Guten Morgen, Abschiede!
18 Tonnen Bruchsteine hat der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin vor zwei Jahren in einer Mauer verbaut. Unter anderem das zählte er auf, als er am Donnerstag im Plenum feststellte, dass man Dinge immer irgendwann zum ersten Mal macht. So wie eben auch die dritte Abschiedsrede in Folge zu halten, und dann auch noch zum Bundestagspolizeigesetz, zu dem gar keine Aussprache vorgesehen war.
In diesen Tagen wird Abgeordneten wie ihm im Bundestag viel gedankt. Meist ehrlich und aufrichtig. Denn er ist einer der Abgeordneten, die bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten werden, so wie auch sein Fraktionskollege Christoph Hoffmann, der einzige und dann auch noch promovierte Förster im Parlament, der sich am späten Donnerstagabend bei „Freunden in allen Fraktionen“ vom Rednerpult aus verabschiedete.
Und so ist die Stimmung in diesen Tagen bei einigen eher gedrückt und nicht nur wegen anstehender Weihnachtspausen etwas festlich angehaucht. Während die Weihnachtskarten in diesem Jahr — wenige analog, einige digital — vor allem den Geist von nachhaltiger Erschöpfung atmen.
Pause, die ist bitter notwendig. Das gilt auch für die Berichterstatter, die aus dem letzten Loch pfeifen, so wie die Jahresetats mancher Medien, bei denen das Regierungsaus nicht einkalkuliert war.
Zugleich gilt es, mit dem Abschied von 2024 auch den Aufbruch ins Ungewisse zu erwarten und vorzubereiten. Denn auch wenn Meinungsumfraginstitute — dazu gab es hier ja bereits in der allerersten Ausgabe einige erläuternde Ausführungen (Opens in a new window) — jede Wählerzuckung zur Interpretation darbieten: Das Rennen ist noch nicht entschieden. Und zwar für niemanden.
Es wäre also ratsam, auch von den jetzigen Umfragewerten bis zum neuen Jahr Abschied zu nehmen. Denn sie bedeuten derzeit im Bestfall eine ganz grobe Tendenz — eine Bruchsteinmauer der Demoskopen, die allerdings derzeit noch in Einzelteilen auf die Wahlhelfer wartet. Und auf ein paar Einzelbausteine möchte ich hier heute mit den geschätzten Lesern schauen — und ganz am Ende um etwas bitten…
In diesem Sinne verabschiedet sich für diese Woche von hier
Falk Steiner
Wahlkampfvorwehen
Wer wählt wen — und warum? Historisch waren die Antworten darauf einfach: Arbeiter wählen in weiten Teilen die SPD. Angestellte verteilten sich anhand bestimmter Merkmale auf CDU und SPD, die konfessionell-traditionsorientierte Landbevölkerung gab der Union ihre Stimme.
Und in den vergangenen drei Jahrzehnten schien sich herausgebildet zu haben, dass die Grünen im akademischen städtischen Milieu dominieren, dem Reservoir, in dem auch die Linke nach dem Hinwegsterben der alten PDS-Wähler am stärksten reüssieren konnte, die AfD in Gebieten mit schwachen Arbeitsmarktdaten und so weiter. Stimmt nur alles so nicht mehr, doch ein Vortrag über Cleavages, Wechselstimmung, Wählerbindungsschwund und Protest käme hier aber nur auf Sonderwunschbasis (mehr zu Wünschen vor Weihnachten dann weiter unten). Doch diese Wahl wird auch aus anderen Gründen sehr anders als die vergangenen sechs Wahlen.
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