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Wie es jetzt weitergeht

Das Logo von WTH, America? mit einer hängenden US-Flagge

Liebe Leser:innen,

drei Jahre ist es nun her, dass ich mich zuletzt an dieser Stelle gemeldet habe, deshalb, bevor es richtig losgeht, ein Wort der Scham: Ich bitte um Entschuldigung.

Viel zu lange war ich still, zu viele Mails von euch habe ich nicht beantwortet und ich habe die Pause ohne klare Kommunikation unprofessionell eingeleitet, das tut mir leid.

Jetzt aber soll es mit „WTH, America?“ weitergehen.
Schauen wir nach vorne – die Lage drängt.

Donald Trump will die USA zu einem autoritären Rache-Staat umbauen – sein Umfeld hat unter anderem grausige Pläne angekündigt für Frauen (Schluss mit der Pille und Sex zum Spaß), Migranten (Deportation von 20 Millionen Menschen, unterstützt vom Militär), und Journalist:innen (Prozesse für alle, die nicht die Wahl-Lüge 2020 verkauft haben).

Joe Biden dagegen scheint sich in den letzten Tagen vom freundlich-präsidialen Senior zum sturen Machtpolitiker zu entwickeln, der Kritik an seinem Alter beiseite wischt und Umfragen und Medien als Feinde betrachtet. Angesichts der desaströsen TV-Debatte ist völlig unklar, wie er bis 2029 als dann 85-Jähriger verlässlich regieren möchte.

Deshalb ist „WTH, America?“ zurück, von nun an wieder dienstags, dem traditionellen Wahltag in den USA. Bis zur Präsidentschaftswahl am 5. November sind es nur noch knapp vier Monate, Woche um Woche soll es hier wieder Hintergründe und Ergänzungen zum Politik-Geschehen in den Vereinigten Staaten geben. 

Ich will teilen, welche Argumente mein aktuelles Verständnis der Lage prägen, zeigen, auf welche Termine ich mich vorbereite und Quellen empfehlen, die ein besonders differenziertes Bild dieser komplexen Nation vermitteln. Dafür gibt es eine neue Struktur, die Hintergründe und neue Einsichten vermitteln soll – drei Teile, kurz und knapp: VERSTEHEN, VORAUSSCHAUEN und VERTIEFEN.

Solltet ihr bei dieser Reise in den nächsten Wochen und Monaten wieder dabei sein wollen, dann sage ich: Yeehaw! Falls es euch zu viel wird, dann könnt ihr hier die E-Mails abbestellen (Öffnet in neuem Fenster).

Solltet ihr ihn dagegen weitergeleitet bekommen haben, dann könnt ihr hier den

So oder so: Danke bis hierhin fürs Lesen.

Let's go.

VERSTEHEN

Warum Joe Bidens Lage so kompliziert ist

Seit der TV-Debatte vor knapp zwei Wochen läuft die Diskussion: Kann es Joe Biden nach seiner desaströsen Leistung gelingen, den aktuell knappen Rückstand auf Donald Trump aufzuholen und Sorgen über sein Alter zu zerstreuen?

Am heutigen Dienstag sind die Kongress-Abgeordneten zum ersten Mal seit der Debatte wieder alle persönlich in Washington vor Ort und es schaut laut den US-Medien so aus, als sei es Biden gelungen, vorerst die Wogen zu glätten. Trotzdem bleiben Bedenken.

Dazu ein paar Gedanken:

  • Wenn Biden in der Lage wäre, über einen längeren Zeitraum frei und engagiert zu sprechen, müsste ihn sein Wahlkampf-Team jetzt rausschicken.

In den zwölf Tagen seit dem TV-Duell hat es keine längere Pressekonferenz von Joe Biden gegeben, keine Rede ohne Teleprompter und kein freies TV-Interview, das über die zwanzig Minuten bei George Stephanopolous hinausging. Das legt nahe, dass Biden solche Termine kaum offensiv und zufriedenstellend bewältigen könnte – mindestens aber hat sein Team Angst, dass es erneut zu Schnitzern kommen könnte. Beides ist für Bidens Anhänger:innen Grund zur Sorge.

  • Es ist verdammt schwer zu entscheiden, ob Bidens Lage aussichtslos ist.

