Logbuch 2025, Teil 3
Eine Woche ist schnell rum, und noch schneller ist vergessen, was in diesen sieben Tagen alles passiert ist. Diese Wochenchronik gibt einen kleinen (subjektiven) Überblick:
Diese Woche war gefühlt ein Monat, so ereignismäßisch. Das wird jetzt sehr viel, es geht viel um reiche Männer und ihre reichlichen Entgleisungen, um Tod, um Wahlkampf, um rechtsextreme Parteien. Nun denn.
Der zufällig reichste Rechtsextremist der Welt zeigte bei der Amtseinführung des US-Machthabers den Hitlergruß (Öffnet in neuem Fenster). Mehrfach. Großes Hallo. ~Die Medien~ wussten damit nicht so recht umzugehen, geht man nach Schlagzeilen war es ein “komisch aussehender Gruß”, eine “verstörende Geste”, die “von Herzen” oder als “Zeichen vom Mars” kam, evtl “in Trance”, definitiv irritierend, seltsam, umstritten, vielleicht aus Versehen, diese vermeintlich an einen Hitlergruß erinnernde Handbewegung.

Im Ulfenbeinturm ist auch hier Dauerdammbruch: Die Geste weird aus dem Kontext gerissen, zudem klassische Übersprungshandlung eines Autisten, der so viel mehr leistet, entscheidet, denkt, entwirft als alle zusammen – und bei Julian Reichelts Bumsbude wird Ableismus gewittert, der awkward Autist ließ sich im Freudenrausch lediglich zu einem Raketengruß hinreißen, wer was anderes behauptet, ist behindertenfeindlich!
Später in der Woche trat Elno dann bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD auf, forderte einen Schlussstrich für die Sünden deutscher Vorfahren und mehr Stolz (Öffnet in neuem Fenster). Nur Hitler grüßte er diesmal nicht. Matze Döpfner findets doof, obwohl er neulich noch please die AfD stärken wollte.
A pro pos AfD: In einem berührenden Porträt berichtete Alice Wiedel, dass sie nach einem Streit mit ihrer Frau in die Partei eingetreten ist, klassische Beziehungstat also. Friedrich Merz will lieber mit ihr ins TV-Duell statt mit Scholz (Öffnet in neuem Fenster). Ob er sich allein geschlechtlich überlegen fühlt oder glaubt sie inhaltlich stellen zu können, ist nicht überliefert. WELD, Stern, NTV und RTL fandens spitze und haben direkt angeboten, der nachhaltigen Normalisierung Sendezeit zu geben. Bei Sandra Maischberger, Fernsehpreisträgerin in der Kategorie ~beste Information~ diskutierten Wiedel und Wagenknecht zur besten Sendezeit munter über die Frage, ob Hitler Kommunist war (Öffnet in neuem Fenster). Der Spiegel fand, es sei Zeit für einen Check (Öffnet in neuem Fenster): Er wars nicht.

In Sachsen ist die AfD nun überraschenderweise wirklich gesichert rechtsextrem (Öffnet in neuem Fenster). Ihre Mitglieder dürfen trotzdem auf Holocaust-Gedenkveranstaltungen sprechen (Öffnet in neuem Fenster), die CDU Sachsen bürgt für sie.
Die Union. Sie weiß teils selbst nimmer so genau wie demokratisch sie ist, Saskia Ludwig aus Brandenburg zum Beispiel findet, man müsste “entspannter mit der Demokratie umgehen” (Öffnet in neuem Fenster) und fordert – ganz im Sinne des ~Wählerwillens~ eine Koalition aus CDU und AfD.
Die CSU hat wieder tolle Sharepics – einmal propagiert sie eine Familie von Riefenstahls Gnaden statt ~woker Gesetze~ (Öffnet in neuem Fenster), und dann hat sie sich auch noch Sharepics aus dem Europawahlkampf der AfD geklaut. So ganz abgesehen davon, dass das aktuelle Wahlprogramm erstaunlich deckungsgleich ist mit dem 2021er der Rechtsextremisten (Öffnet in neuem Fenster). Und wenn die Partei für Recht & Ordnung nicht gerade Inhalte kopiert, klaut sie auch noch Wahlplakate (Öffnet in neuem Fenster). Also so im allzu wörtlichen Sinne.

