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Der Übermedien-Newsletter von Frederik von Castell

Liebe Übonnent:innen,

seit ich als Journalist arbeite, habe ich mir drei Dinge immer gewünscht. Erstens zu Themen, für die ich brenne, recherchieren zu können und zwar so lange, wie es eben braucht. Zweitens dabei unabhängig von Interessen Dritter, dafür mit klugen, lustigen und mutigen Teamplayern zu arbeiten. Und drittens: Von meinem Arbeitgeber fair bezahlt und geachtet zu werden.

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Übermedien, das ist mehr als eine Redaktion mit ein paar Schreibtischen in Berlin. Die Anzahl der freien Autor:innen, die für uns geschrieben haben, liegt längst im dreistelligen Bereich. Und manche von ihnen haben sogar schon Artikel im dreistelligen Bereich veröffentlicht. Wie Samira El Ouassil (Opens in a new window), Mats Schönauer (Opens in a new window) oder Michalis Pantelouris (Opens in a new window), der sich in dieser Woche den Photoshop-Skills auf Gabor Steingarts Pioneer One (Opens in a new window) gewidmet hat.

Andere Autor:innen haben erst einmal für Übermedien geschrieben.  Das trifft vor allem auf junge, talentierte Journalist:innen zu. Wie Léonardo Kahn (Opens in a new window) und Olivia Samnick (Opens in a new window). Beide wurden in dieser Woche unter den „Top 30 bis 30“ des „Medium Magazins“ (Opens in a new window) geführt. Wir gratulieren herzlich!

Diese Woche bei Übermedien

Screenshot: Welt; Foto: Imago/Vistapress/Wenzel; Montage: Übermedien

Und nun live nach Sylt zur Hochzeit von Franca Lehfeldt und Christian Lindner (Opens in a new window) | Finanzminister heiratet „Welt“-Chefreporterin. Wir haben antizipiert, wie Medien berichten.

Ein Preis für alle Überlebenden des Privatfernsehens (Opens in a new window) | Wer vorbeikommt, kriegt 'nen Preis. Außer David Denk. Der war für uns bei der Sonnenklar-TV-Gala. (Ü)

Täterprofil­neurose bei den „Ruhr Nachrichten“ (Opens in a new window) | Ferndiagnosen eines Psychologen und Nachbarbefragungen bei RN dreht sich alles um einen mutmaßlichen Täter.

„Man spricht sehr häufig über uns und bei weitem nicht so häufig mit uns“ (Opens in a new window) | Interview mit Georgine Kellermann über Trans-Rechte und Medien. (Ü)

Die große Kunst der Titelbild-Fotomontage – in der kleineren Gabor-Steingart-Version (Opens in a new window) | Beim „The Pioneer Briefing“ ist jemand in einen Topf voll Photoshop gefallen, und das Ergebnis ist psychedelisch. (Ü)

„Pod steh uns bei“: Wenn aus Vielfalt Hörerverwirrung wird (Opens in a new window) | Die Podcastkritik von Larissa Vassilian (Ü)

(Ü): Exklusiv für Übonnent*innen

Ich werfe mal diese These in den Newsletter: Das Sommerloch gibt es längst nicht mehr. Sowieso scheint der Begriff selbst in seiner Hochsaison nur noch von einer bestimmten Sorte Mensch verwendet zu werden. Denen, die das Internet noch ein Level unter dem Whataboutism spielen, die das restliche Jahr offenbar nicht viel besseres zu tun haben, als unter Artikel, deren Inhalt sie nicht interessiert, Dinge zu schreiben wie: „Wayne interessierts". Oder irgendwas daherzuwitzeln von irgendwelchen umgekippten Fahrrädern in Holland oder Säcken voller Reis in China. Oder jetzt eben wieder vom Sommerloch faseln. 

Wir kommen gleich nochmal zu diesen Menschen, blicken aber zunächst auf den vergangenen Donnerstag, der Newsdesks und Reportern einiges abverlangt haben dürfte. 

Das lag zum einen an Boris Johnson. Alle warteten (Opens in a new window) auf den Rücktritt des britischen Premiers, der unausweichlich schien. Stundenlang richteten News-Outlets ihre Kameras auf die Tür der Downing Street 10. „Welt“-TV ließ die Tür gar nicht mehr aus den Augen, sendete fast durchgängig im Spiltscreen. Was zu der kuriosen Szene führte, dass die Tür gleich doppelt zu sehen war, wenn ein Beitrag zur anstehenden Verkündung Johnsons rechts im Bild lief.

https://twitter.com/uebermedien/status/1544994934968705025?s=20&t=8nzW7asMkQ7e0tOKK7-s8w (Opens in a new window)

Wir sind übrigens etwas traurig darüber, dass unseren Larry the Cat (Opens in a new window)-Gag gar nicht so viele Menschen witzig fanden. Neidlos mussten wir (und alle anderen Medien) aber sowieso vor dem „Economist“-Cover den Hut ziehen.

https://twitter.com/TheEconomist/status/1544960560978173956?s=20&t=gsvMpjFHjfhn11JSJ3tRUw (Opens in a new window)

#Clownfall trendete bei Twitter, #BorisJohnson sowieso. Direkt dahinter in den deutschen Twitter-Trends lag #Lindnerhochzeit. Das klingt doch nach einem Sommerloch-Thema, einem für den Boulevard. Wie Medien über die viertägige Sylt-Sause von Finanzminister Christian Lindner und „Welt“-Chefreporterin Franca Lehfeldt berichten könnten, hat Boris Rosenkranz sich ausgemalt (Opens in a new window). Tatsächlich war und ist die Hochzeit auch medienjournalistisch recht spannend. Warum? Können Sie hier noch einmal nachlesen (Opens in a new window).

