Der 01. Juli in der Geschichte
Adel vernichtet, Haie verspachteln, Liebe verzweigt sich
1766 – François-Jean de la Barre, ein französischer Adeliger mit freidenkerischen Ambitionen, wird hingerichtet, weil er in den Augen der Kirche zu schlüpfrige Bücher gelesen, eine obszöne Ode rezitiert und despektierliche Bemerkungen gegenüber religiösen Symbolen gemacht hat. Besonders schlimm ist aber, dass er bei einer Fronleichnamsprozession nicht den Hut abgenommen haben soll. Die Gerechtigkeit verlangt selbstverständlich, dass ihm die Zunge abgeschnitten, die Hand abgehackt und der Kopf abgeschlagen werden muss. Im Anschluss muss er noch auf den Scheiterhaufen.
Glücklicherweise ist das kollektive »Wat?!« der geistigen Elite genug, dass de la Barre der letzte in Frankreich wegen Blasphemie zum Tod Verurteilte bleibt.
1879 – Charles Taze Russell, einer der Gründer der Bibelforschergemeinschaften, aus denen später u.a. die Zeugen Jehovas hervorgehen, bringt die erste Ausgabe der Zeitschrift »Wachturm« heraus.
»Und wat machen wir jetzt damit?«, fragen seine Anhänger.
»Klopft mal an alle Türen und fragt, ob die nicht eine Ausgabe haben wollen.«
1885 – König Leopold II. von Belgien gründet den Kongo-Freistaat, der quasi nur ihm gehört und nicht etwa Belgien. Die anderen Staaten ließen ihn machen, weil er versprach, dass er humanitäre und philanthropische Arbeiten erledigen würde. Vor allem aber fanden sie cool, dass er sagte: »Leute, wenn ihr da handelt, gibt es keine Steuern drauf!« Dann fängt er eine Terrorherrschaft an, die nahezu Seinesgleichen sucht. Elfenbein, Gummi und Mineralien werden aus dem Land geholt und wer von den Einheimischen nicht spurt, dessen Familie wird halt umgebracht. Oder es werden Hände abgehackt. Worauf man gerade Lust hat. Das System fordert bis zum Ende des Freistaats direkt oder indirekt das Leben von rund 50% der Bevölkerung. Von Leopold II. gibt es heute übrigens noch allerlei Statuen.
1903 – Weil die Zeitschrift »L’Auto« (»Das Auto«) gegenüber ihrer Konkurrenz »Le Vélo« (»Das Fahrrad«) nicht genug Leser hat und vor allem nicht die Fahrrad-Fans als Leser verlieren will, richtet sie die erste Tour de France aus. Das Rennen wird ein Erfolg, die Zeitschrift verkauft so viele Exemplare, dass sie einen Geldspeicher anlegen muss, und im Jahr darauf hat die Konkurrenz so viele Leser verloren, dass sie alle Viere von sich streckt.
Der Gewinner der ersten Tour de France, Maurice Garin, wurde übrigens im darauffolgenden Jahr disqualifiziert, kaufte sich vom Preisgeld der ersten Tour eine Tankstelle und arbeitete dann dort bis an sein Lebensende.
1915 – Leutnant Kurt Wintgens, Kampfflieger im Ersten Weltkrieg, gelingt als erstem Flieger der Abschuss eines feindlichen Flugzeuges mit dem neu in den Einsatz gebrachten synchronisierten Maschinengewehr. Interessanterweise war Wintgens einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige Flieger mit schlechten Augen. Er flog mit Ausnahmegenehmigung und einer speziellen Brille.
1916 – An der Küste von New Jersey legen sich die Haie Lätzchen um und beginnen mit einer Reihe von Angriffen auf Badende. Fast sechzig Jahre später erscheint zunächst ein Buch, dann ein Film, inspiriert von den Vorgängen damals. Der Name von Buch und Film: »Der weiße Hai«.
1917 – Der letzte Kaiser Chinas, Puyi, wird ein zweites Mal zum Kaiser gekrönt, nachdem er 1912 den Titel bereits abgeben musste. Zwölf Tage später kommt irgendwer zur Besinnung und sagt: »Nee, wartet mal, wir wollten doch gar kein Kaiserreich mehr!«
Und alle so: »Ach ja! Mensch! Da war doch was.«
Puyi ist darauf dann wieder Nicht-Kaiser.
1934 – Die »Nacht der langen Messer« endet mit dem Tod von Ernst Röhm. Im Grunde sagte Hitler Ende Juni: »Manno, der Röhm und seine SA haben voll viel Macht und so. Ich will aber die ganze Macht. Der Typ und seine Leute müssen weg, sonst ist das ja voll gefährlich.«
»Ja, und wat sollen wir jetzt machen?«
»Na ... bringt die doch mal um oder steckt sie ins Gefängnis.«
»Wat?«
»Wat?«
Sowohl Gegner als auch Mitstreiter müssen dran glauben. Mindestens 85 Leute sterben, mehr als 1000 werden verhaftet. Hinterher wird das Ganze so dargestellt, als wollte Röhm einen Putschversuch unternehmen und man verabschiedet dann noch schnell ein Gesetz, das die ganzen Morde legitimiert. Deswegen wird auch vom Röhm-Putsch gesprochen.
1938 – Die »Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben« wird gegründet. Nach dem Krieg denkt man: »Hm, das passt jetzt aber auch nicht mehr so wirklich.«
»Wie wäre es denn mit Wolfsburg?«
»Ach, nach der Burg, die es hier seit dem Mittelalter gibt?«
»Äh, genau. Und nicht etwa nach dem Spitznamen von Hitler, der »Wolf« war.«
»Wat?«
»Wat?«
1943 – Die Stadt Tokio wird aufgelöst. Das, was wir heute als Tokio kennen, ist im Grunde eine Häufung von Bezirken, die irgendwie selbstverwaltet sind und ... wie auch immer. Wahrscheinlich haben die damals gedacht: »Wie sollen wir die Masse an Leuten verwalten?«
»Wat weiß ich? Anders. Nicht so.«
1979 – Sony stellt den Walkman vor. Als das erste Gerät, das es erlaubt, mobil Musik zu hören, sorgt es dafür, dass die Anzahl der Leute, die als Ausgleichssport laufen, sich um 30% erhöht. Keine Ahnung, ob es irgendwo Statistiken gibt, wie viele Leute deswegen unkonzentriert auf die Straße gerannt sind.
1989 – In West-Berlin findet die erste Love Parade als politische Demonstration unter dem Motto »Friede, Freude, Eierkuchen« statt. Teilnehmer: 150 Leute. Ein Jahr später sind es schon 2.000 Leute. Zehn Jahre später sind es 1.500.000 Leute. Schätze der Drogenverbrauch ist ebenso exorbitant angestiegen.