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Erik Reger und Rudolf Herrnstadt

Erik Reger und Rudolf Herrnstadt waren nach dem Zweiten Weltkrieg am Wiedererstehen der Presselandschaft entscheidend beteiligt. Der 1893 in der Nähe von Koblenz geborene Erik Reger war Mitherausgeber und Chefredakteur des von den Amerikanern lizensierten Westberliner Tagesspiegel. Der zehn Jahre später in Gleiwitz geborene Rudolf Herrnstadt wurde Chefredakteur der Berliner Zeitung, Mitbegründer des Berliner Verlags und des Neuen Deutschland im Ostteil der Stadt.

Laut eines gerade veröffentlichten Buches über die Berliner Presselandschaft in der unmittelbaren Nachkriegszeit, waren sie die „publizistischen Frontkämpfer der US-amerikanischen und der sowjetischen Besatzungsmacht“.

Erik Reger war das Pseudonym unter dem er als Schriftsteller bereits 1931 großen Erfolg hatte. Eigentlich hieß er Hermann Dannenberger. Seine bisherigen Bücher waren von den Nazis indexiert worden, allerdings konnte er während der NS-Zeit trotzdem noch sechs Romane veröffentlichen. Außerdem war er als Lektor des - inzwischen „arisierten“ und zum „Deutschen Verlag“ umfirmierten - Ullstein Verlages tätig. Nach 1945 wurde er im beginnenden Kalten Krieg ein unüberhörbares Sprachrohr des Westens. Er starb 1954 bei einem Kongress in Wien an einem Herzinfarkt.

Der als Journalist und Auslandskorrespondent des Berliner Tageblatts tätige Rudolf Herrnstadt, konnte als Jude und überzeugter Kommunist 1939 in die Sowjetunion emigrieren. Dort betätigte er sich als Chefredakteur der Zeitung „Neue Zeit“ im Nationalkomitee Freies Deutschland. Von 1950 bis 1953 war er Mitglied im ZK der SED, wo er sich für eine Demokratisierung einsetzte, was mit dem Verlust sämtlicher Ämter und dem Ausschluss aus der SED endete. Als Opponent gegen Ulbricht wurde ihm „Trotzkismus“ und „parteifeindlich Fraktionsbildung“ vorgeworfen. Wie damals im Stalinismus üblich, musste er alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingestehen und Selbstkritik üben, um weiteren Schaden von sich und seiner Familie abzuwenden. Fortan war er in untergeordneter Funktion als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Zentralarchiv in Merseburg tätig. Er starb 1966 in Halle und wurde erst Ende 1989 von der SED offiziell rehabilitiert.

Die Studie von Christoph Marx beschäftigt sich fundiert mit diesem speziellen historischen Aspekt der deutsch-deutschen Geschichte und deren Protagonisten Reger und Herrnstadt, wobei die westliche Sichtweise eindeutig im Vordergrund steht. Während Regers Rolle durchweg als positiv dargestellt ist, wird Herrnstadt eher negativ gezeichnet, ohne zu beschreiben, welchen Gefahren gerade er sich in einem stalinistischen Regime ausgesetzt hatte. Regelmäßig wird ihm zum Vorwurf gemacht, sich nicht vollkommen vom Regime in Ostberlin abgesetzt zu haben, ohne dabei seine besondere Biographie ausreichend zu berücksichtigen.

Ernst Reuß

Christoph Marx, Politische Presse im Nachkriegsberlin 1945 -1953, Erik Reger und Rudolf Herrnstadt, Stuttgart 2016, 240 Seiten, 29,90 €

Topic Nachkrieg

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