Skip to main content

Christiane Frohmann über unabhängige Verlagsarbeit, Turbo-Kapitalismus und die Vorteile des Einfach Machens

Dieses Interview war Teil des digitalen Steady Growth Day, einer Serie von Gesprächen mit unabhängigen Medienmacher:innen, die du kostenlos und in voller Länge überall findest, wo es Podcasts gibt.

Steady Growth Talks Podcast Transkript

Indie-Verlegerin Christiane Frohmann (Opens in a new window) spricht im Interview mit Steady-Gründer Gabriel Yoran über Innovationen, die Zukunft der Verlagsbranche und mit welchen Erlösströmen sie Stabilität für ihre Projekte schafft.

Falls du das Interview lieber hören möchtest, findest du es als Podcast-Folge hier bei Podigee (Opens in a new window).

Willkommen, Christiane.

Danke für die Einladung.

Christiane, du bist unabhängige Verlegerin – Indie-Verlegerin. Und damit hast du ja eigentlich schon in deinem Namen das Hauptmotiv, warum es dein Steady-Projekte gibt, drin – nämlich Unabhängigkeit. Was bedeutet das beim Verlegen?

Beim Verlegen bedeutet das erst mal – also auf der Unternehmensseite, so wie in allen anderen Wirtschaftsunternehmen – dass man kein fremdes Geld im Verlag hat und einfach niemanden hat, der, weil er finanziell gegeben hat, mitbestimmen kann, wie Programmarbeit geschieht.

Und diese Freiheit nutzt du in dem Verlag, der deinen Namen trägt, wie? Was machst du mit dieser Freiheit?

Also die Freiheit war sehr lange Zeit Bücher, E-Books, überhaupt Literatur zu verlegen, von der fast wahrscheinlich ist, dass man sie nicht sonderlich gut verkauft. Das ist etwas, was in einem Konzern-Verlag per se von der Marketingabteilung als "Ist bestimmt wunderschön, aber können wir leider nicht machen" raussortiert wird. Und das sind halt die Sachen ... Also das muss man sagen, es lastet wirklich auf den Schultern der unabhängigen Verlage. Die wirklich neue Literatur erscheint meistens in den kleinen Verlagen.

Das heißt, es geht um Innovation. Es geht darum, sich was zu trauen, was die Großen qua ihrer Verfasstheit einfach nicht machen können. Die müssen Geld verdienen. Aber du musst ja auch Geld verdienen. Also man kommt nicht drum herum. Leider.

Absolut. Also ganz viele Jahre – ich würde sagen fast zehn, also nächstes Jahr wird der Verlag zehn – habe ich das in einer ganz merkwürdigen Mischkalkulation gemacht, die sehr selbstausbeuterisch war. Das ich eigentlich als Privatperson ganz, ganz, ganz, ganz viel zusätzlich gearbeitet habe, um mir das Verlegen leisten zu können. Und ich bin dann zu dem Punkt gekommen, an dem ich gemerkt habe, dass das unweigerlich in die Altersarmut und auch in eine absolute, gefährliche Situation für mich und meine Familie führt, weil jede persönliche Krise zu kompletten Systemkollaps führen kann.

Ich habe lange sehr selbstausbeuterisch gearbeitet. Aber dann kann auch jede persönliche Krise zum kompletten Systemkollaps führen.

Und auf der anderen Seite habe ich mir auch überlegt, dass ich inzwischen ein Standing als Verlegerin habe und auch mit dem Programm, was ich schon verlegt habe, dass es jetzt langsam möglich sein muss, das doch organisch aus sich selbst heraus zu finanzieren. Also, Mischkalkulation ist ja auch bei großen Verlagen durchaus normal. Man hat die Publikumstitel, populäre Titel und auch Katzenkalender – was auch immer – , um die etwas anspruchsvolleren, schwierigeren Titel zu finanzieren. Und ich habe halt überlegt, dass das Steady-Abo-System und auch noch teilweise der Versandhandel, den ich weiterentwickle, das Merch-Programm, was ich angefangen habe, dass das eigentlich sehr, sehr passende Arten sind, diese wirklich totale Freiheit zu behalten.

Multiple Erlösströme für mehr Stabilität

https://frohmannverlag.de/ (Opens in a new window)

Seit 2012 betreibt Christiane Frohmann den Frohmann-Verlag (Opens in a new window) und arbeitete in dieser Zeit schon mit mehreren hundert frei Mitwirkenden zusammen. 

Du hast es schon angedeutet: Du hast verschiedene Erlösströme. Du setzt nicht alles auf eine Karte. Du setzt auch nicht alles auf das Steady-Projekt. Das ist eine Komponente von verschiedenen. Kannst du uns bisschen erzählen, was so die verschiedenen Erlösströme bei dir sind? Also wo kommt das Geld her? Auch zur Inspiration von Publishern, die denken, es müsste quasi alles aus einer Quelle kommen, was ja gar nicht der Fall sein muss.

Ja, ich glaube, Selbständige haben ja immer diesen guten Rat über sich mindestens zwei große Kund:innen zu haben, damit man, wenn jemand mal wegbricht, nicht gleich selber mit ruiniert ist. Und das kann man auf jeden Fall auch aufs Verlagswesen, aufs Indie-Verlagswesen anwenden. Und noch mehr als zwei sind natürlich noch besser.

