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Schmerz aus Angst vor Schmerz

Neulich hatte ich mein erstes Date. Es war ganz nett. Aber ich wusste gleich, dass das zu nichts weiter führen würde. Am nächsten Tag haderte ich mit mir. Wie sagte man das? Das wurde mir dann leicht gemacht, denn er hörte plötzlich auf Nachrichten zu schreiben. Erst kam abends nichts mehr, dann auch am nächsten Morgen nicht. Okay, dachte ich, die Kiste ist erledigt. Ganz von selbst. 

Aber es wurmte mich, dass das einfach so im Sande verlief. So ohne Worte, von denen wir vorher und während des Treffens doch einige ausgetauscht hatten. Gleichzeitig war ich ja auch zu feige gewesen. Vielleicht wurmte mich das noch mehr. Also schrieb ich ihm Am Mittwoch eine Nachricht. Und da kamen sie einfach, die Worte. Dass ich ihn sympathisch fand, aber mir nichts weiter vorstellen kann mit ihm. Und dass ich nicht einfach schweigsam verschwinden mag. Kurz drauf ging eine Antwort ein. Dass es ihm genauso ging. Alles Gute, schönes Leben, auf Wiedersehen. 

Danach war alles ruhig in mir. Geklärt. Klar. Still. 

Wieso fürchten wir uns immer so sehr davor einfach zu sagen, was Tatsache ist? Warum sind wir so feige, so mutlos in den Dingen, die unser tiefstes Inneres betreffen? Unserer eigene Integrität. Unsere Freiheit. Unsere inneren Herzensangelegenheiten. Alles stellen wir zurück und werfen Schatten darüber, nur um nicht ins Licht treten zu müssen. 

Ich habe so viele Freundinnen, die gerade mit dem gleichen Thema hadern. Etwas nicht sagen wollen, aus Angst zu verletzen oder verletzt zu werden. Und dabei verletzen sie sich selbst am meisten. Wir tun ja niemandem einen Gefallen, wenn wir das, was in uns ist, für uns behalten nur aus Angst vor Schmerz. Der Schmerz findet seinen Weg, meist sogar hartnäckiger und langwieriger. 

Auch ich habe in der Vergangenheit Dinge nicht ausgesprochen um andere nicht zu verletzen. Habe gehadert und gezögert. Und es dafür für alle Beteiligten inklusive mir nur schlimmer gemacht. 

Ja, es ist richtig schwer andere zu verletzen. Vor allem, wenn sie lange Zeit in unserem Leben waren. Aber die Klarheit eines Messerschnittes ist leichter zu ertragen, als nebliger, andauernder Schmerz. Und für uns selbst gilt das genauso. Aus Angst vor Zurückweisung halten wir uns zurück und fahren unser eigenes Leben auf der Bremsspur, angestrengt und und angespannt. Das tut auf Dauer so weh. Es kostet uns so viel Energie, es raubt uns so viel Schlaf. Wir nehmen in Kauf, dass wir lange Zeit im Schmerz sind, in der Unsicherheit, im Dunklen, anstatt den Schritt zu gehen und es wagen zu fallen. Dabei können wir immer wieder aufstehen. Nicht sofort, aber mit der Zeit. Und es wird uns stärker machen.

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