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Wissen was kommt | prompd 03.22

Die Auslese für den März!

Wir haben gesichtet, recherchiert und selektiert, um Ihnen wieder eine kleine, aber feine Auswahl an News aus der Tech-Sphäre zu präsentieren. Natürlich immer mit der notwendigen Designrelevanz im Blick. Acht BLIPS haben wir auf unserem Innovationsradar entdeckt.

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Den nächsten Newsletter schicken wir Ihnen Ende April – dann mit Informationen zur XL-Version des Newsletters, den wir gerade noch entwickeln.

Bis dahin alles Gute, bleiben Sie gesund und inspiriert.

Es grüßt Armin Scharf

BLIP 1 > WERKSTOFFE

Selbstformendes Holz

Aufgrund seines Zellaufbaus neigt Holz zur hygroskopisch motivierten Dimensionsänderung, ein in der Regel unerwünschter Effekt. Genau dieses Verhalten aber macht sich das Projekt „HygroShape“ zunutze – für Objekte aus Holzwerkstoffen, die sich selbst formen.

Am Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) der Uni Stuttgart hat man das biologische Prinzip der passiven Selbstformung von Nadelbaum-Zapfen genau analysiert und in eine digitale Entwurfsmethode für mehrschichtige Holzbauteile überführt. Das digitale Tool berechnet deren internen Aufbau, um bei einem definierten Feuchtigkeitsgehalt aus dem zunächst flachen Zustand in eine bestimmte, gekrümmte Geometrie überzugehen. Konkret: Produkte werden mit einem bestimmten Feuchtegehalt produziert und kommen versiegelt zum Aufstellungsort. Dort trocknet das Holzbauteil und verformt sich dabei wie geplant. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise auch solche Möbel kompakt verschicken, die nicht auf planen Flächen basieren. Die beiden Forschenden Laura Kiesewetter und Dr. Dylan Wood hinter „HygroShape“ bieten ihr Verfahren inzwischen als Spin-off Hylo-Tech an.

www.hylo.tech (Opens in a new window)
www.icd.uni-stuttgart.de (Opens in a new window)

Foto: Robert Faulkner Universität Stuttgart / ICD

BLIP 2 > LICHTTECHNIK

OLED im OP

Drei Jahre arbeiteten Forscher*innen im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes LAOLA daran, großflächige Beleuchtungslösungen mit OLEDs auf flexiblen Substraten zu realisieren. Dabei konzentrierte man sich auf 50 bis 100 Mikrometer starkes Ultradünnglas als Trägermaterial, weil es sich bei der Rolle-zu-Rolle-Beschichtung gut verkapseln lässt – ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit der OLEDs. Außerdem sprach für das Ultradünnglas dessen hygienische Oberfläche, die für die Pilotumsetzung in Form einer OP-Leuchte unabdingbar war. Die OP-Leuchte kombiniert sechs Flügelelemente (je 206x95 mm groß) für die indirekte und blendfreie Ausleuchtung des Operationsfeldes mit LED-Spots für das Setzen fokussierten Lichtes.

Beteiligt waren unter anderem das Fraunhofer-Institut FEP, die Entwicklung der Leuchte verantwortete Wolfram Designer und Ingenieure aus Dresden.

www.fep.fraunhofer.de (Opens in a new window)
www.wolframdesign.de (Opens in a new window)

Foto: Fraunhofer FEP

BLIP 3 > INTERACTION

Barrierefreie Assistenz

Über zwölf Monate läuft das gerade gestartete Forschungsprojekt BASDA, das die Teilhabe von Menschen mit Handicap im digitalisierten Berufsleben verbessern soll. Das Projekt untersucht, mit welchen Technologien die Mensch-Maschinen-Schnittstelle barrierefrei gestaltet werden kann. Im Zentrum steht eine Android-Anwendung für Tablets, Smartphones und Datenbrillen, die individuelle Konfigurationen erlaubt, beispielsweise leichte Sprache, Animationen, Sprachausgabe oder auf Sehschwächen angepasste Farbpaletten. Zudem soll eroiert werden, ob eine Steuerung per EEG-Sensor machbar ist.