Dass Recht & Gerechtigkeit in Bayern bisweilen arg dehnbar sind, zeigt auch das Berufsverbot für eine Lehrerin (Öffnet in neuem Fenster): Klimaaktivisti sind zu links und dürfen nicht praktizieren. Feuerwehrmänner dürfen aber durchaus vergewaltigen und weiter ihren Dienst zum Wohl der Gesellschaft verrichten, er war damals ja noch jung und die Tat laut Richterin “sehr unreif” (Öffnet in neuem Fenster).
Noch mehr Kriminelles: Die CDU hat den mehrfach verurteilten Straftäter und passionierten Bomberjackenträger Patrick Losenski in den Bundestag eingeladen (Öffnet in neuem Fenster) und Amthor hat äußerst maskuline Fotos mit ihm gemacht. Er will jetzt auch wählen gehen.
Dann kam Aschaffenburg (Öffnet in neuem Fenster). Ein psychisch kranker Mann aus Afghanistan griff eine Kindergartengruppe an, ein marrokanischstämmiger Junge und ein 41-Jähriger Passant starben. Ein guter Anlass für ein deutschlandweites: ~AUSLÄNDER RAUS~
Scholz sieht ein Vollzugsdefizit bei Abschiebungen und verspricht mehr (Öffnet in neuem Fenster), ein Vollzugswumms befasst sich aber auch nicht mit psychisch kranken Personen. Die Grünen befürchten Populismus auf dem Rücken der Opfer (Öffnet in neuem Fenster), Robert Habeck runzelt deshalb nachdenklich die Stirn, wenn er in der Bild mehr Abschiebungen verspricht und Migration zur Chefsache machen will.
Für den Sauerlandtrump war Aschaffenburg so etwas wie Riechsalz (Öffnet in neuem Fenster): Er will Grenzen schließen, abschieben, überwachen, ablehnen, Gesetze ändern, Umsetzbarkeit und Rechtslage egal (Öffnet in neuem Fenster). Wer mitstimmt auch. Die AfD freut sich, die FDP auch und wills noch radikaler (Öffnet in neuem Fenster) – Kubicki ists Latte, wer mitstimmt. Merz hatte vor zwei Wochen noch eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen ausgeschlossen (Öffnet in neuem Fenster) und im Dezember vorgeschlagen, Anträge nur so einzubringen, dass auf keinen Fall die da rechts außen mitstimmen – egal. Rücktritt? Aber nicht doch! Demokratische Prinzipien sind letztlich auch nur ~taktische Spielchen~ (Öffnet in neuem Fenster). Sein Smithers Linnemann findet, ~Nazi-Bashing und Brandmauer-Gerede~ müssten aufhören (Öffnet in neuem Fenster). Sachsens Kretschmer sagt zu möglicher schwarz-blauer Zusammenarbeit, es sei “ein freies Land”. Also noch. In Fulda finden Leute aus der CDU, “die Brandmauer löst sich langsam in Wohlgefallen auf” und ohnehin schon immer, dass “zu viele Ausländer hier sind.” (Öffnet in neuem Fenster) Hendrik Wüst findets auch spitze (Öffnet in neuem Fenster). Der Begriff “Anständige in der Union” ist ein Oxymoron.
Ach halt, Merz will seinen (eigentlich faktischen) Austritt aus der EU zusammen mit den demokratischen Parteien abstimmen (Öffnet in neuem Fenster). Er hat sogar extra so etwas wie ~die AfD ist doof, deshalb machen wir, was sie ohnehin fordern~ (Öffnet in neuem Fenster) in den Antrag geschrieben. Die AfD will trotzdem mitstimmen (Öffnet in neuem Fenster). Doof.
