Zum Hauptinhalt springen

Puzzle aus Friedensteilchen

Warum Bestseller-Autor Claus Mikosch den Dokumentarfilm „Ahimsa - embracing peace“ dreht

Claus Mikosch steckt mittendrin im Frieden. Im Januar soll er fertig sein, sein nächster Dokumentarfilm. Nach „Anicca – Embrancing Change“ kommt jetzt „Ahimsa - embracing peace“. 

Claus Mikosch, Bestseller-Autor des „Kleinen Buddha“ schenkt sich mit seinem zweiten Film ein Impuls-Projekt, das ihn von Beginn an inspiriert hat und von dem er sich wünscht, dass es andere zu einem friedlicheren Leben inspiriert. Dafür hat er acht Protagonisten getroffen, unter anderem in Deutschland und Spanien.

Foto: privat

Claus Mikosch dreht, schneidet, vertont selbst, ein irrer Aufwand, irre viel Arbeit, irre viel Freude. Und Frieden. Zu sehen wird der Film auf Youtube sein. Jedenfalls einen Teil des Projekts will Claus Mikosch über Crowdfunding finanzieren, zur Deckung von Produktionskosten und Ausgaben für die Filmmusik.

Wenn „Ahimsa - embracing peace“ fertig ist, legt der 46-Jährige zu Hause am Niederrhein nicht etwa die Füße hoch, sondern geht mit seinem nächsten „Kleinen Buddha“ auf die Reise. Worum es in diesem Buch gehen wird? Na, ist doch logisch.

Ob für den „Kleinen Buddha“ oder Deine Filme: Du wählst die großen Themen des Lebens! Veränderung, Frieden, Glück, Liebe…

Aus einem bestimmten Grund! Sie beschäftigen mich einfach. Im Leben stößt man immer wieder darauf, Du, ich, wir alle, deshalb sind sie stetig präsent. Sie sind auch deshalb so spannend, weil es so viele verschiedene Perspektiven gibt.

Das stimmt. Und: Man muss bereit sein sich und das Leben zu reflektieren…

Das mag sein! So viele Leute stecken im Alltagswahn fest: Job, Familie, Kinder, Freizeitaktivitäten, Weihnachten. Man hängt ständig an einem Bildschirm, ich ja auch, kommt kaum zum Luftholen. Man muss wirklich die bewusste Entscheidung treffen, sich Zeit zum Reflektieren und Innehalten zu nehmen.

Warum hast Du als Thema Frieden gewählt für den Film?

Frieden ist ein Thema, das mich schon sehr lange beschäftigt. Tief in mir verstehe ich nicht, warum es überhaupt Kriege gibt.Ich kann es intellektuell erfassen, mit politischen Machtspielen begründen, aber vom Gefühl her Verstehe. Ich. Es. Nicht.

Zuerst stand das Thema für den nächsten Band für den „Kleinen Buddha“ im Raum, und dann ergab sich im vergangenen Jahr die Möglichkeit, einen zweiten Dokumentarfilm nach „Anicca“ zu machen – und da war relativ schnell klar, dass es auch im Dokumentarfilm um Frieden gehen wird.

Als Anfang des Jahres 2022 der Krieg in der Ukraine begann, war ich schon mitten in den Dreharbeiten. Was für ein Zufall, bekam ich oft zu hören. Aber bei aller Tragik, die es in der Ukraine gibt, ist der Krieg dort für mich letztlich ein weiterer bewaffneter Konflikt auf der Welt, der sich in eine lange Reihe anderer Konflikte fügt. Für mich ist die Frage wichtiger, wie wir aus diesem ständigen Kriegskreislauf herauskommen.

Du willst damit sagen, dass der Krieg in der Ukraine den Film nicht beeinflusst hat?

Genau. Gar nicht. Das Thema für meinen Film war schon vorher klar, ich hatte auch schon vorher angefangen zu filmen. Ich habe dann zwar tatsächlich überlegt, ob ich den Konflikt mit aufnehme. Ich habe sogar eine Bekannte, die mir bei meinem letzten Film den russischen Untertitel gemacht hat und die in Odessa lebt. Ich habe mit ihr an den Untertiteln des ersten Films gearbeitet, und sie schrieb mir ihre Emails aus dem Schutzkeller!