Nach Projektabschluss durch das BIBA (Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Uni Bremen) steht das System kostenfrei zur Verfügung.

www.basda.de (Opens in a new window)
www.biba.uni-bremen.de (Opens in a new window)

Foto: BBW/BIBA

BLIP 4 > WERKSTOFFE

Effizient Wärme speichern

Latentwärmespeicher sind prinzipiell nicht neu. Die Phasenwechselmaterialien nehmen Wärmeenergie auf und werden dabei flüssig, umgekehrt geben sie bei Verfestigung die Energie wieder ab. Das Institut für Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat zusammen mit der Uni Leipzig ein Speichermaterial konzipiert, das nicht nur mehr Energie aufnehmen kann als bisherige Phasenwechselmaterialien, sondern auch aus unbedenklichen Stoffen besteht. Der flüssige, in ein Gerüst aus Silikat eingeschlossene Wärmespeicher besteht aus Fettsäuren, Festigkeit und Effizienzsteigerung kommen von Zusätzen aus Reishülsen. Das Herstellungsverfahren ist zum Patent angemeldet, derzeit allerdings erst im Labormaßstab erprobt.

Die formstabilisierten Latentwärmespeicher können zur passiven Kühlung von Photovoltaik-Anlagen oder Batteriesystemen dienen, um deren Wirkungsgrade zu erhöhen.

www.chemie.uni-halle.de/bereiche_der_chemie/technische_chemie/ak_prof._hahn/doktoranden/felix_marske/ (Opens in a new window)

Foto: Uni Halle / Marian Sorge

BLIP 5 > ROBOTIK

Vogelbeinprinzip für Roboter

Vögel wie der Strauß sind in der Lage, schnell zu rennen, können lange Zeit mit geknickten Beinen stehen und stolpern kaum. Diese Fähigkeiten hat die Forschungsgruppe Dynamische Lokomotion des Stuttgarter Max-Planck-Institutes für Intelligente Systeme zusammen mit Kolleg*innen der University of California begeistert. Und sie haben sich die Mechanik des Vogelbeins genau angesehen, um das Prinzip auf Laufroboter zu übertragen.

Entstanden ist der „BirdBot“. Der Fuß des technischen Beines ist über Seilzüge aus Sehnen und Rollen mit den anderen Beingelenken gekoppelt, jedes Bein benötigt lediglich zwei Motoren, einen am Hüft- und einen am Kniegelenk. In der Standphase ist keine Motorleistung erforderlich, die Kraft kommt aus der Feder des Fußes, die Koordination aus dem Seilzugmechanismus. Beim Anziehen des Beines während der Bewegung dann schaltet der Fuß diese Beinfeder weg. Das vom Forschungsteam gebaute und erprobte Modell adaptiert erfolgreich Bodenunebenheiten und zeichnet sich durch hohe Robustheit aus. Außerdem, so die Forscher, könne das Roboterbein sehr groß skaliert werden.

www.is.mpg.de (Opens in a new window)

Foto: Alexander Badri-Spröwitz / DLG Group am MPI-IS

BLIP 6 > MOBILITÄT

Leichtbau ist gut fürs Klima

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nahm sich in einer Studie des Potenzials elektrischer Leichtfahrzeigen (LEV) an. Unter LEVs fallen beispielsweise E-Bikes, elektrische Lastenräder, E-Scooter und E-Roller, aber auch die neuen drei- bzw. vierrädrigen Fahrzeug der Klassen L5e bis L7e.