Es hat sich sehr stark verändert. Bis vor einigen Jahren – und jetzt aber auch wieder – waren vor allem Vortragsaufträge für mich das, wo das meiste Geld reingeflossen ist. Und das war auch sehr gut, um diese Querfinanzierung des Verlegens hinzukriegen. Aber ich hatte nie ein Polster, was mir erlaubte zu sagen: "Okay, ich mache auf jeden Fall in drei Monaten den teuren Print-Titel." Das war immer so ein bisschen: "Jetzt ignoriere ich mal wieder jede wirtschaftliche Vernunft und mach es einfach und hoffe, dass es gut geht."

Und das hat sich halt sehr verändert. Mir sind die Vorträge stark weggebrochen während Corona – wie vielen Leuten. Und das war eigentlich insofern ein guter Punkt, weil mich das gezwungen hat, mich mal mit diesen Sachen, von denen ich schon lange wusste, dass sie eine gute Idee wären, das Abo-System besser zu entwickeln und auch den Verlags-Shop zu gründen, den ich ganz lange nicht gemacht habe – aus Angst vor Internet-Trollen, weil ich relativ viele Probleme habe – und auf der anderen Seite eben auch noch dieses Merchandise zu entwickeln.

Also im Moment, die Vorträge kommen zurück. Der Versandhandel ist gigantisch im Moment, aber es war auch Weihnachtsgeschäft. Steady hat sich auch super entwickelt. Wobei ich sagen muss, dass ein großes Wachstum darüber gekommen ist, dass ich wirklich um Hilfe gebeten habe an einer Stelle, als es ganz schlimm wurde und ich fast zumachen musste während Corona und da sind sehr viele neue Abonnent:innen dazugekommen, denen ich aber damals schon versucht habe nahezulegen: "Hey, eigentlich ist es ja genau das System, was super zu dem Verlegen, was ich mache, und zu der Arbeit, die ihr an mir schätzt, passt. Vielleicht bleibt ihr ja sogar länger dabei und rettet mir nicht nur das Jahr."

Christiane, die Shop-Situation: Du hast gesagt, du hast einen Online-Shop. Das ist der Direktvertrieb, ne? Also das heißt, man kann direkt auf frohmannverlag.de (Opens in a new window) die Bücher kaufen und die kommen dann direkt von dir.

Genau. Und da ist halt der große Unterschied, dass ganz viele Margen nicht gibt, die normalerweise unterwegs anfallen, was Bücher verlegen per se zu einem nicht besonders lukrativen Geschäft macht. Es ist ja so, dass der Vertrieb langt ganz schön hin, die Buchhandlungen langen ganz schön hin – müssen sie, sonst brauchen die gar nicht anfangen zu arbeiten. Aber wenn ich natürlich direkt verkaufe, bleibt mehr beim Verlag, bei den Autor:innen und bei mir hängen. Das ist klar.

Und das ist während Corona auch einfach wegen der Lieferzeiten wirklich ganz wichtig geworden, weil ich jetzt auch eingerichtet habe – vor ein paar Tagen sogar erst – dass auch die Buchhandlungen über den Online-Shop bestellen können. Die schicken mir das so, wie sie es gewöhnt sind per Mail, aber ich bearbeite das im Shop als rabattierten Kauf und hab das dann auch gleich in meiner Buchhaltung, was ich alles aus Ressourcengründen früher nicht leisten konnte. Aber jetzt, wo diese Prozesse automatisiert sind, bin ich − was total toll ist auch für Buchhandlungen, die früher eigentlich − also die haben ganz oft Probleme mit den kleinen Verlagen, weil ihre ganzen gewohnten Prozesse da nicht ablaufen können. Und ich glaube, dass dieser neue Weg, dass man das über einen Online-Shop im Hintergrund laufen lässt, eine ganz tolle Art des Direktvertriebs auch ist.

Das heißt, man kann die Bücher direkt bei dir bestellen. Man kann sie aber auch bei Amazon kaufen oder bei einem anderen Online-Händler. Das wird dann über den Buchgroßhandel abgewickelt. Da musst du dich jetzt nicht um jede einzelne Bestellung kümmern. Und der klassische Buchhandel führt deine Bücher auch. Wobei du da aber auch so eine individuelle Betreuung sogar machst mit Buchhandlungen, mit denen du irgendwie gut stehst oder die, wo es eine besondere Beziehung gibt. Kannst du da ein bisschen was drüber erzählen?

Also es ist beidseitig, die besondere, gute Betreuung, eben weil ich diese klassischen Strukturen zum Teil nicht bediene. Ich habe nicht die klassische Verlagsauslieferung, sondern ich produziere on demand und in kleinen Auflagen bei BoD und habe auch deren internationalen Vertrieb noch, um die Sachen eben auch in Amerika oder eben bei Barnes & Nobles und so weiter verkaufen zu können.

Und auf der anderen Seite habe ich schon klassische Vertriebsmöglichkeiten über die Barsortimente, die sogenannten, die halt direkt mit den Buchhandlungen handeln. Aber ganz viele Titel sind in den Strukturen, mit denen die Buchhandlungen auf gleicher Basis arbeiten, erscheinen nicht direkt vor denen. Sie müssen extra Schritte unternehmen, um an einen Frohmann-Titel zu kommen. Was oft dazu führt, dass sie die nicht so im Sortiment haben, sondern wirklich nur sich auf den Weg machen, wenn Kunden die vorbestellen.

