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Warum du nicht mehr wächst

Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Die Mathemetik des Abo-Wachstums.

Hallo!

Heute haben wir einen Gast-Autor zu Besuch, über den ich mich ganz besonders freue: Sascha Bossen.

Sascha hat fünf Jahre lang das Produkt bei Zeit Online gemanagt – und währenddessen die digitale Auflage verdreifacht. Davor hat er das Plus-Modell beim Hamburger Abendblatt mit entwickelt. Jetzt macht er sich selbstständig und unterstützt Verlage dabei, das Wachstum ihrer Digital-Abos zu stärken.

Anders ausgedrückt: Es gibt wohl kaum jemanden in Deutschland, der sich besser mit digitalen Abos auskennt. Das meiste von diesem Fachwissen lässt sich meiner Einschätzung nach gut auf unabhängige Medienmacher:innen übertragen (solang man eine Null oder zwei weglässt).

In seinem neuen Newsletter Sub Growth (Opens in a new window) (hier kostenlos anmelden (Opens in a new window)) erklärt Sascha, warum jede Publikation früher oder später auf ein Plateau gerät und hilft dir auszurechenen, wann es bei dir soweit sein wird.

Die Mathematik des Abo-Wachstums

Text: Sascha Bossen

🚀 Was Du aus diesem Artikel mitnehmen wirst:

  1. Erfahre, warum Abo-Geschäfte stagnieren – und warum der Blick auf Kündigungs-Raten dabei so wichtig ist.

  2. Das Wachstums-Framework: Finde heraus, auf welchen maximalen Abo-Bestand Du gerade zuläufst.

  3. KPI im Fokus: Entdecke ein Tool, das Dir zeigt, wie sich Änderungen in KPI auf Dein Abo-Wachstum auswirken.

Die letzten Jahre waren ein regelrechter Höhenflug für die Digital-Auflagen der deutschen Verlage. E-Paper-Bundling und Paid Content haben die IVW-Zahlen in die Höhe schnellen lassen. Doch jetzt? Die Branche zeigt Anzeichen einer Wachstums-Verlangsamung, oder sogar einer Stagnation.

Der Verlauf ist aber alles andere als überraschend. In einem Markt, der durch die Begrenzung der Sprache geografisch nicht stark erweiterbar ist, ereilt die deutschen Verlage gerade der natürliche Lauf der Dinge in der Welt der Abos.


Der natürliche Verlauf des Abo-Wachstums

Starten wir mit einem theoretischen Modell. Ein Verlag launcht im Januar 2016 ein neues Digital-Abo und weist folgende KPI im Monat auf:

  • Conversion Probe-Abos: 10.000

  • Wandlungsquote (Probe-Abo in zahlendes Abo): 50 %

  • Churn-Rate auf zahlende Abos: 4 %

ℹ️ Meine Definitionen der drei KPI, die auf den ganzen Artikel und auch die folgenden Frameworks anwendbar sind:

  • Conversion Probe-Abos: Die Anzahl der Abos, die jeden Monat generiert werden.

  • Wandlungsquote: Der Prozentsatz der Probe-Abos, die zu zahlenden Abos umgewandelt werden. Aus den Conversions und der Wandlungsquote ergibt sich die Anzahl der zahlenden Neu-Abos.

  • Churn-Rate: Der Prozentsatz der bezahlten Abos, die im Laufe eines Monats verloren gehen. Die Formel ist wie folgt: Anzahl der zahlenden Kund:innen, die im Monat gekündigt haben / Anfangszahl der zahlenden Kund:innen zu Beginn des Monats. Alternativ können hier auch alle Zugänge und Abgänge (unabhängig der Zahlung) reingezählt werden.

In unserem Modell gehen wir zunächst davon aus, dass die drei KPI konstant vom Launch des Abos bis Ende 2030 gehalten werden. In diesem Fall sieht die Entwicklung des zahlenden Bestands folgend aus:

In den ersten Jahren erfährt der Verlag große Zugewinne, sodass nach 3 Jahren bereits 100.000 zahlende Abonnent:innen das Angebot nutzen. Von 2019 bis 2030 kommen aber nur noch 25.000 zahlende Nutzer:innen im Bestand hinzu – das Wachstum flacht deutlich ab und der Bestand kommt mit 125.000 Kund:innen an seine Grenzen. Dies ist der natürliche Lauf der Dinge in der Abo-Welt.

