nur zwei Dudes. Wir haben keine Riesen-Infrastruktur. Wir müssen nicht die Riesenpreise aufrufen, sondern wir sind einfach zwei Journalisten. Aufgrund dieser über 100 Häuser, an die wir das liefern, haben wir extrem viele unterschiedliche Arbeitgeber, wenn man so möchte. Und das ist für uns eine Gesamtrechnung, das heißt, das einzelne Haus ist oder der einzelne Abverkauf ist nicht so entscheidend, sondern es ist diese Gesamtstruktur. Das funktioniert aber so ganz ordentlich für uns. Also wir müssen halt jetzt gucken, weil im Einzelfall ... wenn jetzt zum Beispiel Bertelsmann und Gruner und Jahr fusionieren und dann auf einmal sagen: "Wir sind jetzt 600 Leute." Dann können wir diese Deckelung so nicht mehr halten, dann müssen wir da wieder in die nächste Runde gehen. Aber prinzipiell funktioniert das erst mal.

Super. Danke. Jetzt gibt es noch mal ganz kurz: DSGVO. Spezifisch Mailchimp und DSGVO. Irgendwelche Bedenken?

Nein, eigentlich nicht. Wir machen ein strenges Doppel-Opt-In-Verfahren. Bei den Unternehmenskunden das gleiche Prozedere. Die kriegen sogar ein Onboarding-PDF und können ihre Leute da dann reinholen und müssen da auch zweifach zustimmen. 

Und am Ende des Tages – klar wären wir auch zufrieden, wenn es einen tollen europäischen Anbieter geben würde, mit dem wir da ähnlich gut arbeiten könnten. Von dem Setup, wie wir das technisch gerade für uns gelöst haben, funktioniert Mailchimp aber auch einfach sehr okay. Also es ist wirklich nicht das allertollste Tool. Mailchimp ist natürlich eher für Marketing-Geschichten aufgesetzt und nicht unbedingt für redaktionelles Arbeiten. Aber es ist momentan für uns in dem Stack noch ein okayes Instrument. Wie gesagt, datenschutzmäßig haben wir da keine Bauchschmerzen wegen Doppel-Op-In. Und weil Mailchimp einfach auch ein großer Player ist, der mit allen juristischen Wassern gewaschen ist, um auf dem europäischen Markt aktiv zu sein.

Ich muss an der Stelle noch mal ganz kurz Eigenwerbung machen: Steady hat ja auch ein Newsletter-Produkt, das man kostenlos nutzen kann. Also wenn hier Menschen interessiert sind, erstmal auszuprobieren, dann lade ich euch dazu herzlich ein, das zu tun. So, Sandra frgt: "Also es ist erst mal ratsam, eine riesige Newsletter-Community aufzubauen – wie, ist mir noch nicht ganz klar – und dann eine Paywall einzurichten."

Sagen wir so, also es ist wirklich, glaube ich, eine extrem große Aufgabe, sich ein Produkt zu überlegen und das aufzusetzen und zu sagen: "Und das kostet etwas. Und jetzt, bitte, Publikum, kommt zu mir und kauft das Ding." Es ist wirklich ein großer Vorteil, wenn man bereits eine bestehende Leserschaft mitbringt. Dann hat man ein gewisses Grundrauschen, was dann wirklich ein entscheidender Vorteil sein kann, um so was zu launchen. 

Man muss eben auch dann womöglich bereit sein, das erst mal als Side-Hustle oder als Nebenprojekt zu fahren. Als ich beim ZDF gearbeitet habe, da hatte ich ganz reguläre 9-, 10-Stunden-Tage in der Redaktion. Dann hab ich manchmal morgens zwei Stunden, abends zwei Stunden noch an diesem Newsletter gesessen. Beim Spiegel ganz genauso. Als wir Bento gelauncht haben, da hatte ich nicht 10-Stunden-Tage, sondern es waren 12-Stunden-Tage, weil alles from scratch. Und dann hast du aber trotzdem morgens und abends noch diesen Newsletter mit betreut, mit geschrieben. Das heißt, es ist ein enormer Aufwand, den ich da betrieben habe und der dann wirklich auch bei mir eben zu dieser Frage geführt hat: "Also entweder versuche ich das Ganze jetzt hauptberuflich zu machen, damit Geld zu verdienen oder es muss weg." 

Genau das bietet sich aber eben an, egal ob man jetzt viele Follower auf Instagram hat oder einen Podcast hat, der von vielen Menschen gehört wird. Ein gewisses Netzwerk mitzubringen, bevor man irgendwo auf Paid umstellt, ist wahrscheinlich ratsam. Ansonsten fehlen einem einfach häufig Ressourcen und Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen und auch zu signalisieren, warum man jetzt unbedingt dafür bezahlen sollte.