Das passiert jetzt gerade schlagartig ziemlich viel, so dass jetzt ganz viele Buchhandlungen einfach zum ersten Mal auch in Berührung mit dem Verlag kommen. Und ich glaube, die sind jetzt wahrscheinlich ganz angenehm überrascht davon, dass das so ziemlich niedrigschwellig funktioniert mit dem Online-Shop.

Buch-Subkription als Steady-Projekt

https://steadyhq.com/de/frohmannverlag/about (Opens in a new window)

Über ihr Steady-Projekt (Opens in a new window) nimmt Christiane Frohmann in inzwischen sechs Mitgliederpaketen nachhaltige Unterstützung für ihren unabhängigen Verlag an

Neben diesen klassischen Buch-Vertriebswegen gibt es bei dir aber auch ein Steady-Projekt, mit dem so etwas angeboten wird. Ich glaube, das nennt sich Subskription-irgendwas-Angebot. Das müsstest du mal erklären, weil das ist was ganz Altes eigentlich, was du quasi modernisiert hast.

Genau. Also einen einzelnen Titel zu subskribieren oder auch eine Reihe, wo der Preis immer gleich ist, ist ja relativ einfach anzubieten...

Ich glaube, du musst es erst mal erklären, was es damit auf sich hat. Was bedeutet das, ein Buch zu subskribieren?

Subskription ist so ein bisschen wie Steady von früher, kann man fast sagen. Also dass man den Verlagen hilft bei ihrer Arbeit, indem man die Titel im Voraus kauft. Man kauft sie schon, wenn sie noch nicht gemacht sind. Und weil Bücher machen ... Die Leute haben wirklich keine Vorstellung, wie luxuriös – einfach durch die puren Mengen von Geld, die da bewegt werden müssen – Bücher verlegen grundsätzlich ist.

Und das ermöglicht einem teilweise Titel zu machen und nicht zu sagen: "Okay, das ist mir zu riskant. Das kann ich gar nicht machen." Und das ist, glaube ich, bei ganz vielen Abo- und Subskriptions-Modellen so, dass es überhaupt ermöglicht, besondere Sachen zu machen, für die das Risiko sonst zu groß wäre.

Also klassische Buch-Subskription wäre so: Ich kündige den Titel an und ermögliche den Leuten für einen Hauch billiger – weil die Laden-Preisbindung gilt halt erst nach Erscheinen – für einen kleinen Preisnachlass – muss man aber gar nicht, kann man – das im Voraus zu bezahlen und dadurch zu ermöglichen, dass es überhaupt erst passiert.

Das heißt, es ist so eine frühe Form des Crowdfunding eigentlich. Ich investiere in etwas, was noch gar nicht existiert und ermögliche es dadurch.

Ja, würde ich sagen.

Und dafür setzt du aber Steady ein, wenn ich das ... Das heißt, es ist quasi eine dauerhafte Vorfinanzierung mit kleinen Summen, aber dauerhaft, von Projekten, von denen man noch gar nicht weiß, dass sie überhaupt existieren werden, oder? Also wenn ich eine Subskription mache bei Frohmann, weiß ich dann schon, was ich damit eigentlich finanziere? Oder weiß ich nur, ich finanziere ein sehr gut gemachtes Frohmann-Buch?

Also in dem Fall, es bezieht sich auf die Reihe "Kleine Formen" und ich glaube, die Menschen, die da subskribieren oder abonnieren, kennen die Reihe und besitzen vielleicht schon ein, zwei, drei oder alle Titel. Sie wissen, sie würden mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann diesen Titel für sich selbst kaufen oder mal verschenken und mögen grundsätzlich die Arbeit des Verlags – oder meine Arbeit im Netz oder sonst wo – und denken sich: "Okay, dafür kriege ich ja auch was auf die Hand. Das ist doch super."

Ich glaube, viele von uns haben immer noch das Problem, weil wir nicht so ganz organisch mit Virtual Goods aufgewachsen sind, dass es immer noch so ein bisschen weh tut, für digitale Inhalte oder virtuelle Inhalte zu zahlen. Und wir ein bisschen aus fehlender Gewohnheit Geizhäls:innen sind. Und da hilft es total, wenn man was Konkretes anzubieten hat. Und natürlich ist das, was ich da zur Verfügung habe, an Geld ein bisschen weniger, weil es nicht einfach so geschenkt ist wie bei vielen Paketen, die ich bei Steady habe, sondern ich dann auch was abliefern muss an irgendeiner Stelle. Aber es ist trotzdem einfach Geld, mit dem ich kalkulieren kann. Und das ist unglaublich wertvoll, wenn man Indie-Publisherin ist.

Das heißt, die Marke "Kleine Formen" oder die Reihe "Kleine Formen" hat so eine Fan-Gemeinde, dass die sagt: "Ich weiß zwar nicht, was als nächstes in dieser Reihe erscheint, aber wenn das ungefähr so gut ist wie das, was bisher erschienen ist, dann kann ich dafür X Euro im Monat bezahlen." Was kostet die Subskription von den "Kleinen Formen"?