Den maximalen Abo-Bestand errechnen

👉 Die Wachstumsgrenze kannst Du mit einer Formel auch für Dein Abo berechnen. Dafür musst Du nur Deine zahlenden Zugänge sowie die Churn-Rate (auf den zahlenden Bestand) pro Monat kennen. Nimm als Grundlage die Durchschnittswerte der letzten 3 Monate.

Falls Du Deine Churn-Rate nicht auf den zahlenden Abo-Bestand (sondern den Gesamt-Bestand inkl. Probe-Abos) berechnest, kannst Du die Formel einfach adaptieren: In den Zähler kommen alle Conversions und in den Nenner die Churn-Rate, die sich auf den Gesamtbestand (inkl. Probe-Abos) bezieht.

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Mit dieser Formel können wir die in der oberen Grafik ersichtliche Wachstumsgrenze von 125.000 Abonnent:innen für unseren theoretischen Verlag nachweisen: 5.000 gewandelte Zugänge pro Monat (wir waren ja von 10.000 Probe-Abo Conversions und 50 % Wandlungsquote ausgegangen) geteilt durch 0.04 Churn-Rate. Dies ergibt eine Obergrenze von 125.000 zahlenden Bestands-Abonnent:innen, wenn der Verlag seine Conversions und Churn-Rate konstant hält.

Warum das so ist, veranschaulicht folgende Grafik, in der wir uns den Verlauf der neuen zahlenden Abonnent:innen, der Kündiger:innen und des daraus resultierenden Netto-Wachstums im Bestand pro Jahr anschauen:

Bereits nach 2 Jahren kreuzen sich die Kündiger:innen (rote Linie) und die Netto-Bestands-Zuwächse (braune Linie). Das heißt nichts anderes, als das nach 2 Jahren die Churn-Rate die Hälfte unserer hart gewonnen zahlenden Neukund:innen pro Monat auffrisst.

👉 Sei Dir bei der Berechnung für Dein Abo-Angebot bewusst, dass Deine Conversions und Churn-Rate nicht für immer auf dem gleichen Niveau bleiben und Schwankungen unterliegen. Trotzdem: Mit der Formel und dem Framework kannst Du Wachstumspotenziale in Deinem Status Quo verstehen und planen.


Wie Wachstumskurven in der Realität verlaufen

In der Realität verläuft die klassische Wachstums-Kurve eher in einer S-Form. Nehmen wir wieder unseren fiktiven Verlag, der 2016 mit seinem neuen Digital-Abo gestartet ist:

In der Regel sind zum Start die Prozesse noch nicht eingespielt, das Angebot noch nicht so bekannt und die richtigen Hebel für Conversion und Kundenbindung müssen erst gefunden werden. Entsprechend langsam ist das Wachstum.

Doch mit der Zeit steigt die Lernkurve des Verlags, weitere Investitionen werden getätigt und manchmal auch mit einem Schub durch externe Faktoren wie der Corona-Pandemie nimmt das Wachstum dann Fahrt auf.

Danach flacht die Kurve aber deutlich ab und es kommt zur Stagnation. Dass diese S-Form bei vielen deutschen Verlagen den tatsächlichen Verlauf der Wachstums-Kurve widerspiegelt, zeigen zwei Beispiele aus der Praxis:

  • DIE ZEIT stand Ende 2016 bei 25.570 verkauften Digital-Abos. Bis Ende 2019 wuchsen die Abo-Zahlen um jährlich 17.000 Abos. Zwischen 2019 und 2021 wuchsen die Abos dann um je 52.000 pro Jahr. Ab 2022 flacht das Wachstum wieder ab.

  • Ein ähnliches Muster ist beim SPIEGEL zu erkennen: Ende 2016 lag der Verlag bei 26.537 Digital-Abos. Bis Ende 2019 stiegen die Abo-Zahlen um 12.900 Stück pro Jahr. In den Jahren 2020, 2021 und 2022 wuchs der Spiegel um je mehr als 43.000 Abos pro Jahr. In der ersten Jahreshälfte 2023 dann nur noch um 10.000 Abos. Die Quelle ist hier jeweils die IVW.