Noch mehr Merz: Er mag immer noch kein Bürgergeld und Leute die davon leben, weil die manchmal grillen. Deswegen runter unters Existenzminimum. An seiner Arbeit – auf großer Bühne nach unten treten – verspürt er viel Freude. Und dann fiel ihm noch ein kultiges Wortspiel ein: November-Bankrotteure (Öffnet in neuem Fenster). Ähnlichkeiten mit Novemberlumpen oder Novemberverbrechern sind sicherlich nicht beabsichtigt und rein zufällig.
Es war Holocaust-Gedenktag — neben obligatorischen #weremember-Pappschildern zu ernsten Mienen und stimmungsvollen Fotos aus der Gedenkstätte Ausschwitz (Friedrich Merz war übrigens nicht da — keine Zeit) forderten Politiker*innen dieses Jahr Minuten später weiter Abschiebungen oder bissen auf foodbloggingbasis in herzhafte Leberkässemmeln. Oder beides. Bekömmlich!
Einen Vorteil haben diese Entgleisungen: Die Demos gegen Rechts sind wieder da (Öffnet in neuem Fenster). Und gut besucht! Merz ist nicht mehr nur mitgemeint, sondern direkt gemeint. Sprüche auf Schildern weiterhin durchwachsen. Obs diesmal was bringt, mal schauen?
Grüne und SPD sind auch putzmunter auf den Demos mit dabei (Öffnet in neuem Fenster). Die Restampel will gleichzeitig aber auch noch mal wieder einen Abschiebeflieger nach Afghanistan (Öffnet in neuem Fenster) chartern. Cem Özdemir findet gleichzeitig, dass es zu viele Ausländer sind und ist stolz darauf, dass seine Partei hufeisenmäßig (Öffnet in neuem Fenster) gleichviel gegen Links- und Rechtsextremismus tut. Renate Künast will gleichzeitig das Afd-Verbotsverfahren torpedieren mit einem eigenen Antrag, der komplizierter ist, länger dauert und sich die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts anmaßt (Öffnet in neuem Fenster). Saskia Esken teilt gleichzeitig mit, die SPD wolle auch nicht für ein AfD-Verbot stimmen, weil sie Angst davor haben, dass zu wenig dafür stimmen (Öffnet in neuem Fenster). Die nächste Demo kommt bestimmt.
Im gesamten (Öffnet in neuem Fenster)Januar (Öffnet in neuem Fenster)wurden (Öffnet in neuem Fenster)Stand (Öffnet in neuem Fenster)jetzt (Öffnet in neuem Fenster)sieben (Öffnet in neuem Fenster)Frauen (Öffnet in neuem Fenster)getötet, drei seit Aschaffenburg, viele von ihnen mit Messern. Auch griff irgendein Heiko Polizisten mit einem Messer an (Öffnet in neuem Fenster). Empörung und Forderungen nach einem Politikwechsel gabs in keinem dieser Fälle. Vielleicht liegts an den Vornamen. Schade, scheint eigentlich ein dringliches Thema zu sein, zumal die Täter mit Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg eins gemein haben: Alles Männer, die sich und/oder ihre Gefühle nicht im Griff haben.
Spannend auch hierzu: Die Abgründe beim Thema Gesundheitsversorgung von Frauen (Öffnet in neuem Fenster): wusstens, dass Menschen, insbesondere Frauen, eine Operation wahrscheinlicher überleben, wenn sie von einer Chirurgin operiert werden? Dass Frauen in Notaufnahmen im Schnitt 30 Minuten länger warten müssen, bei gleichen Schmerzen weniger Schmerzmittel als Männer bekommen und in seltener reanimiert werden?
Ferner liefen: Superreiche werden immer schneller immer reicher, super! Instagram blendet bestimmte hashtags wie #antifascist aus, spitze! Tiktok war in den USA kurz unten, weil verboten, aber n paar Stunden später wieder da, weil Trump. Herrlich! Scholz hat das mit dem Klimakanzler schon wieder vergessen und findet mehr Öl- und Gasförderung von Trump toll, famos! Und: Zu fast all diesen Themen haben die Lobos erdenklich Unterirdisches gesagt, hervorragend!
Das wars.
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