Willkommen bei ess.sozial!
Hier geht es um unser Ernährungssystem. Um das, was wir essen und warum. ess.sozial ist ein Newsletter. Für alle, die über den Tellerrand schauen und Ernährung in ihrem gesellschaftlichen Kontext sehen wollen. Hier bekommst du jeden Monat frische Perspektiven – direkt in dein Mailpostfach.
Ich konzipiere, recherchiere und schreibe ess.sozial als freies Projekt – aus Leidenschaft für das Thema und mit dem Anliegen, dass alle eine faire Chance auf eine gesunde Ernährung bekommen.
Aperitif: Darum geht es in der ersten Ausgabe.
Wenn ich an gesunde Ernährung denke, sehe ich Frischkäse auf Vollkornbrot; viel zu grüne Apfel-Spinat-Smoothies; Markteinkauf und ein leeres Portemonnaie; Pamela Reif, die mit Zahnpasta-Lächeln Protein-Riegel in die Kamera hält. Fragt man die Menschen auf dem Wochenmarkt, ist das Bild recht einheitlich: Gemüse und Obst sind gesund, zu viel Zucker tut ebenso wenig gut wie viel Fleisch, auswogen soll die gesunde Ernährung sein. Treffen die Bilder zu? Ist das gesunde Ernährung? Das Bild von gesunder Ernährung der deutschen Fachgesellschaft für Ernährung (DGE) ist ein Thema der ersten Ausgabe dieses Newsletters.
Abends stehe ich dann hungrig vor dem offenen Kühlschrank und denke nach. Den Salat vom Markt, das zwei (na gut fünf) Tage alte Pizzastück oder nochmal raus, Döner holen? Was würde Pamela tun? Die Pizza landet auf meinem Teller, ist mein Abendessen – meine Entscheidung. Meine Ernährung setzt sich aus vielen solcher Entscheidungen zusammen. Wie treffe ich diese Entscheidungen? Heute helfen ein knurrender Magen und die Aussicht auf schnelle Sättigung.
Grundsätzlich aber hängt Ernährungsverhalten von vielen Faktoren ab: Neben den körperlichen Faktoren auch von sozioökonomischen Faktoren wie der Bildung, Einkommen und Sozialisation. Auf der individuellen Ebene spielt also eine Rolle, wie mein Stoffwechsel so läuft, wie viel Geld ich für Essen ausgeben kann, was ich über Ernährung weiß, was in meiner Familie abends auf den Tisch kommt (Schokoaufstrich schon mal nicht).
Aber auch strukturelle Faktoren beeinflussen unsere Ernährung – und die machen sich vor allem in unserer unmittelbaren Umgebung bemerkbar: Durch die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, den Zugang dazu, den Preis, die Verpackung, die Präsentation, die Werbung – und die Qualität der Lebensmittel. Das Ernährungssystem beeinflusst durch die Ernährungsumgebung, was wir essen. Und wie die Ernährungsumgebung gestaltet ist, ist eine politische Frage – auch das ist Thema der ersten Ausgabe dieses Newsletters.
Wie ich mich am Ende verhalte – ob ich Salat esse, oder Pizza, oder doch noch zum Döner spaziere – hat Konsequenzen. Nicht der eine Abend ist entscheidend. Es sind die Verhaltensmuster, die auf Gesundheit und Umwelt wirken:
So sind rund 15% aller Todesfälle und 11% der Krankheitslast in Deutschland auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen.
Adipositas und Diabetes sind neben Herz-Kreislauferkrankungen die häufigsten ernährungsbedingten Krankheiten. Und die Zahl der Menschen mit Übergewicht oder Adipositas steigt: In Deutschland sind etwa 60% der Erwachsenen betroffen, und rund 8,9 Millionen Menschen leiden unter Typ-II-Diabetes.
Weltweit können sich 3 Millionen Menschen keine gesunde Ernährung leisten, jeder 11. Mensch hungert.
Auch für die Klimaerwärmung spielt die Ernährung eine Rolle: Ernährung verursacht weltweit ein Drittel bis ein Viertel der Treibhausgasemissionen.
Ernährung geht über die 1,5 Quadratmeter meines Kühlschrankinneren hinaus, sie ist eine strukturelle Angelegenheit. Darum soll es hier gehen: Die Strukturen des Ernährungssystems. Das umfasst alles, was vom Feld bis zum Teller so passiert: Die Produktion, die Verarbeitung, den Vertrieb, die Zubereitung und den Verzehr von Lebensmitteln. Und auch über den Tellerrand wird geblickt, auf die sozioökonomischen und ökologischen Folgen.
Die Zahlen oben zeigen, es gibt Probleme. Die Antwort auf diese strukturellen Probleme kann nicht (nur) in deiner und meiner Verantwortung liegen, sondern muss ebenso strukturell sein wie die Probleme. Wie bekommen wir es hin, dass alle eine faire Chance auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung haben?
Danke fürs Lesen!
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Transparenzhinweis – Die Quellen.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024): Gutes Essen für Deutschland – Ernährungsstrategie der Bundesregierung.
IPCC (2019): Special Report on Climate Change and Land.
Welthungerhilfe (2021): Unser Ernährungssystem läuft nicht rund, in: Welternährung – Fachjournal der Welthungerhilfe.
WHO (2022): European Regional Obesity Report 2022.