Warum Haltbarkeit Gold wert ist

Damit Dein Verlag erst gar nicht an diese Wachstumsgrenze stößt bzw. falls schon passiert, Du die Grenzen nach oben bewegen kannst, gibt es drei Stellschrauben:

  • 🧱 Erhöhung der Conversions

  • 🥰 Erhöhung der Wandlungsquote

  • 🚪 Senkung der Churn-Rate

Ich möchte Dir aufzeigen, weshalb das Senken der Churn-Rate die nachhaltigste Stellschraube ist. Wir nehmen wieder unseren fiktiven Verlag als Ausgangswert.

Die grüne Linie ist unser Status Quo, wenn wir an den KPI nichts verändern würden. In Case I (rote Linie) simulieren wir ausschließlich einen Anstieg der Conversion um 50 %, und in Case II (orangene Linie) simulieren wir ausschließlich eine Senkung der Churn-Rate um 50 %:

Wir können aus der Betrachtung zwei Erkenntnisse ziehen:

  1. Um die bisherige Wachstumsgrenze nach oben zu setzen, ist es erst einmal egal, welche der drei KPI Du erhöhst. Du wirst zunächst immer einen Uplift sehen.

  2. Bei der Erhöhung der Conversion (rote Linie) kommen wir nach wenigen Jahren allerdings wieder an einen Punkt der Stagnation. Das Muster wiederholt sich: Die Abwanderungsrate reduziert langfristig auch die erhöhten Zugänge. Wenn wir aber die Churn-Rate senken (gelbe Linie), steigen wir konstant und nachhaltig im Bestand – ähnlich dem Prinzip des Zinseszinses.

👉 Diese Simulationen kannst Du auch für Dein Abo vornehmen und Dir den Rechner hier als Google-Sheet herunterladen (Opens in a new window). Simulier, was Änderungen an Deinen KPI (Conversion, Wandlung, Churn) für einen Effekt auf Deinen Abo-Bestand haben.

Framework Simulation Wachstum (Opens in a new window)

Zugegeben: Auch die Minimierung der Churn-Rate hat ihre Grenzen. Branchen-Primusse wie Netflix oder Spotify liegen bei 3-4 % Churn-Rate im Monat. Aber aus meiner Erfahrung heraus haben die meisten deutschen Verlage hier noch deutliches Potenzial.

Zusammenfassung

Genau in diesem Moment läuft Dein Abo-Angebot auf eine Wachstums-Grenze zu oder hat diese schon erreicht. Der Grund: In jedem Abo-Geschäft fressen die Kündigungen ab einem bestimmten Zeitpunkt die Zugänge auf. Es findet kein Wachstum mehr statt.

Diese Grenze kannst Du für Dein Angebot ausrechnen, indem Du Deine monatliche Churn-Rate durch Deine Zugänge pro Monat dividierst.

Du hast drei KPI, mit denen Du die Grenze wieder nach oben setzen kannst. Deine Probe-Abo Conversions, die Wandlungsquote vom Probe-Abo ins bezahlpflichtige Abo und Deine Churn-Rate. Den nachhaltigsten Effekt auf Deinen Bestand erreichst Du aber durch das Senken Deiner Churn-Rate.

Mit meinem Framework kannst Du dies für Dein Abo überprüfen und simulieren, welchen Effekt eine Anpassung der jeweiligen KPI für Deinen Abo-Bestand bedeutet. Den Rechner dafür kannst Du hier als Google-Sheet herunterladen (Opens in a new window) oder kopieren.

Falls Du Fragen zu den Frameworks hast, schreib mir gerne über Linkedin eine Nachricht. Ich hoffe, dieser Artikel hat für Dich etwas Neues beinhaltet und bringt Dich mit Deinem Abo weiter. Über ein kurzes Feedback, (Opens in a new window) wie Dir dieser Artikel gefallen hat, würde ich mich freuen.

Sascha

Danke, Sascha! Und nochmal zur Erinnerung: Hier kannst du den Sub Growth Newsletter (Opens in a new window) kostenlos bestellen.

Bis nächsten Montag,
👋 Sebastian

PS:

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