Ich habe mich dann aber sehr bewusst dagegen entschieden, weil ich mich nicht auf einen Konflikt konzentrieren wollte. Es gab vor dem Krieg in der Ukraine bewaffnete Konflikte, es wird danach bewaffnete Konflikte geben. Ich wollte meinen Film nicht auf diese eine, gerade in Deutschland sehr präsente Ebene runterbrechen.

Wie bist Du das Thema Frieden herangegangen? Man kann dazu ja alles und nichts erzählen. Wie hast Du es emotional sichtbar gemacht?

Im Grunde bin ich wie an ein Buch herangegangen. Bestimmte Charaktere stehen bei meinen Filmen recht schnell fest. Ich wusste zum Beispiel, dass ich wieder einen der Protagonisten aus dem ersten Film beteiligen möchte, den Segler José. So hatte ich das erste Puzzlestück.

Ich wohne am Niederrhein in der Nähe der Kohlegrube Lützerath, bekomme seit Jahrzehnten die Probleme dort mit. Also war klar, dass ich auch diesen Aspekt mit einbringen möchte.

Mir geht es darum zu zeigen, was ich selbst zu einer friedlicheren Welt beitragen kann. Hier gibt es ganz viele Ansätze. Es kommen Personen und Aspekte hinzu, und nach und nach setzt sich das zusammen. Es ist auch jetzt immer noch ein Prozess, ein riesengroßes Puzzle aus Friedensteilchen.

Wenn Du wie bei einem Schneeballsystem vorgehst: Woher wusstest Du, dass Du fertig bist?

Zum einen ist das natürlich ein zeitliches Problem, ich habe nur einen gewissen Zeitraum zur Verfügung. Irgendwann ist das Wissen einfach da, dass ich fertig bin. Ich sehe zum Beispiel einen Ausschnitt und weiß: Das ist meine Schlussszene. Das ist Klarheit, die aus dem Nichts kommt, wie ein helles Licht.

Das ist ähnlich wie bei mir, wenn ich Texte schreibe: Irgendwann weiß ich, was der erste Satz ist, und ab da läuft es.

Ja, total. Es gibt nur einen Unterschied: Bei einem Dokumentarfilm musst Du mit dem Material arbeiten, das Du hast. Das ist begrenzt. Diese Begrenztheit setzt aber auch unheimlich viel Kreativität frei.

Gehst Du mit sehr vielen oder sehr wenigen Fragen in die Gespräche?

Mit einer langen Liste im Kopf, einem Sicherheitsnetz, aber wenig konkreten Fragen. Der Film ist so ausgelegt, dass er als Gespräch wirkt. Ich als Gesprächspartner werde aber nicht gezeigt und man hört mich auch nicht. Ich arbeite aber kein Drehbuch, kein Storyboard ab, sondern stecke einen Weg ab, der mir gleichzeitig sehr viel Freiraum gibt.

Wenn ich eine erwartete oder gewünschte Antwort im Kopf habe, wirkt das häufig nicht authentisch, weil ich zu sehr nach ihr gesucht habe.

Manchmal passieren aber auch ganz lustige Sachen! Ich habe zum Beispiel einen Protagonisten für den Film interviewt auf einer Waldlichtung, über die jede Minute ein Flugzeug in der Einflugschneise zum Düsseldorfer Flughafen flog. Ich dachte mehrfach, dass wir das Gespräch abbrechen müssen, weil ich diese Geräusche nicht rausschneiden kann und es einfach sehr, sehr laut war. Der Gesprächspartner hat aber perfekt improvisiert, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, und hat die Flugzeuggeräusche als Symbol im Hinblick auf Frieden integriert. Das fand ich sehr lebendig, weil es nicht geplant war.

Wie oft triffst Du Deine Protagonisten?

Das ist ganz unterschiedlich. Manche sehe ich nach den ersten Vorkontakten nur einmal, andere treffe ich häufiger und drehe mehr. Dann muss ich aber auch viel mehr löschen. Ich bin mit 20 bis 25 Stunden Material in den Schnitt gegangen.

Die dann auf 90 Minuten heruntergebrochen werden?

Eher 70, 76. Mein Film „Anicca“ war 1 Stunde 24 Minuten lang, das war mir eigentlich zu lang. Das bringt schon sehr viel Input mit sich.