Wenn Sie nun nochmal an den Donnerstag denken: Welches Ereignis lag da, sagen wir am Nachmittag, wohl auf Platz 3 der Twitter-Trends? Ferda Ataman womöglich, die nach nicht-enden-wollenden Kartoffel-Debatten kurz vor der Wahl zur neuen Bundesbauftragten des Antidiskriminierungsstelle stand (und letztlich knapp vom Bundestag gewählt wurde)? Oder das umfangreiche (und mindestens genauso umfangreich diskutierte) Gesetzespaket zum Ausbau erneuerbarer Energien der Ampel-Koalition, über das ebenfalls im Bundestag abgestimmt wurde?

Neee. Gucken Sie mal:

Emilia Fester ist eine Grünen-Politikerin aus Hamburg, 24 Jahre alt und damit das jüngste Mitglied des Bundestages. Wie kommt sie in die Twitter-Trends? Was hat sie gemacht? Naja, nichts. Denn es geht gar nicht darum, was Fester gemacht hat, sondern was sie nicht gemacht hat - und noch viel mehr, was „Bild“ daraus gemacht hat.

„Bei dieser Grünen ist was faul“ (Opens in a new window) steht über dem „Bild.de“-Artikel von Michaela Klauer, die mystisch einsteigt: „Das Schweigen der Milla ...“. Klingt nach nem dicken Ding, oder? Was hat Fester ausgefressen? Halten Sie sich fest.

Fester ist letzte im Ranking von „Abgeordnetenwatch“ (Opens in a new window). Also letzte von 16 Hamburger Bundestagsabgeordneten. Weil sie keine der 42 Bürgerfragen auf der Plattform beantwortet hat (genau wie der AfD-Abgeordnete Baumann, der aber weniger Fragen bekommen hat) . 0 Prozent. Heugabeln raus! (Opens in a new window)

Nun könnte man meinen, naja, für die Hamburger Leser:innen der „Bild“ ist das doch eine interessante Info und blöd, dass das dann so abgeht, aber Intransparenz ist ja auch voll uncool, stimmt ja. Nur hat „Bild“ die Sache eben ein klein bisschen höher gehängt, genauer: am frühen Nachmittag (Opens in a new window) Fester prominent auf die Startseite gepackt. 

Screenshot: „Bild“ 

Man muss nämlich wissen: Fester (Opens in a new window) erhitzt (Opens in a new window) öfter (Opens in a new window) die (Opens in a new window) Springer-Gemüter (Opens in a new window). Und die Fragen (Opens in a new window) bei „Abgeordnetenwatch“ folgen und beziehen sich, oha, oft auf, genau, diese „Bild“-Artikel. Sieht man auch gerade wieder: 29 weitere Fragen sind seit Donnerstag hinzugekommen, darunter Fragen wie „Wie fällt ihre Reaktion zu den jüngsten Vorwürfen aus?“. Die kann man übrigens immerhin im Artikel selbst nachlesen:

„Unser Fokus liegt auf der Beantwortung von Anfragen, die Bürger*innen direkt an uns heran tragen. Insbesondere über Social Media & per Mail erreichen uns hier täglich mehrere Anfragen, die wir stets gerne beantworten. Wir bemühen uns, die Kommunikation über Abgeordnetenwatch zukünftig zu steigern.“

Was dort aber nicht zu finden (Opens in a new window) ist: Auch nur eine Zeile zu einer der anderen fünf von „Abgeordnetenwatch“  ausgewerteten Bundesländern (Opens in a new window)

Etwa zu Nordrhein-Westfalen. Die letztplatzierten dort sind allesamt langjährige Abgeordnete und heißen Sahra Wagenknecht (0 von 45 Fragen), Friedrich Merz (0/50), Jens Spahn (0/80) und Karl Lauterbach 0/329). 

Auch in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern finden sich auf dem letzten Platz prominente Politiker: Kevin Kühnert (0/35) und Philipp Amthor (0/11). 

Und in Brandenburg belegen die hinteren beiden Plätze der Kanzler him- und die Außenministerin herself (Scholz 0/191, Baerbock 0/244).

Aber klar, immer fester drauf auf die junge Abgeordnete. Der antigrüne Mob bringt schließlich ordentlich Klicks. Beim Durchscrollen der Hetze gegen Fester auf Facebook und Twitter finde ich übrigens gleich mehrere User:innen, die unter dem Hashtag #EmiliaFester von „Wohlstandsverwahrlosung“ und einem „grünen Kleinkind“ schreiben. Bei ein paar dieser User:innen klicke ich mich durch die letzten Tweets und Posts. Und brauche gar nicht lange, bis ich von denen zu anderen Themen die ersten „Sommerloch“- und „Sack Reis“-Kommentare finde. Was für eine Ironie.

Herzliche Grüße & einen schönen Sonntag!

Ihr Frederik von Castell

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