Die kostet 12 Euro im Monat. Ich muss ja ganz furchtbar aufpassen mit der Buchpreisbindung. Man muss es sozusagen so darstellen, dass das Buch, was ich alle drei Monate kriege, natürlich innerhalb dieser Subskription oder dieses Abos zum Ladenpreis quasi enthalten ist. Und das alles, was darüber hinaus ist, was manchmal kein Euro ist, manchmal aber auch 5 Euro in dem Quartal, weil das Buch nicht so teuer ist, ist einfach Unterstützung für den Verlag.

Also so habe ich mir das ausgedacht, weil man mein Gedanke war: Ich bin auf so vielen Plattformen unterwegs und habe inzwischen so viele Angebote. Den Rat, den ich häufig von außen bekommen habe, ist: Du machst so viele tolle Sachen, aber man verliert komplett den Überblick, dass ich nicht versuche noch ein Subskriptionsmodell nochmal separat aufzubauen, sondern das innerhalb der Steady-Angebote zu machen.

Dann habe ich noch eins für die Leute, die vielleicht nicht so viele Print-Bücher haben, die gibt es tatsächlich auch. Menschen, die einfach lieber E-Books lesen zum Beispiel. Und die "Kleine Formen"-Reihe ist zum Beispiel eine reine Print-Reihe. Aber die ist eben sehr teuer, deswegen brauche ich gerade konkret für die Unterstützung.

Aber ich habe zum Beispiel auch für Leute, die vielleicht die Präraffaelitischen Girls (Opens in a new window), die ich ja auch noch im Internet schreibe, die das unterstützen wollen und denen die "Kleine Formen"-Reihe oder der Frohmann-Verlag vielleicht völlig schnuppe sind – auch die muss es geben, und die sind für mich genauso wichtig, auf einer anderen Ebene – die können zum Beispiel ein sogenanntes Sammeltassen-Abo abschließen. Und da ist das gleiche Modell. Es gibt ja verschiedene Motive bei diesen Tassen der Präraffaelitischen Girls, das Merchandising dazu ist inzwischen auch zum Geld verdienen. Und da ist halt jetzt das Angebot: Es gibt alle drei Monate eine neue Tasse, die die automatisch bekommen.

Erkläre mal ganz kurz für die wenigen Leute, die die Präraffaelitischen Girls nicht kennen, was es damit auf sich hat. Für die zwei hier, die einfach das noch nicht gehört haben.

Ich mag das, wie schmeichelhaft du die Sachverhalte immer anmoderierst. Das mache ich sehr gerne. Also die Präraffaelitischen Girls sind ursprünglich ein Twitter-Account. Oder es war eigentlich eine Tweet-Reihe in meinen anderen Accounts, dann ein eigener Twitter-Account, auch ein Instagram-Account inzwischen.* Und jetzt gibt es auch schon zwei Bücher.

Ich nehme sozusagen die Figuren aus diesen späten 19. Jahrhundert-Bildern. Kennt jeder, so an der Schmerzgrenze zum Kitsch, schöne Bilder der englischen Maler-Gruppe, wo halt so mädchenhaft langhaarige Personen in wallenden Kleidern, in unglaublich malerischer Umgebung, die meistens aber ziemlich tot aussehen, muss man dazu sagen, irgendwie ansehnlich daliegen oder rumstehen oder sonst was.

Die nicht reanimiere ich, sondern animiere ich quasi. Denen lege ich zeitgemäße zeitgenössische Gesellschaftskritik, Medienkritik, Mediembeobachtungen in den Mund. Und das ist relativ erfolgreich im Netz geworden. Und da kam die Idee halt heraus, dass ich ... Das Merch ist auch schon als feministische Interventionen beschrieben worden. Finde ich auch sehr schmeichelhaft. Aber ist schon irgendwie wahr, weil es erlaubt, es ermöglicht in diesen Momenten, wo man gern mit so einem "Ja, aber ..." unterbrochen wird, wenn man eigentlich Strukturkritik vorbringt, nicht persönliche, einfach vielleicht die Sachen, die Tasse auf den Tisch stehen zu haben oder die Postkarte zufällig neben sich an der Wand hängen zu haben, so dass die Menschen vielleicht ins Nachdenken darüber kommen, ohne mit einem immer wieder aufs Neue einzeln zu diskutieren.

* 2022 haben die Präraffaelitischen Girls Twitter und Instagram verlassen, ihre weiteren Abenteuer verfolgst du unter anderem hier (Opens in a new window).

Warum überhaupt Steady?

https://frohmannverlag.de/collections/pgexplaining-buecher/products/praeraffaelitische-girls-erklaeren-das-internet (Opens in a new window)

Seit 2016 veröffentlicht Christiane Frohmann neben E-Books auch Print-Ausgaben, darunter die Reihe Präraffaelitische Girls (Opens in a new window)

Jetzt öffnen wir die Runde für Fragen aus dem Publikum. Diese Frage hier hast du, glaube ich, quasi schon im Nebensatz beantwortet. Nämlich: Könnte man nicht so eine Subskription auch über ein Shop-System abbilden? Braucht man ja eigentlich kein Steady für. Und ich glaub, ich hatte dich so verstanden, dass du sagst: Ja, jetzt habe ich schon Steady-System für die Pakete, die nichts mit der Subskription zu tun haben, und um nicht noch einen weiteren Ort für regelmäßige Zahlungen aufzuziehen, machst du das auch über Steady? Aber du hättest es wahrscheinlich auch über das Shopsystem machen können, oder?