Ich bin gerade am Überlegen, noch einen Protogonisten mit reinzunehmen, aber ich denke eher, es ist jetzt so, wie es ist.

Warum steht es dann überhaupt im Raum?

Ich stehe schon lange mit der Person in Kontakt, doch wir brauchen Kälte für den Film, die es im vergangenen Winter nicht gab. Dann hatten wir beide keine Zeit, und jetzt bin ich einfach schon sehr weit mit dem Schnitt, und irgendwann muss ich einfach sagen: So, und jetzt ist es fertig.

Und manchmal habe ich mich bewusst dagegen entschieden, Menschen in den Film zu integrieren.

Ich war zum Beispiel im Sommer im Baskenland und habe dort einen Imker interviewt, der Eselwanderungen anbietet. Ich habe während der Dreharbeiten einen US-Amerikaner kennengelernt, der Pilot bei der US Air-Force war und in Afghanistan geflogen ist. Da gehen bei mir natürlich alle Lichter an, wenn es um das Thema Frieden geht. Ich hatte wirklich überlegt, ob ich ihn anfrage, aber es fühlte sich nicht richtig an.

Warum hast Du den Imker mit in den Film aufgenommen?

Das ist ein Schotte, der im Baskenland in einem 15-Einwohner-Ort lebt. Ich habe ihn vor Jahren bei einem Meditationsseminar kennengelernt, wir sind in Kontakt geblieben. Als ich an Frieden dachte, war er sofort in meinem Kopf. Er lebt in dieser Abgeschiedenheit, ist ein ruhigerer Typ, aber auch total durchgeknallt, und ich dachte, dass jemand, der viel mit Tieren zu tun hat, eine wertvolle Komponente einbringt, eine andere Art von Intelligenz, die uns vielleicht teilweise fehlt. Und genauso war es.

Eine emotionale Intelligenz…

… absolut. Wir leben in einer aggressiven Welt, die der Mensch kreiert hat, weil wir aggressive Wesen sind. Im Umkehrschluss ist die Frage: Wie kann der einzelne Mensch friedlicher werden? Man kann natürlich Extreme aufspannen. Hier die Nonne, die friedlich lebt. Und auf der anderen Seite Putin. Aber selbst die Nonne hat etwas, von dem sie sagt: Okay, hier könnte ich friedlicher werden.

Hier muss jeder seine eigene Antwort finden, aber man muss sie auch finden wollen.

Ja, das stimmt. Jeder findet auf seine Weise Frieden, das ist sehr individuell.

Ich habe in meinem Film acht Personen, die Inspirationen geben zu einem friedlicheren Leben. Man muss ja nicht gleich mit einem Esel wandern, aber vielleicht geht man häufiger mal wieder an die frische Luft.

Wobei findest Du selbst Frieden?

Ah, spannend. In solchen Projekten! Einem Buch, einem Film. Denn Dinge, die mir Frieden rauben – wie die Nachrichten zum Beispiel – verliere ich während der Arbeit daran wie in einem Tunnel aus dem Blick. Ich bekomme es mit, gehe aber nicht richtig rein. Das prallt an mir ab. Es hilft mir also, eine gewisse Oase zu haben.

Diese Arbeit macht ja auch zu-frieden. Jetzt hast Du den Film nicht Frieden, sondern Ahimsa genannt. Gewaltlosigkeit.

Ja, richtig. Mein erster Film hieß ja Anicca, ein Konzept aus dem Buddhismus, es geht um Vergänglichkeit. Dieser Film hieß irgendwann „Anicca – Embracing Change“. Ich suchte ein Wort, das ganz viel aussagt. So bin ich recht bald bei Ahimsa gelandet. Frieden und Gewalt sind zwei extreme Gegensätze. Einerseits ein Akt von Gewalt, indem ich zum Beispiel Tiere umbringe…

… oder die Natur zerstöre…

…. genau. Die Äcker mit Gift besprühen ist auch eine Art von Gewalt. Letztlich hat auch die Art und Weise, mit einem Todesfall umzugehen, mit Gewalt zu tun. Auch hierzu habe ich eine Protagonistin in meinem Film, die eine so krasse Geschichte hat und wie sie herausgekommen ist, ist noch viel krasser.

