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Go Ludogorez, go!

Jason fliegt nicht mehr. 2019 ist er das letzte Mal geflogen. Er erklärt mir das auch logisch und ich verstehe ihn und trotzdem ärgert es mich manchmal ein wenig. Wenn die gesamte Familie in den Urlaub fährt, dann sind diese Momente häufiger. Opa organisiert und plant einmal im Jahr rund um seinen Geburtstag Anfang August immer eine Reise für die gesamte Family. Es ist eine schöne Familientradition und neben Weihnachten die einzig richtig verfestigte jährliche Routine in Gemeinschaft mit allen.

Opa wählt nun eben keine Ziele mehr aus, die außerhalb dieses Kontinents liegen, um Jason eine Anreise mit dem Zug zu ermöglichen. An die Ostküste Bulgariens sollte es erneut gehen. Etwa 2.500 Zugkilometer mit zumeist etwas heruntergekommenen alten Zügen aus den DB-Beständen der Achtziger und Neunziger Jahre, selten in atemberaubender Geschwindigkeit und auch nicht so romantisch schön, wie man sich das oftmals aus zusammengeschnittenen Zugreisevideos ausmalen mag.

Wir hatten großes Glück, auf einer der Teilstrecken von Budapest über Nacht in einem Abteil für uns alleine schlafen zu können. Dies ermöglicht es Jason, dass er die Maske abnehmen kann, denn wir beide selbst testen uns auf Reisen weiter täglich, aber mit Fremden ohne Maske einen Raum teilen, funktioniert nicht. Tagsüber bei diesen Temperaturen und auch anschließend nachts dauerhaft die Maske zu tragen ist eben auch nicht gesund, für Jason nach aller Abwägung aber immer die eindeutig ungefährlichere Variante.

Das betrübt unsere Reise zusätzlich, denn der gesamte Aufwand hat natürlich neben dem Ziel, welches es zu erreichen gilt, nämlich den Urlaub mit der Familie verbringen zu können, auch den für Jason mindestens identisch wichtigen Aspekt, dass für ihn ein großer Teil der Erholung auch gestandet an einem gottverlassenem bulgarischen Grenzbahnhof bestehen kann.

Jason beschreibt das ganz wunderbar in einem der Kapitel von "Chaos auf Augenhöhe" und wenn ich mit ihm zusammen unterwegs bin, dann kann ich spüren, welches Gefühl er meint.

Jason bräuchte den Mittelteil dieses gesamten Urlaubs vermutlich nicht. Er würde auch mit dem Zug 14 Tage wild durch Osteuropa reisen, um noch irgendwo ein Spiel der europäischen Qualifikationen für die Champions- oder die Conference League sehen zu können oder vielleicht auch einfach schon ein Ligaspiel auf dem Hin- oder auf dem Rückweg mitnehmen zu können.

Und so hockten wir dann gestern hier und ich drückte Ludogorez Rasgrad die Daumen, denn dies läge quasi mit zwei Stunden Zugfahrt fast auf dem Weg, Jason wiederum liebäugelte mit Ljubljana oder irgendeinem anderen Spiel, welches die Rückreiseroure von der Hinreiseroute abweichen lässt.

Wir sind jetzt von München mit dem Nachtzug direkt nach Budapest gefahren, dort morgens ausgestiegen, Budapest erkundet, vier verschiedene Fußballspiele versucht zu schauen und abends wieder in einen Nachtzug bis nach Bukarest gestiegen.

Von dort folgt der zumeist unangenehmste Teil von Bukarest über den Grenzbahnhof Ruse nach Varna. Man steigt in Bukarest zumeist in einen Zug, der aus Teilen besteht, die bis nach Istanbul fahren, nach Sofia oder eben nach Varna und man sollte höllisch aufpassen, in welchem Abteil man sich aufhält und es kann auch hilfreich sein, immer mal wieder Mitreisende zu befragen, wo sie denn hinwollen und in jedem Fall jeden noch so grimmig dreinschauenden Zugbegleiter immer wieder fragen: "Ist das der Zug nach Varna?".

Letztes Jahr fragten wir nur einmal und dann hat man doch versehentlich unseren Zugteil mit an die Lok Richtung Sofia gekoppelt. In diesem Jahr war plötzlich gar keine Lok mehr da. Wir standen sicherlich eine Stunde als einzelner Waggon auf einem Gleis im Grenzbahnhof Ruse. Sehr viele Reisende sind ausgestiegen, ein Teil verblieb in den abgekoppelten Wagen, die mit einer Lok Richtung Südosten abzogen.

Bei uns tat sich nichts. Lediglich der Treppenkante unseres Wagens sitzende Bahnmitarbeiter, der auf irgendetwas zu warten schien, machte Hoffnung. Es kam eine Lok und wir fuhren los bis wir nach ca. einer Stunde Gorna Orjachowiza erreichten und es kamen noch weitere Waggons, die mit einer anderen Lok gebracht wurden und an unseren Wagen angehängt wurden. Seltsamerweise waren dies zum größten Teil all die Menschen, die in Ruse ausgestiegen sind, was bedeuten könnte, die haben sich alle geirrt oder Jason und mir wäre auf unserer Reise ein Fehler unterlaufen, was mindestens 50% von uns zu 100% ausschließen könnten. Egal, der Zug fuhr ab Weliko Tarnowo tatsächlich noch Richtung Osten und wir erreichten Varna gegen halb zehn. Am Folgetag noch eine einstündige Busfahrt und 4 Kilometer Fussmarsch und Zack. Urlaub.

Bis zur Rückfahrt ab dem 07.08.2023. Dann öffnet sich unser Stadion-Transfer-Fenster und eben während ich den Rasgrader Jungs von ganzem Herzen einen herausragenden Sieg im Rückspiel gönne, so spekuliert Jason eben auf eine Reiseroute über Sofia, Belgrad, Zagreb, Ljubljana, Wien und München.

Ich werde es hassen und lieben, egal, wie es kommt.

Die genaue Reiseroute, sowie Videoschnipsel und Bilder findet man hier:

https://www.polarsteps.com/JasonVonJuterczenka/8042704-zugreise-nach-obsor (Opens in a new window)

Radiorebell-Podcast der Wochenendrebellen

In unserer aktuellen Podcastfolge reden wir über Jasons Praktikum am GSI in Darmstadt, über seinen 18.Geburtstag und wie wir diesen verbracht haben und über Jasons Besuch im Futurails Museum.

Hier gehts zur Folge, erstmals auch mit Kapitelmarken zum bequemen reinzappen.

https://wochenendrebell.de/futurails-premierenlesung-chaos-auf-augenhoehe-gsi-2/podcast-wochenendrebellen/laberpodcast/ (Opens in a new window)

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