Ich glaube, es war so gleichzeitig in der Entwicklung. Das war ein bisschen so eine Entscheidung, auch weil so eine Doppelbewegung auch ermöglicht. Die Leute, die mich schon unterstützen wollen, aber die so ein bisschen Probleme haben, dieses für "nichts" Geld herzugeben, das die eine konkrete Gegenleistung bekommen, die mir aber trotzdem sehr hilft.

Nächste Frage von Tina. Siehst du dich, Christiane – das ist eine bisschen unangenehme Frage für viele Medienschaffende, Kreative im weitesten Sinne – siehst du dich als Unternehmerin?

Also ich glaube, dass ist der erste Tag im Leben, wo ich toll finde, dass man mir diese Frage stellt. Weil ich gestern einen gigantischen Umsatz im Verlag-Shop hatte. Ich habe wirklich so hart gearbeitet im letzten halben Jahr. Also ich habe immer hart gearbeitet, aber jetzt so ganz strategisch gearbeitet habe, dass ich tatsächlich jetzt mich als Unternehmerin wirklich offenen Auges bezeichnen kann, weil ich unternehme Dinge konkret, damit ich die inhaltliche Arbeit, die ich wichtig finde, machen kann. Das muss ich mir sozusagen selber ermöglichen. Und andere helfen mir dabei, dass ich das überhaupt tun kann.

Das heißt, Unternehmer:in sein heißt, etwas bewirken wollen und dafür dann eine unternehmerische, eine wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Das erste Ziel ist nicht, damit Geld zu verdienen, sondern etwas in diesem Fall hoch Qualitatives, was in großen Verlagen untergehen würde oder keine Chance hätte zu verlegen und dafür aber Geld zu bekommen.

Genau. Ich glaube, so hardcore-kapitalistische Unternehmen unternehmen Dinge, damit sie Macht und Geld häufen. Und bei mir ist es das Häufen von Möglichkeiten, was ich mir erwirken will.

Ich kann an der Stelle – der guten Ordnung halber – auch disclosen, dass wir schon zusammengearbeitet haben. Also Christiane hat zwei Bücher von mir verlegt. Ich kann also aus eigener Anschauung sagen, mit welcher extremen Sorgfalt bei Christiane gearbeitet wird. Ich weiß nicht, ob das bei größeren Verlagen auch so ist. Aber es wäre wünschenswert, dass es so wäre. Also die Aufmerksamkeit, die da noch den kleinsten Details zukommt, ist natürlich für den Autor oder für die Autorin fantastisch, die ja sonst ganz alleine mit ihrem Material da wäre. Und da sitzen dann Leute, bis hin zu Setzerin, die bei den Besten der Branche gelernt haben und sich darum kümmern, dass das hinterher nicht nur ein gutes Buch entsteht, sondern das auch noch fantastisch aussieht.

Da würde ich gerne was selbstkritisches einwenden: Also in der Zeit, als mir die Sachen so ein bisschen davon geflossen sind und ich eben das System nicht mehr stabil halten konnte, denke ich, habe ich auch schlechter gearbeitet. Also ich glaube nicht, dass der Output dessen, was ich verlegt habe, in irgendeiner Weise schlechter war. Aber mein Umgang, meine Kommunikation und ich glaube, ich habe da auch Leute enttäuscht in dieser Zeit.

In der Zeit, als ich das System nicht mehr stabil halten konnte, habe ich auch schlechter gearbeitet. Jetzt versuche ich, das Ausmaß der Möglichkeiten durch bessere Finanzierung zu erhöhen.

Und das ist das, was jetzt auch ganz stark nicht mehr so nach dem Motto ... Ich kann nicht überall gut sein, ich muss manchmal auch ungerecht sein, weil ich bin sowieso komplett überlastet. Das sehe ich jetzt wirklich als eine kernunternehmerische Verantwortung. Auch ich muss dafür sorgen, dass das halt nicht passiert. Und so wie ich früher auf Projekte verzichten musste, versuche ich jetzt, das Ausmaß an Möglichkeiten durch eine bessere Finanzierung zu erhöhen.

Kapitalismus-Turbo und Unternehmertun

Frohmanns Arbeit braucht Balance: "Deswegen acker ich so viel als Turbokapitalistin, damit ich nächstes Jahr wieder ganz Indie-Verlegerin sein kann"

Hier sagt jemand: "Natürlich sind Steady-Journalist:innen und Podcaster:innen Unternehmer:innen. Warum denn auch nicht?" Würde ich sofort unterschreiben. Aber viele von ihnen würden es nicht von alleine unterschreiben. Das Selbstbild und das Fremdbild fallen bei vielen so unabhängigen Medienmacher:innen auseinander. Also die sehen sich selbst oft anders, als sie von außen gesehen werden. Die halten sich für kleiner oder unbedeutender als sie sind. Oder sind unsicherer, als das nach außen hin wirkt. Auch gibt es diese Idee – ich bin nicht sicher, ob es ein deutsches Phänomen ist – man kann nicht gleichzeitig eine kreative Tätigkeit machen und Unternehmer sein. Das hat manchmal so einen komischen Ruf. Ich persönlich finde das nicht schlimm, im Gegenteil, in anderen Ländern gibt es dieses Problem nicht. Kennst du dieses Phänomen, dass man nicht gleichzeitig authentischer, kreativer Mensch sein kann und Unternehmer:in?