Das Ergebnis: Für die Hälfte der in Deutschland per Auto zurückgelegten Strecken wäre ein LEV völlig ausreichend. Denn alltäglich werden nahezu 30 Millionen Fahrten unter zwei Kilometern Distanz absolviert, weitere 30 Millionen bleiben unter fünf Kilometern Strecke. Auf diese Weise ließen sich rund 40 Prozent der im Verkehrssektor entstehenden CO2-Emissionen vermeiden, konkret wären das 57 Millionen Tonnen. Und: Die Herstellung eines Mikrocars, so das DLR, verursache nur etwa ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen eins Mittelklasse-Elektroautos. Daher sei es an der Zeit, die LEVs mehr in das Bewusstsein zu rücken und die Akzeptanz zu stärken.

Auftraggeber der Studie war der Interessenverband elektrischer Leichtfahrzeuge.

www.dlr.de (Opens in a new window)
Download der Studie (kostenlos) (Opens in a new window)

Abb: DLR

BLIP 7 > DIGITALISIERUNG

Schleppende Digitalisierung

Und noch eine Studie. Die beiden Fraunhofer-Institute IPA und IA haben 60 Vertreter*innen produzierender Unternehmen in Deutschland nach dem Stand ihrer Digitalisierung befragt. Dabei zeigte sich klar, dass die Transformation oft nur schleppend vorangeht. Die Studie „Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen“ macht dies an mehreren Faktoren fest.

Erstens fehle in vielen Firmen der Leidensdruck, sich mit dem Thema konkret auseinanderzusetzen. Sprich: Die Geschäfte laufen auch so gut. Zweitens mangele es im Management oft an der Affinität zur Digitalisierung, an Strategiefähigkeit und schließlich auch an digitaler Fachkompetenz. Interessant ist dabei, dass auch fehlende Standards und Normen sowie kaum nutzbare Fördermöglichkeiten als Bremsen wirken. Ganz abgesehen von der immer wieder zitierten mangelnden Internet-Anbindung in bestimmten Gegenden.

Die Studie wurde im Auftrag der Plattform Industrie 4.0, einem Gremium der acatech erstellt.

www.ipa.fraunhofer.de (Opens in a new window)
Download der Studie (kostenlos) (Opens in a new window)

BLIP 8 > LESEN

Träge Transformation

Das passt zum BLIP 7! Ein kleines Büchlein im typischen Reclam-Format, das es aber in sich hat. Denn es geht um das große Thema Digitalisierung überhaupt. Wobei erst einmal klar gemacht wird, dass Digitalisierung mitnichten mit der digitalen Transformation gleichzusetzen ist, die nämlich ist weit größer, tiefgreifender und weitreichender als lediglich ein Formular ins pdf-Format zu überführen.

Die beiden Autor*innen stellen fest, dass Deutschland trotz aller Digitalisierungs-Bemühungen und teuren Leuchtturm-Projekten in Sachen Transformation weit abgeschlagen ist. Dass hier zu Lande so viele Projekte scheitern, erstaunlich häufig, wenn die öffentliche Hand beteiligt ist, führen die Autoren klar auf fehlende Kompetenzen der Entscheider*innen zurück – und auch auf das Unvermögen, komplexe Vorgänge richtig zu bewerten. In neun Kapitel werden allfällige Phrasen (z.B. „Neu ist besser als gut“) kritisch hinterfragt und richtig gestellt. Interessant für Designer*innen: Auch die beliebte Sprint-Methode mit ihrer Komplexitätsreduktion bekommt eine Breitseite ab. „Die digitale Transformation leidet an einem ‘Action Bias‘, einer deutlichen Neigung zu handeln – konkret geht es fast immer darum etwas zu ‘bauen‘ – anstatt zu verstehen.“

Das Buch ist schnell gelesen, enthält aber ganz viele Impulse und auch Hintergründe, warum wir da sind, wo wir sind. Und wie es besser sein könnte. Also: Lesen!

Friesike, Sascha und Sprondel, Johanna
Träge Transformation – Welche Denkfehler den digitalen Wandel blockieren
Reclam, 2022, 92 Seiten Paperback, 6 Euro

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