Wie fit ist fit genug? Wie sehr schadet ein angekratztes öffentliches Image, solange das Team im Hintergrund weiter wirksam Allianzen schmiedet und Mehrheiten für die eigenen Ziele gewinnt? Wie viele Unentschiedene, die sich in Umfragen aktuell noch unzufrieden äußern werden bis November angesichts der historischen Gefahr Donald Trump zurück zu den Demokraten finden? Philip Bump von der Washington Post (Öffnet in neuem Fenster) setzt sich damit auseinander, dass ein Abwägen von Bidens Zukunft nicht so einfach ist, wie es zunächst ausschaut.

  • Je länger Biden passiv daherkommt, desto mehr zerstört er sein eigenes Erbe.

Bidens Authentizität zählt zu seinen größten Pfunden. Er konnte sein präsidial-emphatisches Kümmerer-Image immer mit einem einfachen Argument untermauern: Donald Trump kämpft für sich, ich kämpfe für euch. Je länger es so ausschaut, als gebe es aussichtsreichere innerparteiliche Alternativen, desto mehr wirken Bidens Motive genauso egoistisch wie die seines Konkurrenten.

VORAUSSCHAUEN

Der Republikaner-Parteitag beginnt am Montag

Gut möglich, dass sich Anfang kommender Woche der Sturm um Joe Biden weiter legt. Dann beginnt in Milwaukee der Parteitag der Republikaner und es schaut so aus, als werde Donald Trump schon kurz zuvor seinen Vizepräsidentschafts-Kandidaten präsentieren.

Vermutlich entscheidet es sich zwischen Floridas Senator Marco Rubio, einem windigen Wiesel, der zuletzt besonders zur Grenzpolitik punkten konnte, J.D. Vance, Amtskollege aus Ohio, der sich mit seiner Mittlerer-Westen-Biographie „Hillbilly Elegie“ als Trump-Erklärer 2016 positioniert hatte und inzwischen krass ins Radikale abgedriftet ist und Doug Burgum, Gouverneur aus dem 800.000-Seelen-Bundesstaat North Dakota, ein spröder Tech-Milliardär, der Trump sicher nicht das Scheinwerferlicht stehlen würde und der Kampagne tiefe Taschen liefern würde. Die New York Times (Öffnet in neuem Fenster) beleuchtet Pro und Kontra der drei.

Reu (Öffnet in neuem Fenster)ters (Öffnet in neuem Fenster) geht davon aus, dass Trump bis Montag den Vizepräsidenten benennt, der dann am Mittwoch vor dem Parteitag spricht, bevor Trump selbst am Donnerstag offiziell nominiert wird und seine Rede hält.

Das detaillierte Programm des „Make America Great Once Again“-Parteitags steht auf der Webseite der Partei (Öffnet in neuem Fenster).

VERTIEFEN

The Wilderness

Es ist gar nicht so leicht, angesichts stagnierender Umfragen nicht komplett die Hoffnung zu verlieren und stattdessen zu fürchten, dass die mächtigste Demokratie der Welt den Bach runter geht – zu passiv scheinen Biden und Co. daherzukommen, zu abgestumpft oder offen radikal sind weite Bevölkerungsteile der Mitte und rechts davon. Da braucht es Medien, die ruhig und kenntnisreich erklären, wie sich eben doch positive Veränderung durchsetzen lässt.

Die Podcast-Serie „The Wilderness“ (Öffnet in neuem Fenster) stammt vom gleichen Team wie die linken Analyse-Sendungen „Pod Save America“. Es geht darin um das Geschehen an der Parteibasis, um Wege, selbst im Wahlkampf oder zumindest im eigenen Umfeld aktiv zu werden – und darum, wie aus schlechter Laune doch noch gute Politik werden könnte.

ANDERSWO

Als Rausschmeißer hier noch ein kleiner Hinweis auf meine Arbeit anderswo. Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, wie sehr Donald Trump im TV-Duell gelogen hat, findet beim RND einen Faktencheck (Öffnet in neuem Fenster) zu seinen strittigsten Aussagen. Außerdem dort neu im US-Radar-Newsletter: Wie wär’s mit Harris? (Öffnet in neuem Fenster)

Außerdem im Podcast „Bei Burger und Bier“ (Öffnet in neuem Fenster) mit Kollege Bastian Hartig und mir: Wie es nach dem Debatten-Debakel der Demokraten weitergeht. Am Wochenende gibt es die neue Folge.

Und damit erneut: Danke fürs (Wieder)Lesen!

Best from NYC,

Christian

PS: Der Newsletter bleibt weiter vollständig kostenlos. Sollte jemand wegen der langen Pause von mir noch eine Rückerstattung des bisherigen Abos wünschen, bitte gerne kurz hier schreiben (Öffnet in neuem Fenster), ich kümmere mich dann flugs.

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