Nein. Ich glaube, dass sich die Gewichtung im Laufe der Zeit immer mal wieder verschiebt, auf was man mehr Augenmerk hat. Also bei mir ist es jetzt mein unternehmerischstes Jahr aller Zeiten gewesen. Und ich bin ganz sicher, dass das nächste Jahr wieder fast das Gegenteil sein wird, weil ich jetzt die Grundlage dafür geschaffen habe.

Nächstes Jahr wird der Verlag zehn und ich werde an ganz vielen Ecken Projekte weiterentwickeln, die ich habe ruhen lassen. Ich mache zum Beispiel sehr gerne kollaborative Publishing-Projekte. "1000 Tode schreiben" ist ja da mein wichtigstes Projekt, wo ganz viele Leute zusammenarbeiten und resümiert ein E-Book entsteht, was theoretisch ein ewiges E-Book sein kann, das immer weiter wächst.

Dann habe ich noch zwei, drei andere Projekte, die ich in der Art jetzt entwickle. Das sind Sachen, die waren einfach komplett unmöglich in den letzten Jahren, einfach durch die vielen Sachzwänge. Und deswegen acker ich so viel als Turbokapitalistin dieser Tage, damit ich nächstes Jahr wieder so totale Indie-Verlegerin sein kann.

Also den Kapitalismus-Turbo, den schaltest du phasenweise ein und dann wieder aus?

Genau. Also ich hatte ihn noch nie so an. Keine Ahnung (lacht). Vielleicht deformiere ich jetzt auch ganz schnell und werde ein totales Monster und verrate alle Ideale. Aber ich rechne eigentlich damit, dass es nicht passiert.

Okay. Um mal auf die Frage vom Anfang zurückzukommen: Was hättest du 2012, als du den Verlag gegründet hast, gerne gewusst, was du jetzt weißt? Eine Sache weiß ich: Verhältnis E-Books und Print-Bücher. Dass Print-Bücher einfach nicht totzukriegen sind. Aber ist das die Hauptlektion, die du gelernt hast?

Naja, sagen wir es mal so. Die Print-Bücher sind unter anderem deswegen nicht totzukriegen ... Also die eine Sache habe ich ja schon häufiger formuliert: Ich wusste nicht, dass wir so viel online sein würden. Und ich wusste auch nicht, dass Corona kommen würde, was uns eine große Screen-Müdigkeit beschert hat, so dass man jetzt richtig sich sehnt, ab und zu nach so einem Buch und einem Sessel – weg von irgendwas, das leuchtet.

Auf der anderen Seite hat man in Deutschland ganz massiv das Aufkeimen und Aufblühen der E-Books versaut. Und das war ich nicht. Ich hätte mir sehr, sehr gewünscht, dass es eine viel lebendigere E-Book-Kultur gibt und bin auch absolut noch entschlossen, das nicht aufzugeben.

Womit hat man das versaut? Wer war es? Die Schuldigen, bitte.

Meine Branche. Also die Luther-Bibel und der Buchdruck und Papier raschelt so schön und es geht nicht ums Business. Alles ist Nobel und Kultur und Goethe, Schiller. Dieses Phantasma des guten Buches, das einfach nur, weil es ein Buch ist, gut ist. Das ist so stark in Deutschland.

Und das E-Book hat man halt wie so eine schlechte digitale Kopie immer vermarktet. Und meiner Ansicht nach ist es einfach ein anderes Lesemedium, was eine Erweiterung der Lesekultur darstellt. Also ich habe zu all diesen Sachen sehr viel am Anfang publiziert und auf vielen Konferenzen gesprochen und kann auch gerne noch mal ein Best of als E-Book herausgeben.

Es war absolut aussichtslos und das bringt mich zu einem anderen Punkt: Ich bereue extrem, wie viel Zeit ich versucht habe, zwischen alter und neuer Publishing-Kultur zu vermitteln, weil ich sehr, sehr spät erkannt habe, dass in großen Teilen der alten Publishing-Kultur einfach Zero Interesse daran besteht, Vermittlung zu bekommen und irgendwie rübergeholfen zu bekommen. Lieber wartet man, ob man noch durchhält, so lange man biologisch lebt und was danach kommt, ist einem wurscht. Anders kann ich es nicht interpretieren. Oder man ist halt irgendwann verschwunden.

Und ich hätte einfach so viel inhaltlich arbeiten können, wenn ich mich nicht so viel mit so Meta-Quatsch beschäftigt hätte, der mir immer klar war. Aber ich habe gedacht, das müssen die Leute doch verstehen. Und das war aber nicht der Fall.