Genau, Sandra, danke für deine Frage, du hast das richtig zusammengefasst. Erst mal etwas Reichweite aufbauen, das sehen wir über alle Publisher und Creator auf Steady hinweg, dass Leute damit Erfolg haben. Erst mal Dinge zugänglich machen, um dann eine Paywall einzuziehen, damit zu spielen und zu gucken, was funktioniert. 

Die Kraft der Nische

Vom unterschätzten Potenzial der Nische berichtet Martin Fehrensen auch hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) im Interview im Medialab Bayern.

Noch eine Frage aus dem Chat. Am Anfang hattet ihr 300, 400 zahlende Abonnent:innen. Was hast ihr gemacht, um die Zahl auf aktuell 1.600 zu erhöhen?

Das war der Zeitraum, in dem wir den Testballon gestartet haben und geschaut haben: "Okay, stellt euch vor, es wäre kostenpflichtig. Wer würde mitziehen?" 300, 400 Leute. Wow, tolles Signal. Fünf Monate später: "Jetzt ist es kostenpflichtig und ihr müsst zahlen." Und dann kamen wir relativ schnell auf 1.000. Seitdem sind wir jeden Monat mehr oder weniger positiv, was Wachstum angeht. 

Manchmal macht man größere Sprünge, weil man vielleicht irgendwie – keine Ahnung – zum Beispiel letztes Jahr, als wir viel Corona-Berichterstattung gemacht und dann über das Thema Desinformation im Zusammenhang mit Covid usw. berichtet haben. Das hat uns viel Aufmerksamkeit zugetragen. Also, wir wachsen jetzt nicht jeden Monat 10 Prozent, 20 Prozent auf Steady. So ist es nicht. Es ist mühselig. 

Man muss schon auch gucken, dass man da nicht zu krasse Ansprüche hat an das Projekt. Das heißt, auch von der Kostenstruktur her sich vor Augen führen, was braucht es denn? Das war für mich immer so ganz wichtig, so eine Hausnummer zu nennen. Was braucht es denn an monatlichen Einnahmen, damit das funktioniert? Oder an Jahreseinnahmen, damit es irgendwie funktioniert? Und das nicht allzu hoch anzusetzen und zu sagen: "Ich möchte jetzt ein Briefing schreiben für ganz Deutschland." Sondern festzustellen: "Naja, ich brauche vielleicht nur 1000 Leser:innen, die im Monat 10 Euro zahlen. Wie super ist das denn so? Und ich kann schon zu zweit mit jemandem was aufsetzen." 

Und das ist ja auch dieser Traum –wie damals von Kevin Kelly formuliert mit den 1000-True-Fans – was jetzt zum Tragen kommt. Was einfach großartig ist und wo ich selber immer mal wieder dafür plädiere oder auch dafür werbe, sich da reinzuschmeißen und zu schauen, ob es nicht für einen selber auch funktionieren kann. Gleichwohl eben mit dieser Annahme, das werden dann sicherlich keine Millionenumsätze im Monat. 

Also nicht jeder wird irgendwie ein BuzzFeed starten, aber ein Social Media Watchblog mit einem Thema, einem Fokus, einer Nische für ein Publikum, was womöglich es auch beruflich sogar noch nutzen kann, also nicht nur nice-to-have, sondern eben wirklich Mehrwert im beruflichen Alltag schafft, kann eben jetzt mit solchen Tools wie Steady und aber auch vielen anderen da draußen – Mailchimp als Newsletter – gut funktionieren. Und das muss man sich einmal vor Augen führen. Was ist die Nummer, die ich brauche im Monat, damit es für mich funktioniert. Damit ich wirklich das Privileg habe – und das ist was, wo wir stolz darauf sind – zu einem ganz spezifischen Thema arbeiten zu können. 

Martin, tausend Dank. Vielen Dank auch im Namen der Zuhörer:innen in dieser Session, denen du erzählt hast, wie du mit dem Social Media Watchblog ganz groß geworden bist und dein Haus in Südfrankreich zum Greifen nah ist.

(Lacht) Wir sprechen uns in 20 Jahren.

Martin Fehrensen und Social Media Watchblog kannst du auf Twitter (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Instagram (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), der eigenen Webseite (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder natürlich auf Steady (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) folgen.

Hast du aus diesem Interview Ideen für deine eigene Arbeit mitgenommen? Wenn du mit einem Projekt durchstarten willst, egal ob Youtube-Show, Newsletter, Podcast oder Blog, stehen wir von Steady dir bei jedem Schritt zur Seite. Ein Projekt zu starten ist einfach und kostenlos. Bei Fragen wende dich gern jederzeit an support@steadyhq.com. 

Das Interview wurde redaktionell bearbeitet und gekürzt. Die vollständige Aufnahme findest du auf Podigee (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Spotify (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Apple Podcasts (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und überall, wo es Podcasts gibt. 

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