Es gibt so viele Situationen, in denen Gewalt steckt, die man in etwas Friedlicheres transformieren kann. Ob weniger Gewalt oder mehr Frieden: Ich gelange an den gleichen Punkt.

Arbeitest Du parallel zum Film an nächsten Band für den „Kleinen Buddha“?

Nein, ein Film ist für mich ein Vollzeitjob. Drei, vier Monate lange mache ich nur das. Mit dem nächsten Buch fange ich im Januar an.

Hast Du deswegen das Crowdfunding gestartet?

Hm, ja. Das Crowdfunding ist schön und ich bin dankbar für die Unterstützer, aber realistisch gesehen deckt es für mich nur die Kosten für Musik und Produktionsmaterial. Es honoriert nicht meine Zeit. Aber auch den Musikern kann ich nicht das zahlen, was sie meiner Meinung nach eigentlich verdienen.

Für mich ist mein Film ein spannendes Projekt, das ich total bereichernd für mich selbst finde, und ich sehe es komplementär zu meiner Schreibarbeit. Mein nächstes Buch zum „Kleinen Buddha“ wird sich ja dem Thema Frieden widmen. Das habe ich beim Thema Veränderung genauso gemacht. Ich habe durch die Arbeit am Film so viel neues, frisches Material, dass es für mich so total Sinn macht, zumal ich viele gedrehte Szenen ja gar nicht verwenden kann.

Hast Du durch Deinen Film Aspekte am Frieden entdeckt, über die Du noch nicht nachgedacht hast?

Es ist eher so, dass ich an Dinge erinnert wurde, die ich eigentlich schon weiß. Es macht Sinn, im Jetzt zu sein, aber das vergessen wir im Alltag. Kleine Erinnerungen sind deshalb hilfreich. Oder nehmen wir das Beispiel Vorurteile: Es ist unglaublich, wie viel Gewalt in Vorurteilen steckt und wie unfriedlich sie sind.

Eine der Protagonistinnen in „AHIMSA“ ist Malerin. Im Film malt sie ein Bild auf eine weiße Leinwand, und wir sprechen dabei darüber, welchen Beitrag Kreativität zum Frieden leistet. Wenn ich kreativ bin, entwickle ich mich weiter, erforsche und erkunde Dinge und bin selbst im Frieden. Dann bin ich auch generell mit den anderen Menschen friedlich. Ich rege mich vielleicht nicht so krass auf, wenn jemand eine andere politische Meinung hat als ich.

Der innere Friede ist der Dreh- und Angelpunkt…

… ja, ich glaube das schon. Natürlich kann man sagen: Was habe ich mit dem Konflikt in der Ukraine zu tun? Auf die Politik zu schauen frustriert, man fühlt sich schnell machtlos. Da steckt ein kleines Stückchen Wahrheit drin. Andererseits besteht die Welt mittlerweile aus acht Milliarden Menschen auf der Welt, und jeder kann ein bisschen mehr Frieden oder mehr Gewalt auf die Waagschale legen.

Du bist nach Abitur und Zivildienst viel gereist. Welche Rolle hat das Thema Frieden für Dich dabei gespielt?

Zum damaligen Zeitpunkt haben die Reisen viel zu meinem inneren Frieden beigetragen. Ich brauchte etwas Neues, auf Reisen war ich glücklich und zufrieden. Seitdem habe ich nicht mehr das krasse Bedürfnis zu reisen. Damals musste ich mich rechtfertigen, dass ich nicht sofort in einen Job gehe oder studiere. Ich bin aber froh, dass ich das damals gemacht habe, weil ich einen gewissen Frieden damit gefunden habe. Dann habe ich das gemacht, und es hat mir ganz viel geben. Der Trick ist, zum richtigen Zeitpunkt auf den Zug aufzuspringen. Und so habe ich über Umwege zu meinem inneren Frieden gefunden. Es geht darum, zum richtigen Zeitpunkt auf sein Herz zu hören.

Claus Mikosch unterstützen?

http://www.clausmikosch.com/ahimsa (Öffnet in neuem Fenster)

Mehr Menschen kennenlernen?

https://steadyhq.com/de/vonmachzumensch/posts (Öffnet in neuem Fenster)