Und jetzt, wendest du dich ausschließlich an Leute, die diese Erklärung nicht brauchen, die nicht erzählt bekommen müssen, dass Bücher nur Bücher sind, wenn sie auf Papier erscheinen? Die das nicht erzählt bekommen müssen, dass Bücher nicht nur auf Papier erscheinen müssen – so herum. Das heißt, du hast quasi aus diesem Gesamt-Riesenmarkt Buch angefangen, eine Gruppe herauszuschälen, die für das zu haben ist, was du machst. Und die bedienst du jetzt.

Also als Verlegerin geht es schon in diese Richtung. Wobei, es ist ja jetzt nicht so, als ob ich den Leuten nur Algorithmen-Literatur überbrate, die wirklich keine Page-Turner sind, sondern mehr so akademisches Interesse hervorrufen. Sondern ich mache auch teilweise ganz liebe, freundliche, nette Bücher, die ganz klassische Leser:innen auch begeistern, sofern sie ihnen vor die Augen kommen und halt mal im Feuilleton erscheinen. Also das schließe ich nicht aus.

Ich sage nur mein wirklich ausgeprägter Wunsch, was draus zu machen, dass ich aus der alten, klassisch ausgebildeten, geisteswissenschaftlichen, klassischen Verlagsbranche komme und trotzdem sehr gut neue Medien verstehe – das ist einfach jetzt nicht mehr vorne in meiner Arbeit. Wenn mich jemand fragt und sagt hier: "Hier, ich bezahle dich gut, erklär das mal", dann mache ich das gerne, aber ich mach das nicht mehr die ganze Zeit ungefragt von mir aus.

Jemand fragt: "Als weiteres Lesemedium: Könntest du dir vorstellen, ein Buch als Newsletter herauszubringen? Wöchentlich ein Kapitel zum Beispiel."

Also ich kann mir alles vorstellen grundsätzlich. Und es gab ja auch schon Millionen Überlegungen vorher, ob man Bücher in kleine E-Book Häppchen oder für Smartphones aufbereitet zur Verfügung stellt und so weiter. Ich finde es grundsätzlich so von der Form her absolut immer denkbar, aber ich habe eine Credo im Verlag, das heißt: "Nicht vom Format her denken."

Deswegen war es für mich gar nicht so leicht, zu sagen: "Okay, ich mache jetzt einen Newsletter." Ich hatte zwar schon ewig vor, so eine Art Online-Magazin zu machen und habe das dann als Newsletter gemacht, weil es halt so eine gute Marketingmöglichkeit jetzt ist, um aus dem Verlag und auf die Steady-Abos hinzuweisen. Aber das ist eigentlich überhaupt nicht meine Arbeitsweise.

Ich habe immer ein Konzept, eine Idee, einen Text, Inhalte, für die ich überlege: "In welcher Form publiziere ich die am geeignetsten in diesem Jahr mit den Medien, Lesegeräten oder oder technischen Möglichkeiten, die gerade da sind? Was passt am besten?" Also es kann absolut passieren, das ich mal mache, aber es steht jetzt nicht auf meiner Liste.

"Nicht vom Format her denken." Das ist ja geradezu unverschämt. Das hört man ja eigentlich nie. Eigentlich hört man immer nur: "Ja, erst mal das Format. Ja, wir machen ein Format. Ich liebe dieses Format."

Oder die Verlage, die also auf einmal sagten: "Wir brauchen jetzt eine App." Sie haben 100.000 Euro einfach rausgeschmissen – davon kann ich um die 10 Jahre verlegen – um irgendsoeine App zu machen. Die dann wirklich natürlich ... in gewisser Weise ... dann haben die Leute gesagt: "Der Verlag hat jetzt eine App. Hui." Aber das hat natürlich überhaupt nichts geprägt. Also war das nicht organisch aus dem, was die Leute gerade wollten, was Inhalten gerade angemessen gewesen war.

Das ist in einem Spiel wahrscheinlich schon längst viel, viel professioneller gemacht. Also ich will überhaupt nicht Großverlage bashen. Manche machen das ja auch total progressiv und großartig. Aber es ist oft so ein punktuelles, sich für die Zukunft aufstellen. Da schmeißt man ganz viel Geld in irgendwas rein und das ist meistens formatgetrieben. Und das finde ich wirklich zu 99 Prozent komplett uninteressant.

Das ist so eine Performance. Also man tut dann so, als ob man irgendwie in der Zukunft wäre, aber eigentlich hat man da noch nichts zu sagen.

Ja, weil man einfach keinen eigenen Zugang hat. Ich finde immer ganz schwierig, wenn solche Entscheidungen von Leuten getroffen werden, die überhaupt nicht Teil von der Sphäre sind. Und wenn man vom Inhalt her kommt, ist man ja automatisch in der Sphäre drin, würde ich behaupten, weil sonst wäre man nicht an diesen Inhalt gekommen. Aber das andere ist so aufgesetzt.

Evergreen Content: Nachhaltig und wertvoll

https://frohmannverlag.de/collections/reihe-kleine-formen (Opens in a new window)

Unter anderem bringt Frohmanns Verlag die Reihe "Kleine Formen" (Opens in a new window) heraus

Ich habe noch eine letzte Frage – auch so aus dem eigenen Erleben im Umgang mit Büchern verlegen. Die Bücher, insbesondere die Print-Bücher, erreichen ein ganz anderes Publikum als die Online-Inhalte. Habe ich mehrfach jetzt schon am eigenen Leib miterlebt. Das heißt, das, was zum Beispiel ich als Steady-Publisher schon noch in meinen Newsletter geschrieben habe, könnte ich nach einem Jahr, wenn das jetzt nicht alles tagesaktuelle Sachen sind, zusammenfassen und eigentlich als Buch, als Print-Buch herausgeben. Und es wäre nicht alt, es wäre neu für das Publikum. Ist das so?

