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Die perfekte Entschuldigung 

Sebastian ist nie ein Frauentyp gewesen.

Er sieht nicht schlecht aus oder so, aber er war immer ein bisschen zu süß, ein bisschen zu hellhäutig, ein bisschen zu weich, ein Babyface. Sein Babyspeck ist irgendwie nie richtig geschmolzen, auch mit Ende Zwanzig noch nicht, und Babyspeck ist echt das Letzte, was Frauen wollen. Um in der Oberstufe hot shit bei den Frauen zu sein braucht es eigentlich nicht viel, man braucht definitiv keinen Trust fund, 6’5, oder einen Job in Finance. Man muss eigentlich bloß einen Kopf größer sein als der Rest der Welt und nicht zu schlaksig. Bisschen Kieferpartie, das reicht eigentlich schon. Charakterlich muss man gar nichts machen. Das kotzte Sebastian immer schon total an. Sebastian hatte einen guten Charakter. Er war ein guter Typ, nett, anständig, schlau und witzig, aber Charakter war halt egal. 

Sebastian war immer Außenseiter. Die Jungs hauten ihm zwar nicht aufs Maul, aber er war auch keiner von ihnen. Und er kriegte immer bei irgendeinem Durchschnittsmädchen einen Platz in der Friend Zone, aber nie mehr, und nie die, die er eigentlich wollte, nie die Prom Queen. Das war in der Schule so gewesen, und in der Uni änderte es sich auch nicht. Deswegen hing er viel im Internet rum. 

In sozialen Medien ist das soziale Leben auf jeden Fall leichter. Da war sein Babyspeck nicht so wichtig, er konnte sich auf das konzentrieren, was er am besten konnte: Witzig sein. Sebastian hatte Humor, ein bisschen zynisch, immer aus der Position des Underdogs. Er trat nie nach unten, er machte Witze über Mainstream Deutsche, Kapitalismus, Großkonzerne, Männer. Er postet Memes von Steakmännern, von Sonnenbrillen-Bros, von Fitness-Bros. Er macht sich über genau die Art von Typen lustig, die ihn immer ignoriert haben. Genau die Arschlöcher, die immer die Frauen abgekriegt haben, obwohl sie dumm wie n Meter Feldweg waren. Und sich wie Arschlöcher verhielten. Die Frauen machten trotzdem mit denen rum, mit diesen Kieferknochen-Manuels. Oder vielleicht machten sie genau deswegen mit ihnen rum. Und kamen dann immer am Ende zu Sebastian und heulten sich bei ihm aus. Buhu, Kieferknochen-Manuel ist gemein zu mir gewesen.

Das ist Friend Zone: Kein Sex, aber tiefe Einblicke in die weibliche Psyche.

Superfrustrierend, aber immerhin hat es was gebracht: Sebastian hatte jede Menge Zeit, die Frauen zu studieren. Was sie wollen, was sie wichtig finden, was sie witzig finden. Sie bringen ihm online Feminismus bei. Von ihnen lernt er, welche Meinungen man über Frauenthemen haben muss.

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