Ist total so. Das klingt jetzt wirklich eitel, aber es ist einfach eine Erfahrung. Immer wenn ich Sachen nach fünf Jahren wieder hervorhole und es dann noch mal probiere, sind die Türen offen. Und früher habe ich unglaublich gehadert darüber. Und gedacht: "Das kann doch nicht sein." Ich mag nicht immer so ewig in den zugigen Galerien sitzen und warten, bis die Zeit gekommen ist. Ich möchte immer irgendwas davon haben, von dem, was ich mache.

Und inzwischen ist es fast so ein Modus, dass ich einfach runterschreibe, mache, veröffentliche. Dann spukt es irgendwo rum und irgendwann später kann ich das dann noch auf klassische Weise gebrauchen. Und so ist es halt. Ich finde speziell im deutschsprachigen Raum gibt es eine gewisse Innovations-Langsamkeit, nicht -Feindlichkeit per se, aber Langsamkeit. Und das muss man einfach ertragen, akzeptieren lernen, weil sonst kommt man halt nicht weit.

Ich schreibe inzwischen einfach runter, mache, veröffentliche. Irgendwann später kann ich es immer noch auf klassische Weise gebrauchen.

Und die eigene Produktion, den Content einfach auf verschiedene Weise in verschiedenen Medien und auch zu verschiedenen Zeiten noch mal verwerten, noch mal rausbringen, noch mal zeigen. Es wird nicht schlechter dadurch. Und diesen Evergreen Content zu produzieren, ganz strategisch, um ein Publikum zu gewinnen mit etwas, wo man einmal rein investiert hat und das dann über einen langen Zeitraum auswertet mit dem Geld, was man da verdient, eben dann auch die kurzfristigeren, aktuelleren, schneller verderblichen Sachen zu machen. Das ist ja in einer Weise eigentlich die gleiche Strategie, oder?

Total. Die "Kleinen Formen" könnte man so ja absolut begreifen. Also es hat lange gebraucht, bis sie als Reihe gesehen wurden. Jetzt werden sie zunehmend auch gehypt, kann man fast sagen. Und es sind ja in aller Regel – in gewisser Weise – Zweitverwertung von Twitter oder anderen Plattformen. Also Content, der von dort kommt. Den ich natürlich in einer ganz massiven Weise bearbeite, also nicht bei allen gleich stark. Bei manchen ist auch wirklich ein Abbilden von einer bestimmten Sektion von Tweets, die dann noch mal überarbeitet werden. Manchmal ist aber auch eine extreme Umgestaltung, also neue Anordnung, die dann fast wie Gedichte wirken oder was weiß ich. Das ist auf jeden Fall so.

Und das, finde ich, ist auch eine absolut faire Art, wie man diese unendliche Zeit – und das gilt ja nicht nur für mich, sondern für ganz viele Leute, die viel im Netz unterwegs sind – die man ja auch dort verbracht hat und wo man Spuren hinterlassen hat und auch die Arbeit von anderen angeregt hat, die damit vielleicht unter Umständen viel mehr Geld verdienen als man selbst. Das ist doch ganz okay für alle Beteiligten.

Zumal es ja überhaupt nicht, wie du schon sagst, es ist halt kein abgestandener Kram, sondern im Gegenteil, es trifft auf viele Leute erst, die erst in dem Moment bereit dafür sind, die entweder gar nichts davon mitbekommen hätten und es schön finden, dass sie das nun tun oder aber die noch nicht so weit gewesen wären, weil sie in diesen endlosen Meta-Diskurs-Schleifen auf Twitter nicht die ganze Zeit durchgenudelt werden, sondern woanders leben und komplett unberührt davon sind.

Christiane. Vielen Dank. Das war sehr, sehr hilfreich. Sehr spannend. Und ich glaube nicht viele haben so einen Einblick in die Welt des unabhängigen – also hardcore-unabhängigen Buch-Publizierens. Dankeschön, Christiane, und danke an die Gäste fürs Fragenstellen.

Christiane Frohmann kannst du auf ihrer Verlagsseite (Opens in a new window) oder natürlich auf Steady (Opens in a new window) folgen.

Hast du aus diesem Interview Ideen für deine eigene Arbeit mitgenommen? Wenn du mit einem Projekt durchstarten willst, egal ob Youtube-Show, Newsletter, Podcast oder Blog, stehen wir von Steady dir bei jedem Schritt zur Seite. Ein Projekt zu starten ist einfach und kostenlos. Bei Fragen wende dich gern jederzeit an support@steadyhq.com. 

Das Interview wurde redaktionell bearbeitet und gekürzt. Die vollständige Aufnahme findest du auf Podigee (Opens in a new window), Spotify (Opens in a new window), Apple Podcasts (Opens in a new window) und überall, wo es Podcasts gibt. 

Topic Wachsen & Monetarisieren